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Sven-Göran Eriksson: Eine «Svensation» nicht nur in England

Sven-Göran Eriksson war der erste Ausländer, der Englands Nationalteam trainieren durfte. Seinen größten Erfolg feierte er aber auf Vereinsebene. Nun hat der Schwede seinen härtesten Kampf verloren.
Sven-Göran Eriksson
Sven-Göran Eriksson
Sven-Göran Eriksson

Zum Abschluss seiner bewegten Trainerkarriere erfüllte sich Sven-Göran Eriksson noch einmal einen großen Traum. Auf Einladung von Jürgen Klopp durfte der Schwede im Frühjahr 2024 einmal seinen Lieblingsverein, den FC Liverpool, coachen. Bei einem Benefizspiel zwischen Fußball-Legenden der Reds und von Ajax Amsterdam saß Eriksson als Teil des Trainerstabs auf der Bank, wurde vom Publikum mit Sprechchören und Gesängen gefeiert. «Ich habe geweint», bekannte der frühere englische Nationaltrainer anschließend. «Es war schön, absolut fantastisch, unglaublich.»

Zu diesem Zeitpunkt wusste die Fußballwelt bereits, dass Eriksson unheilbar an Krebs erkrankt war. Nun ist der langjährige Erfolgstrainer, der als erster Ausländer überhaupt Englands Nationalcoach war, im Alter von 76 Jahren im Kreise seiner Familie gestorben.

Sven-Göran Eriksson, der in Schweden einfach nur «Svennis» genannt wird, wurde am 5. Februar 1948 in der westschwedischen Provinz Värmland nahe der Grenze zu Norwegen geboren. Er wuchs in einfachen Verhältnissen auf, ehe er als junger Mann für unterklassige Vereine als Rechtsverteidiger spielte. Eine schwere Knieverletzung zwang ihn bereits im Alter von 27 Jahren zum Karriereende. Eriksson wechselte vom Rasen an den Spielfeldrand, wo er sich fortan aufmachte, die internationale Fußballwelt aufzumischen.

Aus der dritten schwedischen Liga zum Europapokalsieg

Seine erste Trainerstation war der damalige schwedische Drittligist Degersfors IF, den er in den 1970er Jahren in die zweite Liga führte. Erikssons moderne Trainingsmethoden sprachen sich in dem skandinavischen Land schnell herum, so dass der Erstliga-Club IFK Göteborg auf ihn aufmerksam wurde. Der damals finanziell angeschlagene Verein brauchte frischen Wind und wagte mit Eriksson einen Neuanfang - mit Erfolg: In der Debütsaison des jungen Trainers wurde der Club aus der zweitgrößten Stadt Schwedens 1979 Pokalsieger und Vize-Meister. 

Eriksson machte Göteborg zur Fußballadresse und schaffte 1982 etwas, das in Schweden zuvor undenkbar erschienen war: Er gewann mit IFK völlig überraschend den UEFA-Cup. Dabei Göteborg im Vorgängerwettbewerb der Europa League im Halbfinale erst den 1. FC Kaiserslautern und dann im Endspiel den Hamburger SV aus. Es war der frühe Höhepunkt in Erikssons damals noch junger Trainerkarriere.

Der Weg in Europas Topligen

Gleichzeitig öffnete der UEFA-Cup-Sieg ihm die Tür in Europas Topligen. Eriksson wurde 1982 Trainer von Benfica Lissabon, feierte auf Anhieb das nationale Double und wiederholte mit den Portugiesen beinahe den Erfolg des Vorjahres, als er im Europapokalfinale erst am RSC Anderlecht scheiterte.

Anschließend wurde Italien mit Ausnahme einer mehrjährigen Rückkehr zu Benfica für anderthalb Jahrzehnte zu Erikssons Fußballheimat. Er heuerte beim AS Rom an, trainierte dann AC Florenz, Sampdoria Genua und Lazio Rom. Besonders mit Lazio und mit seinem langjährigen Weggefährten Tord Grip an seiner Seite feierte er große Erfolge, darunter 1999 den Gewinn des Europapokals der Pokalsieger.

Nationaltrainer von England

Die Ära Italien endete, als das selbst ernannte Mutterland des Fußballs anklopfte: Als erster Ausländer überhaupt wurde Eriksson 2001 Nationaltrainer von England. «Das ist der größte Job, den du haben kannst im Fußball», sagte Eriksson viele Jahre später in dem Interview, in dem er seine Krebsdiagnose öffentlich machte. 

Noch im selben Jahr zerlegten die Engländer damals Deutschland in der WM-Qualifikation in München mit 5:1 - von einer «Svensation» war auf der Insel die Rede. Bei der WM 2002, EM 2004 und der WM 2006 in Deutschland führte Eriksson die Three Lions jeweils ins Viertelfinale. Es folgten kürzere Amtszeiten bei Manchester City und Leicester City sowie Engagements in ganz anderen Teilen der Fußballwelt, etwa als Nationalcoach Mexikos und der Elfenbeinküste sowie bei Vereinen in Thailand und China.

Nach einem kurzen Einsatz auf den Philippinen zog es Eriksson jenseits der 70 zurück nach Schweden. In Karlstad in seiner Heimatregion Värmland arbeitete er als Sportdirektor, legte dieses Amt dann Anfang 2023 aus gesundheitlichen Gründen nieder.

Krebsdiagnose

Den genauen Grund dafür nannte Eriksson erst ein knappes Jahr später. In einem Interview des schwedischen Radiosenders SR P1 gab er im Januar 2024 bekannt, dass er fünf kleinere Schlaganfälle erlitten habe und bei ihm außerdem unheilbarer Bauchspeicheldrüsenkrebs festgestellt worden sei. «Im besten Fall habe ich vielleicht noch ungefähr ein Jahr, im schlechtesten Fall etwas weniger», sagte er. Warum er dennoch so gesund und zufrieden aussehe, wurde er von seinem Interviewpartner gefragt. «Man muss das Gehirn ja dazu bekommen, zu akzeptieren, dass es einfach so ist», entgegnete «Svennis».

Fußball war immer sein Leben. Bis zuletzt verfolgte er internationale Spiele aufmerksam im Fernsehen. «Der Fußball ist vor allem anderen im Leben vorgegangen», sagte er auch im besagten Interview im schwedischen Radio. Was er über sein Leben denke, wenn er darauf zurückblicke? Er habe viel Glück gehabt, sowohl beruflich als auch privat, antwortete er. 

«Ich hatte ein gutes Leben», sagte Eriksson in einem Dokumentarfilm, der gerade beim Streamingdienst Amazon Prime erschien. «Hoffentlich werden Menschen am Ende sagen: "Ja, er war ein guter Mann".» Direkt in die Kamera gerichtet, sagte er dann: «Don’t be sorry. Smile.» Es müsse einem nicht leidtun, sondern man solle lächeln. «Danke für alles. Trainer, Spieler, das Publikum. Es war fantastisch. Passt auf euch auf und auf euer Leben. Und lebt es.»

© dpa ⁄ Steffen Trumpf, dpa
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