Der bisherige Vize-Regierungschef und Wirtschaftsfachmann Andrej Beloussow soll als künftiger Verteidigungsminister neue Akzente in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine setzen. Der 65-Jährige bedeutet dabei keine Abkehr von Moskaus Kriegskurs, sondern eine Verschiebung des Fokus vom reinen Militär hin zur Rüstungsindustrie. Beloussow stammt aus einer Moskauer Wissenschaftlerfamilie, seine Mutter war Chemikerin, sein Vater ein bekannter Ökonom im Planwirtschaftswesen der Sowjetunion.
Auch er selbst war jahrelang in einem Institut mit dem Verfassen von Wirtschaftsprognosen beschäftigt, ehe er 2006 in die Regierung berufen wurde. Zunächst wurde Beloussow stellvertretender Wirtschaftsminister und anschließend Leiter der Finanz- und Wirtschaftsabteilung im Regierungsapparat. In dieser Zeit erwarb er das Vertrauen des damaligen Regierungschefs Wladimir Putin, als dessen enger Gefolgsmann er seither gilt. So folgte Beloussow nach einem kurzen Intermezzo als Wirtschaftsminister dann Putin 2013 als Berater auch schnell in den Kreml.
Ideologische Übereinstimmungen
Grund für diese Nähe dürften ideologische Übereinstimmungen der beiden sein. Der in zweiter Ehe verheiratete Top-Beamte ist bekannt dafür, dem Staat eine übergeordnete Rolle in Wirtschaft und sozialem Leben einzuräumen. Von den großen Konzernen des Landes forderte er mehr als einmal Sonderabgaben, um den wachsenden Bedarf des russischen Haushalts zu decken. Beloussow spricht von traditionellen Werten, nationalen Interessen Russlands und von äußeren Feinden, die das Land angeblich umgeben und versuchen, dessen Souveränität zu beschneiden.
Annexion der Krim 2014
2014 war er nach Informationen des unabhängigen Portals The Bell der einzige aus dem Wirtschafts- und Finanzblock unter Russlands Spitzenbeamten, der die Annexion der Krim unterstützte. Viele andere fürchteten damals die finanziellen Folgen westlicher Sanktionen. Als Vize-Regierungschef hatte Beloussow seit 2020 einen großen Einfluss auf den Wirtschaftssektor, den er durch große Staatsausgaben auch immer weiter ausbaute. Seit Kriegsbeginn steht er als Putin-Vertrauter auf den Sanktionslisten der EU und USA.
Nun erwartet sich Putin, dass er die großen staatlichen Ausgaben, die in den Rüstungssektor fließen, als Fachmann besser verwalten kann als sein Vorgänger Schoigu. Wo er die entsprechenden Gelder in der Regierung auftreiben kann, um notfalls Löcher zu stopfen, weiß er jedenfalls aus seiner bisherigen Tätigkeit recht genau.