Mit der Bürde einer 0:3-Packung gegen Island und Fragezeichen um Kapitänin Alexandra Popp gehen die deutschen Fußballerinnen in ihren letzten Härtetest vor den Sommerspielen in Frankreich. «Jetzt sind wir ganz klar in der Verpflichtung, es im nächsten Spiel komplett zu verändern. Richtung Olympia natürlich auch», sagte Bundestrainer Horst Hrubesch vor der Partie gegen Österreich in der EM-Qualifikation am Dienstag (19.00 Uhr/ARD) in Hannover.
Höchste Niederlage seit über sechs Jahren
Für die EM 2025 in der Schweiz sind die DFB-Frauen längst qualifiziert; mit Blick auf Olympia hat der Auftritt im kalten und windigen Reykjavik allerdings Ernüchterung und Verunsicherung ausgelöst. Es war die höchste Niederlage in Hrubeschs beiden bisherigen Amtszeiten bei den deutschen Frauen und seit dem 0:3 gegen Frankreich im März 2018 unter Steffi Jones, die danach gehen musste.
Dabei wollen die deutschen Frauen um die Olympia-Medaillen mitspielen, sie streben das Finale in Paris an. «Ich habe da jetzt keine Bedenken, das war – glaube ich – der richtige Warnschuss», sagte Hrubesch. Er beschwichtigte mit der ganzen Erfahrung seiner 73 Jahren: «Ich habe nach wie vor ein gutes Gefühl, das ist nicht das Problem.»
Seine Auswahl startet am 25. Juli in Marseille gegen den WM-Vierten Australien. Die weiteren Vorrunden-Gegner sind Rekord-Weltmeister USA (28. Juli) ebenfalls in Marseille und Sambia (31. Juli) in Saint-Étienne. Den Afrikanerinnen war das DFB-Team im vergangenen Jahr unmittelbar vor der später verpatzten WM in Australien und Neuseeland in Fürth mit 2:3 unterlegen. Und auch jetzt wachsen Zweifel.
Die 33 Jahre alte Popp ist die einzige verbliebene Spielerin, die beim Gold-Triumph 2016 in Rio de Janeiro auf dem Platz stand. Die Stürmerin vom VfL Wolfsburg, die in Island ebenso gefehlt hatte wie die gelbgesperrte Lena Oberdorf, ist inzwischen im Quartier in Hannover eingetroffen, wie der Deutsche Fußball-Bund bestätigte. Ob sie gegen Österreich spielen kann, ist unklar.
Hrubesch: «Einfach schlecht»
Popp sollte nicht komplett das Mannschaftstraining mitmachen, sondern teilweise individuell trainieren. Sie war vor der Partie in Island abgereist. Man wolle ihr die Reisestrapazen ersparen, hieß es vergangenen Woche, und sie solle ihr individuelles Training im Verein fortzusetzen. Bundestrainer Horst Hrubesch sprach von einer «Vernunftentscheidung» mit Blick auf die Sommerspiele. Er sagte nach Popps Abreise auch: «Über 90 Minuten wird sie nicht alle Spiele gehen können.»
Aus der Ferne konnte Deutschlands «Fußballerin des Jahres» verfolgen, wie ihre Kolleginnen in Island schwächelten. «Man hat gesehen, dass vorher Urlaub war. Jetzt wieder den Anfang zu kriegen, war schwierig», sagte Hrubesch. «Aber eines ist auch klar: Wir müssen von Anfang an diese Zweikämpfe annehmen, und das, was wir gespielt haben, war einfach schlecht.» Die Niederlage sei auch in dieser Höhe verdient.
Anderes Gesicht in Hannover?
«Nach vorn haben wir oft viele, viele falsche Entscheidungen getroffen», so der Chefcoach weiter. Außenverteidigerin Sarai Linder sprach von einem «Wachmacher, einem Wachruf», Innenverteidigerin Kathrin Hendrich von einem «Wachrüttler». Die von der TSG Hoffenheim zum VfL Wolfsburg gewechselte Linder versprach für die Generalprobe in Hannover: «Wir wollen einfach ganz anders auftreten. Wir wollen noch mal ein ganz anderes Gesicht zeigen, was uns dann auch Rückhalt gibt für Olympia.» Gegen das Austria-Team werden an die 40 000 Zuschauer erwartet, um die Fußballerinnen gen Olympia zu verabschieden.