Beim Gedenken an die friedliche Revolution in der DDR vor 35 Jahren hat Bundeskanzler Olaf Scholz eine Parallele zur Ukraine gezogen und nochmals um Unterstützung für Kiew geworben. «Das Erbe der friedlichen Revolution gebietet uns auch, uns für die Freiheit der Ukrainerinnen und Ukrainer einzusetzen, für ihr Recht auf Demokratie und für ihr Recht auf Frieden», sagte der SPD-Politiker bei einem Festakt in Leipzig.
Gedacht wurde der wichtigen Großdemonstration vom 9. Oktober 1989, als mindestens 70.000 Menschen mit Rufen wie «Wir sind das Volk» in Leipzig auf die Straße gingen. Einen Monat später fiel die Berliner Mauer. Scholz würdigte ausführlich den Mut der DDR-Opposition und bescheinigte den Menschen, sie hätten die Welt verändert. Zugleich sprach er von der europäischen Dimension.
Die ukrainischen Bürgerinnen und Bürger hätten bei ihren Protesten auf dem Maidan in Kiew 2014 dieselben Ziele gehabt wie die Bürgerinnen und Bürger der DDR 1989, sagte der Kanzler. «Es ging darum, das eigene Schicksal in die Hände zu nehmen, es ging um das Ende der Fremdbestimmung.» Heute wolle «Russland der Ukraine diese Freiheit mit brutalster Gewalt entreißen».
«Ukraine an vorderster Front für die Freiheit»
Scholz sagte, er pflichte allen bei, die sich für Frieden einsetzten, so wie die Demonstranten vor 35 Jahren. «Die bittere Wahrheit aber bleibt: Dieser Frieden wird erst kommen, wenn Russland dazu bereit ist», fügte er hinzu. «Heute ist es die Ukraine, die in Europa an vorderster Front die Freiheit verteidigt. Wir werden, wir müssen sie dabei unterstützen, bis endlich ein gerechter Frieden herrscht.» Doch werde man auch das Ziel nicht aufgeben, Frieden durch Kooperation zu sichern. Deutschland werde sein politisches und diplomatisches Gewicht weiter in die Waagschale werfen.
Damit sprach Scholz eines der Themen an, bei denen die Meinungen in West- und Ostdeutschland oft auseinandergehen. Umfragen zufolge ist die Zustimmung zu den Hilfen für die Ukraine in Ostdeutschland geringer als in den westlichen Bundesländern. Zugleich herrscht in Ostdeutschland mehr Furcht, in den Krieg hineingezogen zu werden.