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Bundesregierung erlaubt Ukraine Waffeneinsatz in Russland

Die Nutzung aus Deutschland gelieferter Waffen für Angriffe auf Ziele in Russland war für die Ukraine lange tabu. Nun gibt es angesichts der aktuellen Entwicklungen an der Front einen Kurswechsel.
Deutsche Panzerhaubitze 2000
Eine deutsche Panzerhaubitze 2000 der ukrainischen Armee steht an der Frontlinie in der Nähe von Bachmut. © Efrem Lukatsky/AP/dpa

Kurswechsel in der deutschen Ukraine-Politik: Das von Russland angegriffene Land darf von Deutschland gelieferte Waffen jetzt auch gegen militärische Ziele in Russland abfeuern. Regierungssprecher Steffen Hebestreit machte die Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wenige Stunden nach einer ähnlichen Ankündigung der USA öffentlich.

Sowohl Deutschland als auch die USA begründeten den Schritt mit der jüngsten russischen Offensive gegen die ostukrainische Region Charkiw. «In den letzten Wochen hat Russlands insbesondere im Raum Charkiw von Stellungen aus dem unmittelbar angrenzenden russischen Grenzgebiet heraus Angriffe vorbereitet, koordiniert und ausgeführt», erklärte Hebestreit. Gemeinsam sei man der Überzeugung, dass die Ukraine das völkerrechtlich verbriefte Recht habe, sich gegen diese Angriffe zu wehren.

«Dazu kann sie auch die dafür gelieferten Waffen in Übereinstimmungen mit ihren internationalen rechtlichen Verpflichtungen einsetzen - auch die von uns gelieferten», ergänzte er. Dazu gehören zum Beispiel die Panzerhaubitze 2000, Raketenwerfer vom Typ Mars II und das Flugabwehrraketensystem Patriot. Mit Patriots könnte die Ukraine theoretisch auch russische Flugzeuge abschießen, die aus dem russischen Luftraum heraus mit Raketen oder Gleitbomben Ziele in der Region Raum Charkiw angreifen.

Eskalationsrisiko als Gegenargument

Mit der Freigabe des Einsatzes ihrer Waffen gegen Ziele auch in Russland vollziehen Kanzler Scholz und US-Präsident Joe Biden einen weiteren Kurswechsel in der Ukraine-Politik. Im Gegensatz zu anderen Nato-Staaten haben sie die Abgabe bestimmter Waffensysteme an die Ukraine in der Vergangenheit nämlich an strenge Auflagen für deren Nutzung gekoppelt. Hintergrund ist die Befürchtung, dass der Konflikt mit Russland weiter eskalieren und die Nato zur Kriegspartei werden könnte.

Konkret ging es bei den Auflagen nach Angaben von Militärs unter anderem darum, dass die Ukraine mit Flugabwehrraketensystemen vom Typ Patriot keine russischen Kampfflugzeuge im russischen Luftraum abschießen darf, um zu verhindern, dass diese Raketen oder Gleitbomben auf die Ukraine abfeuern. Wie weitgehend die Auflagen nun aufgehoben sind, ist bisher unklar.

Freigabe mit Einschränkungen

Ein US-Regierungsvertreter betonte am Donnerstagabend, dass die US-Freigabe ausschließlich für Gegenschläge zur Verteidigung der ostukrainischen Großstadt Charkiw gelte. Das ukrainische Militär solle in die Lage versetzt werden, gegen russische Streitkräfte vorzugehen, «die sie angreifen oder sich vorbereiten, sie anzugreifen». Davon abgesehen bleibe der Einsatz von US-Waffen auf Ziele in Russland aber verboten. Ein deutscher Regierungssprecher sagte auf die Frage, ob es künftig auch an anderen Frontabschnitten denkbar wäre, deutsche Waffen auf russischem Territorium einzusetzen, darüber sei aktuell schwierig zu spekulieren.

Kurz vor den Ankündigungen hatte es am Mittwoch und Donnerstag auf Ebene der Nationalen Sicherheitsberater intensive Beratungen zwischen den USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland gegeben. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sich bereits am Montag öffentlich bei einem Treffen mit Scholz für einen Kurswechsel ausgesprochen. Großbritannien gilt seit jeher als wenig zimperlich, was den Einsatz von westlichen Waffen gegen Ziele in Russland angeht.

Spannungen in der Bundesregierung

In Deutschland hatte nach Angaben aus Regierungskreisen vor allem Kanzler Scholz bislang darauf bestanden, Auflagen nicht vorschnell zu lockern. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) signalisierten hingegen bereits vor längerer Zeit Offenheit für eine Aufhebung von Beschränkungen.

Scholz hatte einen möglichen Kurswechsel zuletzt aber bereits vorbereitet. Bei seinem Auftritt mit Macron ließ er durchblicken, dass er zumindest rechtlich keine Probleme sähe. Die Ukraine dürfe sich nach Völkerrecht verteidigen - und für die Nutzung der aus Deutschland gelieferten Waffen gelte ebenfalls, dass sie sich im Rahmen des Völkerrechts bewegen müsse. Das Völkerrecht erlaubt es angegriffenen Staaten nach Ansicht von Experten, Aggressoren auch auf deren eigenem Territorium zu attackieren, um sich zu verteidigen.

Geheime Absprachen

Zugleich sprach Scholz noch am Donnerstagabend bei einem Bürgergespräch in Erfurt von Vereinbarungen, die man mit der Ukraine über den Waffeneinsatz getroffen habe. Über den Inhalt dieser vertraulichen Absprache verrät die Bundesregierung nichts.

Unklar ist noch, ob Scholz auch die Freigabe eigentlich geheim halten wollte und nur kommunizierte, weil dies am Vorabend auch die USA machten. Oder ob er Deutschland absichtlich erneut im Schatten der USA positionieren wollte. Eine solche Taktik verfolgte der Bundeskanzler bereits, als es um die Lieferung von Kampfpanzern in die Ukraine ging. Er ließ den großen Partner USA den Takt angeben - wohl auch, damit Deutschland in Russland nicht als Treiber der internationalen Ukraine-Unterstützung gesehen wird.

Denn Scholz' größte Angst ist, dass die Bundesrepublik in den Krieg hineingezogen werden könnte. Immer wieder betont er, dass Deutschland sich nicht direkt daran beteiligen wird. Deshalb das Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern mit großer Reichweite - das laut Verteidigungsminister Pistorius auch weiter gilt. Und deshalb auch die ganz klare Haltung, keine deutschen Soldaten in die Ukraine zu schicken. Ein Regierungssprecher betonte am Freitag direkt, es habe sich nichts geändert: «Das war immer klar, dass wir, indem wir der Ukraine Waffen zur Verfügung stellen, nicht Teil und nicht Kriegspartei werden.»

Trägt Scholz' «Kurs der Besonnenheit» weiter?

Auf den selbst so bezeichneten «Kurs der Besonnenheit» im Ukraine-Krieg setzen Scholz und seine SPD ganz stark in den Wahlkämpfen dieses Jahres - bei der Europawahl und den Landtagswahlen im Osten - und sicher auch im Bundestagswahlkampf 2025. Die Botschaft: Dieser Kanzler und seine Partei gehen kein Risiko ein, dass der Krieg zu uns nach Hause eskaliert. Doch trägt diese Erzählung angesichts der neuesten Waffen-Entscheidung noch? BSW-Parteigründerin Sahra Wagenknecht warnte in der «Augsburger Allgemeinen» bereits, Scholz bringe Deutschland «einem Dritten Weltkrieg beängstigend nahe».

Druck auf Scholz und Biden hatte in den vergangenen Tagen vor allem auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ausgeübt. Er begrüßte die Neuigkeiten am Freitag und machte erneut deutlich, dass er keine unverantwortlichen Eskalationsrisiken oder sogar Vergeltungsschläge gegen Nato-Staaten befürchtet.

Auf entsprechende Fragen von Journalisten sagte er in Prag, der russische Präsident habe bereits zu Beginn der Invasion Konsequenzen angedroht, sollten andere Länder die Ukraine unterstützen, und dies sei dann bei allen konkreten Waffenlieferungen so weitergegangen. Es sei letztlich so, dass ausschließlich Russland immer weiter eskaliere - zuletzt indem es in der Region Charkiw eine neue Front eröffnet habe.

© dpa ⁄ Ansgar Haase und Theresa Münch, dpa
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