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«Ein Statement»: Schröder und Wagner tragen Fahne in Paris

Premiere bei den Männern, Überraschung bei den Frauen: Dennis Schröder und Anna-Maria Wagner tragen die deutsche Fahne bei der Olympia-Eröffnungsfeier. Das birgt auch logistische Schwierigkeiten.
Paris 2024 - Fahnenträger Deutschland
Anna-Maria Wagner
Basketballer Dennis Schröder

Dennis Schröder nahm die erfreuliche Botschaft äußerlich gelassen hin, Anna-Maria Wagner kamen völlig überwältigt direkt die Tränen. Der deutsche Basketball-Star und die zweimalige Judo-Weltmeisterin werden die deutsche Delegation bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris als Fahnenträger anführen. 

«Das ist eine riesengroße Ehre für mich die Fahne tragen zu dürfen. Ich glaube, dass das auf jeden Fall in Deutschland auch ein Statement setzt, das als erster Dunkelhäutiger machen zu dürfen», sagte Schröder. 

Auf der Anreise von London nach Lille, wo die Basketball-Vorrunde stattfindet, bekam der Nationalmannschaftskapitän direkt eine Mini-Fahne in schwarz, rot und gold in die Hand gedrückt. Zur Übung hatte Schröder unter dem lautstarken Jubel der Teamkollegen zuvor bereits sein Handy wie eine Fahne geschwenkt.

Beide bisher ohne Olympia-Gold

Der NBA-Profi und die Judoka setzten sich bei der Wahl durch Fans und das deutsche Olympia-Team durch und übernehmen die Aufgabe bei der Zeremonie am Freitag (19.30 Uhr). Das bestätigte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB). Zuerst hatte die «FAZ» über das Votum für Schröder berichtet. 

Der DOSB veröffentlichte am Nachmittag ein Video, wie die beiden Fahnenträger die Botschaft überbracht bekamen. Überraschend war vor allem Wagners Sieg bei den Frauen. Als Favoritin galt DFB-Fußballerin Alexandra Popp. «Ich habe damit gar nicht gerechnet, weil einfach die Konkurrenz sehr, sehr stark war. Es ist eine schöne Wertschätzung für die letzten Jahre, für das ganze Leben, was man dem Sport untergeordnet hat», sagte die Judoka.

Weder Schröder (30) noch Wagner (28) sind bislang Olympiasieger. Als härtester Widersacher des Basketball-Stars galt Tennis-Profi Alexander Zverev, der 2021 in Tokio Gold im Einzel geholt hatte.

«So geil wie möglich präsentieren»

Die Zeremonie findet erstmals nicht in einem Stadion, sondern auf Booten auf der Seine statt. Auf dem Fluss im Herzen von Frankreichs Metropole wird sich die deutsche Mannschaft auf Schiff Nummer sieben befinden und begleitet von zehntausenden Fans am Ufer an den wichtigsten Wahrzeichen der Hauptstadt vorbeifahren.

«Ich freue mich natürlich, dass mein Team mit am Start ist, dass wir da versuchen, Deutschland so geil wie möglich zu präsentieren bei der Eröffnungsfeier, natürlich mit allen Athletinnen und Athleten von TeamD, die das mit uns feiern können», sagte Schröder, für dessen Team die Eröffnungsfeier auch logistische Schwierigkeiten mit sich bringt. 

Das Team muss spät in der Nacht zurück ins 220 Kilometer entfernte Lille. Am Samstag wartet dann schon um 13.30 Uhr das Auftaktspiel gegen Japan. Eine ideale Spielvorbereitung ist das nicht.

Zverev im Voting klar besiegt

Bei den Männern hatten hinter Schröder, der sich mit aus beiden Abstimmungen addierten 103,54 Punkten klar durchsetzte, sowohl Zverev (57,57) als auch Sportschütze Christian Reitz (38,89) das Nachsehen. Bei den Frauen landeten hinter Wagner (80,01) die Fußballerin Popp (74,01) und Reiterin Jessica von Bredow-Werndl (45,98). Insgesamt wurden bei der Wahl der Öffentlichkeit mehr als 500.000 gültige Stimmen abgegeben, vor drei Jahren in Tokio waren es rund 189.000 Stimmen.

Schröder steht damit in einer Reihe mit LeBron James, der am Freitag die US-Fahne tragen wird, sowie Dirk Nowitzki, der 2008 in Peking als bislang einziger Basketballer zum deutschen Fahnenträger wurde. Für den Aufbauspieler hatte das Thema Fahnenträger bei Olympia schon seit Monaten eine enorme Bedeutung. Nur wenige Wochen nach dem völlig unerwarteten WM-Titel von Manila 2023 forderte er offen und ehrlich: «Ich muss die Fahne tragen! Wenn nicht jetzt, wann dann?» So kam es.

Goldenes Auto, goldene Schuhe

In Deutschland war Schröder lange Zeit umstritten, vor allem wegen seiner häufig von Protz geprägten Art. Ein goldenes Auto und goldene Schuhe stehen symbolisch für den Mann, der seine Kollegen vor dem Olympia-Sommer mit Rolex-Uhren beschenkte und dafür sorgte, dass das Nationalteam Business-Class fliegt. In der NBA blieben die großen Erfolge zwar aus, dafür führte er das Nationalteam zu EM-Bronze und zum WM-Titel.

Bei der WM wurde Schröder auch zum wertvollsten Spieler des Turniers gewählt. In den vergangenen Tagen warb Schröder über seine Social-Media-Kanäle energisch um Stimmen. Alleine auf Instagram folgen ihm über vier Millionen Menschen. Der Basketballer lag bei dem Voting sowohl bei den Fans als auch beim Olympia-Team ganz vorn. Wagner profitierte von viel Zuspruch von den Mitstreiterinnen und Mitstreitern in Paris. Von den Fans erhielt Stürmerin Popp klar die meisten Stimmen.

Wagner holte Olympia-Ticket mit WM-Titel

Für Wagner ist es die zweite Olympia-Teilnahme. 2021 in Tokio gewann die Ravensburgerin Bronze im Einzel und im Team. Auch in Paris gehört die zweimalige Weltmeisterin in der Gewichtsklasse bis 78 Kilogramm zu den Titelkandidatinnen. Dabei war lange offen, ob Wagner überhaupt bei Olympia dabei ist. Zwar gehört die Athletin, die in Köln trainiert, seit Jahren zur absoluten Weltspitze und ist aktuell Weltranglistenzweite. 

In Alina Böhm hat sie aber auch eine extrem starke nationale Konkurrentin. Da pro Gewichtsklasse bei Olympia nur eine deutsche Athletin antreten darf, sicherte sich Wagner erst mit ihrem zweiten WM-Titel in Abu Dhabi im Mai endgültig das Ticket. Ihr Wettkampf in Paris findet erst am 1. August statt.

Respekt für Offenheit

Viel Respekt bekam Wagner auch dafür, dass sie nach Olympia in Tokio ganz offen über mentale Probleme sprach. «In dem Jahr hatte ich mit dem Weltmeistertitel zudem im Prinzip alles erreicht, was man erreichen kann. Danach war erstmal die Frage: Okay, und jetzt? Wie geht es jetzt weiter? Ich hatte die Freude am Judo verloren, konnte mich nicht mehr so für den Sport motivieren», berichtete sie im Nachhinein.

Stück für Stück kämpfte sich Wagner zurück und will das nun in Paris mit einer weiteren Medaille krönen. «Generell sind die Erinnerungen an Tokio sehr schön. Ich hoffe, dass sich die Erinnerungen wiederholen werden und ich in Paris noch mal einen drauflegen kann.» Danach will sich die Sportsoldatin wieder mehr ihrer beruflichen Zukunft widmen und ihr Studium im Hotel- und Tourismusmanagement fortführen.

 

© dpa ⁄ Patrick Reichardt, Miriam Schmidt und Thomas Wolfer, dpa
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