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Wegen Russland und Trump: EU will bis 2030 massiv aufrüsten

Geheimdienste gehen davon aus, dass Russland spätestens 2030 militärisch in der Lage sein dürfte, einen weiteren Krieg zu beginnen. Die EU ist alarmiert - vor allem auch wegen Trumps Politik.
Französische Rafale-Kampfjets
EU-Gipfel in Brüssel
EU-Gipfel in Brüssel

Die EU will bis zum Ende des Jahrzehnts massiv aufrüsten. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten entschieden bei ihrem Frühjahrsgipfel, alles daranzusetzen, um Europas Verteidigungsbereitschaft in den nächsten fünf Jahren entscheidend zu stärken, wie aus einer am Abend veröffentlichten Erklärung hervorgeht. Dafür sollen unter anderem die Arbeiten an den jüngsten Vorschlägen der EU-Kommission zügig vorgetrieben werden.

Die Behörde unter der Führung von Präsidentin Ursula von der Leyen will für Aufrüstungsprojekte unter anderem EU-Kredite in Höhe von 150 Milliarden Euro vergeben und Verteidigungsausgaben von den strengen EU-Schuldenregeln ausnehmen. So sollen dem Plan zufolge allein in den kommenden vier Jahren insgesamt 800 Milliarden Euro mobilisiert werden. Zudem ist unter anderem vorgesehen, Auflagen und Vorschriften für die Rüstungsindustrie zu lockern. Die Pläne sollen es auch ermöglichen, die von Russland angegriffene Ukraine künftig noch stärker militärisch zu unterstützen.

Reale Möglichkeit eines großangelegten Krieges

Hintergrund der Planungen ist, dass sich die EU nach Einschätzung der Europäischen Kommission umgehend auf die Möglichkeit eines großangelegten Krieges mit Russland vorbereiten muss. «Die Geschichte wird uns Untätigkeit nicht verzeihen», warnte die Kommission in einem kurz vor dem Gipfel vorgelegten Strategiepapier zur Zukunft der europäischen Verteidigung. Sollte Russland seine Ziele in der Ukraine erreichen, werde das Land seine territorialen Ambitionen darüber hinaus ausdehnen. Als möglicher Zeitraum dafür wird das Jahr 2030 genannt.

Bekenntnis zur Nato

Als besonders gefährlich gilt die Situation, weil US-Präsident Donald Trump angekündigt hat, dass die atomare Supermacht USA künftig nicht mehr bedingungslos als Garant für Frieden in Europa zur Verfügung zur stehen wird. In der Gipfelerklärung wird allerdings deutlich gemacht, dass die EU dennoch auf ein Überleben der Nato setzt.

«Der Europäische Rat erinnert daran, dass eine stärkere und leistungsfähigere Europäische Union im Bereich der Sicherheit und Verteidigung einen positiven Beitrag zur globalen und transatlantischen Sicherheit leisten und eine Ergänzung zur Nato darstellen wird», heißt es in dem Text. Für die 23 EU-Staaten, die auch Nato-Mitglied seien, bleibe diese weiterhin die Grundlage ihrer kollektiven Verteidigung.

Scheidender Kanzler sieht Deutschland auf Kurs

Der scheidende deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz verwies in Brüssel darauf, dass in der Bundesrepublik derzeit bereits ein riesiges neues Finanzpaket für Aufrüstung geplant werde. Es sei ein gutes Zeichen, dass der Bundestag in Berlin dafür in dieser Woche eine sehr umfassende Verfassungsänderung beschlossen habe, sagte er. Diese werde die Finanzierung für die Verteidigung Deutschlands, die Zusammenarbeit in Europa und weitere Ukraine-Hilfen sicherstellen.

Überschattet wurde der Gipfel von der Ankündigung Ungarns, keinerlei neue EU-Entscheidungen zugunsten der Ukraine zu akzeptieren. Wie schon beim Sondergipfel am 6. März konnte deswegen kein gemeinsamer EU-Text dazu angenommen werden.

Die ungarische Regierung begründet ihre Haltung damit, dass sie den Kurs des neuen US-Präsidenten Donald Trump unterstütze. Dieser will auch mit Druck auf die Ukraine eine Waffenruhe im Krieg erzwingen, den Russland mit seinem Angriff auf das Nachbarland im Februar 2022 begonnen hatte. Die große Mehrheit der EU-Staaten hält Trumps Kurs allerdings für falsch und gefährlich. Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson nannte das Vorgehen beim Gipfel fürchterlich.

Diskussion um neue EU-Schulden

Mehrere Länder machten zudem auch deutlich, dass ihnen das von der Kommission geschnürte Finanzpaket nicht weit genug geht. Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis etwa sagte, man solle nicht nur über Darlehen, sondern auch ernsthaft über eine erneute, großangelegte Schuldenaufnahme der EU-Staaten, über sogenannte Eurobonds, diskutieren. Dies wurde bislang nur in der Corona-Pandemie zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen gemacht.

Länder wie Deutschland, die Niederlande und Österreich lehnen eine Wiederholung aber bislang kategorisch ab. Der niederländische Ministerpräsident Dick Schoof sagte in Brüssel: «Wir sind gegen Eurobonds. Das ist nicht neu.» Es müsse auf finanzielle Stabilität geachtet werden.

Vermutlich letzter regulärer Gipfel für Scholz

Für Kanzler Scholz wird die Reise nach Brüssel vermutlich die letzte zu einem regulären EU-Gipfel gewesen sein. Die nächste turnusmäßige Tagung der europäischen Staats- und Regierungschefs steht erst Ende Juni an. In Brüssel wird erwartet, dass bis dahin Friedrich Merz (CDU) vom Bundestag zum nächsten deutschen Bundeskanzler gewählt wurde.

© dpa ⁄ Ansgar Haase und Katharina Redanz, dpa
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