Der aus Thüringen stammenden Schauspielerin Sandra Hüller fehlt in Debatten über die Wende die Perspektive von Menschen in Ostdeutschland. Der Blick auf die Wende sei «nach wie vor ein westlicher Blick», sagte Hüller im Gespräch der deutschen «Vogue». Es gebe keine Repräsentation der Osterfahrung. «Beziehungsweise merke ich, dass immer wieder verlangt oder vorgeschlagen wird, dass man sich jetzt doch bitte zufriedengeben soll mit dem, was man hat», kritisierte die 46-Jährige. Mit dem Begriff «abgehängt» könne sie hinsichtlich der Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland allerdings wenig anfangen.
Auch sie habe als Kind «diesen Systemwechsel von einem Tag auf den anderen, ohne Erklärung oder in der Annahme, alle wollen das» miterlebt. Eine solche Erfahrung bleibe ein Leben lang. «Ich bin jetzt 46, und ich glaube, dass das auch auf nachfolgende Generationen übertragen wird: diese Unterbrechung.»
Geschichten nicht als «Ostalgie» abstempeln
Um von der einseitigen Perspektive wegzukommen, müssten die Menschen miteinander sprechen und einander zuhören, sagte Hüller. Das sei das Wichtigste. «Diese Geschichten gelten lassen, sie nicht abstempeln als Ostalgie oder so etwas. Die Menschen haben echte Erfahrungen gemacht, die sind valide, die sind real.»
Derzeit ist die ehemals Oscarnominierte («Anatomie eines Falls») noch in der DDR-Komödie «Zwei zu eins» zu sehen. Auch solche Filme seien wichtig, um «diese andere Perspektive des Erlebens» in den Fokus zu rücken. «Damit die Leute besser verstehen, wie das damals für Leute in der DDR gewesen ist. Und damit das Einfluss hat auf das Erleben heute und auf die Handlungen der Leute, die dort herkommen.»
Hüller hat aktuell mehrere internationale Projekte geplant, darunter den Science-Fiction-Film «Project Hail Mary» mit Ryan Gosling und «Late Fame» mit Willem Dafoe. Auch mit Hollywood-Star Tom Cruise (62) wird Hüller bald vor der Kamera stehen.