Ken Follet brauchte 200 Pfund, um sein Auto reparieren zu lassen. Weil ein Kollege des damaligen Zeitungsjournalisten beim «South Wales Echo» genau diesen Betrag für einen Roman kassiert hatte, wollte er es auch mal damit versuchen.
Inzwischen hat der Brite, der am 5. Juni 75 Jahre alt wird, 37 Bücher geschrieben, die in 40 Sprachen übersetzt wurden und sich weltweit mehr als 190 Millionen Mal verkauft haben.
In der walisischen Hauptstadt Cardiff geboren, wuchs Follett ohne Fernsehen und Radio auf. Seine Eltern gehörten der strengen religiösen Gemeinschaft der Plymouth Brethren an, die elektronische Medien für zu weltlich befanden. Stattdessen suchte er nach Ablenkung in Büchereien.
Dort stieß er auf Ian Flemings Romane über den britischen Meisterspion James Bond und war elektrisiert: «Dieser Mann wusste über alles Bescheid, was mich als zwölfjährigen Jungen interessierte: Er kannte sich mit Autos, Waffen, Cocktails und vor allem mit Frauen aus», erzählte Follett im Kult-Radioprogramm der BBC Desert Island Discs. Als er später selbst zum Buchautor wurde, nahm er sich vor: «...dem Leser das Vergnügen zu bereiten, das ich von James Bond erhalten hatte.»
Faszination für mittelalterliche Kathedralen
Sein erster erfolgreicher Roman, der bereits sein Elfter war (die ersten zehn möchte er am liebsten vergessen), war ein Spionagethriller («Die Nadel» (Originaltitel: «The Eye of the Needle»), der im Zweiten Weltkrieg spielt und im Jahr 1978 veröffentlicht wurde. Dem folgten vier weitere Spionageromane, mit denen er es auf die Bestsellerlisten schaffte.
Den Glauben seiner Eltern an Gott oder eine andere höhere Macht legte Follett bereits als junger Mann ab. Er studierte Philosophie. Eine Verbindung zur Spiritualität bewahrte er sich aber durch eine Faszination für mittelalterliche Kathedralen. Das führte ihn auf die Spur zu seinem bis heute erfolgreichsten Buch «Die Säulen der Erde» («The Pillars of the Earth») über den Bau einer Kathedrale im England des zwölften Jahrhunderts. Es wurde weltweit mehr als 23 Millionen Mal verkauft. Weitere historische Romane folgten. Mehrere Bücher wurden später für das Fernsehen verfilmt.
Er legt größten Wert auf historische Details
Aus seiner Vorgehensweise macht Follett kein Geheimnis. Er erzählt gerne von dem jahrelangen Prozess, den er für ein Buch benötigt und der in seiner Intensität beinahe dem Bau einer gotischen Kathedrale gleicht. Dem Schreiben geht eine Phase der akribischen Recherche voraus. Follett legt größten Wert auf historische Details in seinen Romanen, die er von Geschichtsprofessoren und im Fall der jüngeren Geschichte von Zeitzeugen prüfen lässt. Einen ersten Entwurf lässt er von anderen gegenlesen und kritisch kommentieren. Dann schreibt er auf dieser Grundlage einen zweiten Entwurf, der schließlich zum Buch wird.
Genauso streng hält er sich aber auch an Rezepte, die seinen Büchern Spannung verleihen und seine Leser emotional berühren sollen. «Die Geschichte braucht alle vier bis sechs Seiten eine Wendung», verriet er. Follett weiß, wie er die Leser dazu bringt, mit seinen Protagonisten zu hoffen und zu bangen. Der große Erfolg scheint ihm recht zu geben. Doch es gibt auch Kritiker, die seine beinahe schablonenhafte Vorgehensweise für durchschaubar halten und seinen Charakteren einen Mangel an Innenleben bescheinigen.
Mit Tony Blair stimmte die Chemie nicht
Das ist ein Vorwurf, mit dem Follett leben kann, wie es scheint. Er genießt Weltruhm und Luxus, wie er ohne Zögern zugibt. Mit seiner zweiten Frau Barbara, einer ehemaligen Labour-Abgeordneten, wohnt er in einem großzügigen alten Pfarrhaus in Stevenage, nördlich von London. Die beiden lernten sich beim Wahlkampf für die britische Arbeiterpartei kennen, für die Follett bis Mitte der 90er sehr erfolgreich um Spenden warb, was ihm Zugang zu den höchsten Kreisen verschaffte.
Obwohl er sich leidenschaftlich für Labour einsetzte, stimmte die Chemie mit Tony Blair nicht, der schon bald Premierminister sein sollte. Follett fühlte sich aufs Abstellgleis gestellt und bei der Presse angeschwärzt. Er revanchierte sich mit einem vernichtenden Artikel in der Sonntagszeitung «Observer», in dem er Blair vorwarf, ein «Kontrollfreak» zu sein, der die Boulevardblätter mit Indiskretionen über die eigenen Leute füttere.
Das Erstarken autoritärer Strömungen macht ihm Sorgen
Dass er noch immer zutiefst an Politik interessiert ist, stellte Follett nicht zuletzt mit seinem vorletzten Roman «Never - Die letzte Entscheidung» unter Beweis, der in der Gegenwart spielt und in dem die Welt einem furchtbaren Konflikt entgegen taumelt.
Auf die Frage, ob er optimistisch in die Zukunft blicke, antwortete Follett in einem Interview zu seinem jüngsten Buch mit einem entschiedenen Nein. Zu viele Menschen sehnten sich nach autoritären Führungsfiguren, befand er und fügte hinzu: «Junge, das macht mir Angst.»