Wenn deutsche Fans bei der Vergabe des Standorts für den Eurovision Song Contest 2025 ein Wörtchen mitzureden hätten, wäre die Wahl wohl klar: Ein Spektakel in der Schweizer Grenzstadt Basel, direkt hinter der deutschen Grenze, das wäre fast ein Heimspiel für sie. Doch neben Basel ist auch Genf in der französischsprachigen Schweiz im Rennen. Die Entscheidung fällt am Freitag.
Worum geht es?
Beim ESC kämpfen mehr als 35 Länder bei einem großen, bunten Fest um den Sieg als beliebtester Musik-Act. Die Zahl der Teilnehmer schwankt jedes Jahr. Sie schicken jeweils einen Song ins Rennen. Das TV-Publikum stimmt per Telefon und Internet über das beste Lied ab, aber auch das Urteil von nationalen Jurys fließt in das Ergebnis ein. Mehr als 150 Millionen Menschen verfolgen das Finale im Fernsehen, dazu noch Millionen auf YouTube. Das Heimatland des siegreichen Liedes hat das Recht, den nächsten ESC auszurichten, muss es aber nicht. 2024 hat Nemo aus der Schweiz mit dem Lied «The Code» gewonnen.
Was spricht für Basel?
Die Stadt am Rhein hat das Motto «Grenzen überwinden» gewählt, das passt nicht nur zum ESC mit seiner internationalen Beteiligung, sondern auch zu Basel. Dort stoßen die Schweiz, Deutschland und Frankreich aneinander. Rege Zusammenarbeit der Kommunen sorgt dafür, dass Bewohner die Grenzen kaum noch wahrnehmen. Die Stadt verkörpere «eine lokale und trotzdem weltgewandte Atmosphäre», heißt es in der Bewerbung.
Große Veranstaltungen sind in Basel Routine: Etwa die legendäre Fasnacht mit Pfeifern und Trommlern jedes Jahr, die 200.000 Besucher anzieht. Oder die Kunstmesse Art Basel mit mehr als 80.000 Besuchern, es gibt auch große Sportveranstaltungen in der St. Jakobshalle. Dort würde auch der ESC stattfinden. Sie hat Platz für 12.000 Zuschauer. Nebenan im Fußballstadion schlägt Basel ein Public Viewing für 20.000 Leute vor.
Was spricht für Genf?
Genf empfiehlt sich als «internationalste Stadt der Schweiz». Gut 40 Prozent der Einwohner der Stadt an der Rhone sind Ausländer. Das liegt daran, dass Genf der europäische Hauptsitz der Vereinten Nationen ist und dort zahlreichen UN-Sonderorganisationen und Dutzende private Hilfsorganisationen beheimatet sind. Auch Genf ist Grenzstadt: Sie ist fast völlig von französischem Staatsgebiet umgeben.
«Genf ist als Knotenpunkt der Ideen, der Kulturen und des Friedens am besten geeignet, dieses große Ereignis auszurichten», meint Stadtpräsidentin Christina Kitsos. Zudem ist Genf auch Heimat der Europäischen Rundfunkunion (EBU), dem Verband öffentlich-rechtlicher Sender, der den ESC ausrichtet. Die EBU feiert 2025 ihren 75. Geburtstag.
Das Fest würde auf dem Messegelände Palexpo am Flughafen stattfinden. Dort finden regelmäßig große Messen und internationale Kongresse statt. Es gibt Platz für mindestens 15.000 Zuschauer.
Wie gut sind Basel und Genf zu erreichen?
Genf punktet mit der Nähe des Messegeländes und der Stadt zum Flughafen und dem Anschluss ans Bahnnetz. Besucher könnten von der Ankunftshalle zu Fuß nach Palexpo gehen, in die Stadt dauert es per Zug sieben Minuten. Basel ist vom deutlich kleineren Flughafen Basel-Mulhouse auf französischem Staatsgebiet mit Bus und Bahn in 40 bis 50 Minuten erreichbar. Vom Flughafen Zürich dauert es eineinhalb Stunden nach Basel.
Wie groß ist die Begeisterung in der Schweiz?
Mäßig. Bei einer Umfrage im Auftrag des Medienhauses Ringier unter gut 24 000 Personen sagten Ende Juli 49 Prozent der Befragten «Nein» oder «eher Nein», auf die Frage, ob sie es begrüßen, dass der ESC in der Schweiz stattfindet.
Wer kritisiert was?
Kritik gibt es zum einen daran, dass bei der Abstimmung über die Bühnen-Acts viele Leute aus politischen Motiven, und nicht nach Qualität der Musik entscheiden. So gab es beim ESC dieses Jahr in Malmö wegen des Gaza-Kriegs Straßenproteste gegen die Teilnahme Israels. Andere meinen, der ESC biete Minderheiten wie non-binären Personen eine Bühne, und stören sich daran. Nemo definiert sich als non-binär, also weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugehörig.
Einige Politiker der rechtskonservativen SVP, der wählerstärksten Partei in der Schweiz, machen Stimmung gegen das Musikfest. «Das Geld sollte besser den schwer betroffenen Unwettergeschädigten gespendet statt für diesen peinlichen Regenbogen-Anlass verschwendet werden», sagte SVP-Präsident Marcel Dettling dem «Tages-Anzeiger» im Zusammenhang mit einem in Aussicht gestellten öffentlichen Kredit.
Die christliche und nationalkonservative EDU will Kredite mit Volksabstimmungen verhindern. «Was mich besonders stört: alles Christliche wird zunehmend aus der Öffentlichkeit verbannt, aber wenn Satanismus und Okkultismus (...) zelebriert wird, da gibt es offenbar keine Grenzen», meinte der Abgeordnete Samuel Kullmann. Die Partei ist aber sehr klein. Dass sie genügend Unterschriften für Abstimmungen zusammenbekommt, gilt als unwahrscheinlich.