Bei einem Jobwechsel oder wenn sich der Vorgesetzte ändert, ist es wichtig, ein Arbeitszeugnis zu erhalten. Doch was tun, wenn die Bewertung von der eigenen Wahrnehmung abweicht oder schlichtweg unfair ist?
Arbeitnehmer, die ihr Arbeitszeugnis als ungerecht empfinden, sollten zunächst das Gespräch mit dem Vorgesetzten suchen und nach den Gründen für die negative Bewertung fragen. Wird keine Lösung gefunden und eine Änderung des Arbeitszeugnisses verweigert, besteht laut Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeitsrecht, die Möglichkeit, einen Zeugnisberichtigungsanspruch geltend zu machen. Sollte er auch dann nicht freiwillig das Zeugnis ändern, kann der Gang vor das Arbeitsgericht helfen.
Beweise für Arbeitsleistung erforderlich
Bei Streitigkeiten über die Bewertung geht es nicht um klassische Noten, sondern um die genaue Beurteilung der erbrachten Leistungen. Laut Schipp gestaltet sich der Arbeitsgerichtsprozess folgendermaßen: «Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer fälschlicherweise nur durchschnittliche Leistungen, muss der Arbeitnehmer nachweisen, dass er besser war. Will der Arbeitgeber hingegen unterdurchschnittliche Leistungen attestieren, liegt die Beweislast bei ihm, dies zu begründen.»
Das Problem: In den Formulierungen eines Zeugnisses steckt oft mehr, als man auf den ersten Blick sieht. Ein Zeugnis soll wohlwollend sein, weshalb negative Beurteilungen oft zwischen den Zeilen stehen, so Schipp. Formulierungen wie «Er hat sich stets bemüht» klingen positiv, bedeuten aber im Grunde eine schlechte Leistung.
Deshalb lohnt es sich, das Zeugnis genau zu prüfen und Unstimmigkeiten anzusprechen. Ein Arbeitsgerichtsprozess sollte zwar die letzte Lösung sein, kann aber notwendig werden, wenn der Arbeitgeber nicht kooperiert.
Zur Person: Johannes Schipp ist Fachanwalt für Arbeitsrecht, Mitglied im Deutschen Anwaltverein (DAV) und war bis August 2021 Vorsitzender des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV.