Jürgen Vogel hält sich bedeckt. «Wir versuchen, einen vermeintlichen Terroranschlag in Hamburg zu vereiteln. Ob uns das wirklich gelingt und ob wir den richtigen Weg gehen – das erzählt dann die Serie», skizziert der Fernsehstar (56, «Jenseits der Spree») im Sommer 2023 am Rande der Dreharbeiten in der Hansestadt eher vage die sechsteilige ARD-Thrillerserie «Informant - Angst über der Stadt» (16. und 17. Oktober um 20.15 Uhr im Ersten). Und dazu lacht der Hauptdarsteller verschmitzt.
Alarm um die Elbphilharmonie
Um dann doch noch etwas mehr zu verraten. «Welche Mechanismen greifen, was passiert, wenn so ein Verdacht entsteht, wie gehen die Menschen damit um? Wie ist die Polizei aufgestellt, was passiert intern, welche Behörde ist für was zuständig? Wie kommt man an Informationen, muss man jemanden einschleusen, wenn ja – wen und warum gerade den?», das seien, so Vogel, die Fragen, die das vom Regisseur Matthias Glasner verfasste Drehbuch stelle. «Ich mag das sehr. Aber auch, weil man viel über die einzelnen Figuren erfährt – auf beiden Seiten», fügt der Schauspieler mit dem Image eines sensiblen Raubeins hinzu.
Eigentlich dreht sich alles um eine sich ausbreitende Hysterie in den sechs spannenden Folgen, für die sich der Berlinale-Gewinner («Sterben») und langjährige Vogel-Weggefährte Glasner von der BBC-Miniserie «Informer» (2018) zur Adaption um einen afghanischen Informanten hat inspirieren lassen. Angesiedelt in Hamburg, wo die größte afghanische Gemeinschaft Deutschlands lebt. Und wo seit 2016 am Rande des Hafens die riesige spektakuläre Elbphilharmonie steht. In der soll gemäß Skript in den nächsten Tagen das Konzert eines israelischen Dirigenten mit einer muslimischen Ersten Geigerin stattfinden.
Stark tätowierter Ermittler
Und plötzlich entsteht ein Verdacht, dass dabei etwas passieren soll, das unbedingt verhindert werden muss. Sonst wären Leib und Leben vieler Menschen bedroht. In dieser Lage gibt Vogel den gealterten, schon müden und kaputten LKA-Mann Gabriel Bach. Einen Familienvater, der seine Ermittlungen mit der aufstrebenden BKA-Beamtin Holly Valentin (Elisa Schlott, «Ramstein») zu teilen hat. Unter mutmaßlichen Islamisten, auch im Großstadt-Drogenmilieu. Am aufkommenden Kompetenzgerangel ist zudem der Bundesnachrichtendienst (BND) in Person der schwarzen Mitarbeiterin Triebel (Sabrina Ceesay) beteiligt. All das offiziell unter dem Regiment der resoluten Polizeichefin Rose Kuhlenkampf (Gabriela Maria Schmeide, «Kanzlei Liebling Kreuzberg»).
Der stark tätowierte Bach (Jürgen Vogel) war vor Jahren jedoch als verdeckter Ermittler in der rechten Szene tätig – und schon bald sehen die oberen Stellen Anlass, an ihm zu zweifeln. Als eine erste heiße Spur schnell erkaltet, weil ein Informant tot aufgefunden wird, rekrutieren Gabriel und Holly aus der Not heraus den unbescholtenen Reza Shaheen (Ivar Wafaei, «Blutige Anfänger»). Die Serien-Titelfigur hat mit Terror, IS oder auch organisierter Kriminalität bislang so gar nichts zu tun. Doch obwohl seine Familie schnell in Probleme verwickelt wird, muss Reza feststellen, dass er wider Willen Blut leckt. So entwickelt er sich zum wichtigsten Informanten im undurchsichtigen Spiel.
Vorzügliches Schauspiel-Ensemble
Das Geschehen inszeniert Glasner mit einem vorzüglichen Ensemble, zu dem auch Claudia Michelsen («Du sollst hören») als Bachs intellektuelle Ehefrau gehört, in schnell geschnittenen, kalten Bildern, die eine überaus ungemütliche und bedrohlich wirkende Welt voller Entwurzelter darstellen. Quasi die Welt von heute, in der man sich – wie der Thriller suggeriert - mit schnellen Urteilen und diffusen Gefühlen gegenüber anderen besser zurückhalten sollte, damit es nicht zu selbsterfüllenden Prophezeiungen kommt.
«Meine Grundidee war, dass es nur deshalb zu einer Katastrophe kommt, weil man Angst vor einem Anschlag hat», formuliert der 59-Jährige im ARD-Presseheft sein gesellschaftspolitisch durchaus diskutables Konzept. Zu dem gehöre auch, «wie die Paranoia des Staates und die Angst vor dem Islam zu einer Eskalation der Lage führen».
Ambivalente Figuren
«Die Figuren sind sehr ambivalent beschrieben, nicht schwarz und weiß, was eher ungewöhnlich ist», hat dabei Schlott (30) auf dem Pressetermin mit Vogel im vergangenen Jahr erklärt. Und dass auch die Arbeit mit dem Regisseur ungewöhnlich gewesen sei. «Wir durften am Set sehr intuitiv sein, viele Dinge erst dort entstehen lassen», beschreibt es die Schauspielerin. «Es ist sehr schön, einmal diese Freiheit zu haben - sich durch Spontaneität im Kontrollverlust zu üben.»