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Der Hype um das Kleinfeld: Baller, Icon und Infinity League

Die Veranstalter werten die erste Saison der Baller League als Erfolg. Doch auch andere Fußballformate buhlen inzwischen um die junge Zielgruppe - mit bekannten Gesichtern.
Baller League
Lukas Podolski (l) und Mats Hummels
Montana Black
Streets United gewinnt die Baller League

Bei den Show-Events auf dem Fußball-Kleinfeld besteht latente Verwechslungsgefahr. Vorreiter war die Baller League von Lukas Podolski und Mats Hummels, der Streamingdienst DAZN richtete die Infinity League aus, und im September startet die Icon League, die Toni Kroos mit dem Streamer Elias Nerlich ins Leben gerufen hat. Mit Profifußball hat das neue Geschäftsfeld abgesehen von den bekannten Gesichtern und Werbeträgern nicht viel zu tun - die Spiele ziehen aber Tausende junge Menschen in ihren Bann.

«Mit all ihren jeweiligen Social-Media-Kanälen können Kroos, Nerlich und die teilnehmenden Teamheads (Teamkapitäne) gigantische 144 Millionen Menschen erreichen», steht in einer Pressemitteilung der Icon League. Mit dabei sind unter anderen Eishockey-Star Leon Draisaitl, die Nationalspieler Antonio Rüdiger und Robert Andrich sowie die Rapper Luciano und Ski Aggu. Bei der Baller League bringen zwei der größten deutschen Twitch-Streamer, Knossi und MontanaBlack, ihr junges Publikum mit.

Ein kurzzeitiges Phänomen, das den Fußball und den Hype ums Zuschauen am Handy oder Computer zusammenbringt? Für Thomas Horky, Professor für Journalismus und Sportkommunikation an der Macromedia Hochschule, ist es nicht verwunderlich, dass die Baller League, die am 22. Juni in ihre zweite Spielzeit startete, mehr ist als eine Eintagsfliege. «Die Frage ist eher, was passiert nach vier oder fünf Austragungen? Also wie hat sich das dann gelohnt?», sagte Horky.

«Die Liga steht auf eigenen Beinen»

Die Organisatoren der Baller League werteten ihre erste Saison bereits beim Final-Four-Turnier in Düsseldorf im April als Erfolg. Nach Angaben der Veranstalter erreichte die erste Spielzeit rund drei Millionen Live-Views per Spieltag auf Twitch sowie über 450.000 Live-Zuschauer im Stream.

Dennoch zog sich Mitgründer Hummels gut eine Woche vor dem Start der neuen Saison zurück: «Von Anfang an war klar, dass es für mich in meiner Rolle als Präsident in erster Linie um Aufbauarbeit geht. Die Liga ist nun etabliert und steht auf eigenen Beinen. Deswegen werde ich mich nun anderen Projekten widmen und den Weg frei machen für neue Gesichter, die die Liga bereichern werden.» Sein einstiger Weltmeister-Kollege Podolski bleibt hingegen an Bord. Zudem stieß mit Florian Neuhaus ein neuer bekannter Name aus der Fußball-Bundesliga zur Baller League, der zehnmalige Nationalspieler ist dort Manager eines Teams. 

Ein Spaßkick von ehemaligen und aktuellen Profifußballern würde aber wohl kaum ausreichen, um neue Zielgruppen zu erschließen. Da kommen Menschen wie Nerlich ins Spiel. «Wir haben hinter den Kulissen leidenschaftlich und auch hitzig diskutiert», sagte er. «Wir haben Ideen eingebracht und verworfen. Wir haben uns gegenseitig angespornt, um etwas zu schaffen, das einfach richtig Bock macht.»

Der Zugang zum jungen Publikum ist insbesondere für die Sponsoren relevant. «Für uns ist die Partnerschaft mit der Baller League sinnvoller als ein klassisches Bundesliga-Sponsoring. Die Baller League eignet sich perfekt dazu, eine junge Zielgruppe über Kanäle zu erreichen, die diese auch wirklich nutzen», heißt es in einer Mitteilung der Baller League vom Hauptsponsor, dem Jobportal Xing.

«Die DFL muss sich damit auseinandersetzen»

Für Horky ein nachvollziehbares Argument: «Die Baller League bietet mit Sicherheit ein etwas anderes Zielpublikum als die traditionelle Fußball-Bundesliga. Die hat da sicherlich auch noch Nachholbedarf.» Es gebe eine allgemeine Entwicklung im Sport, die zu einer zunehmenden Digitalisierung führe. Das sei beim E-Sport sichtbar, aber auch bei Formaten wie der Baller League, die mit Gamification arbeite. So werden in der Baller League per virtuellem Glücksrad kurz vor dem Ende jeder Halbzeit verschiedene Regeländerungen ausgewählt.

Zwar sei die Bundesliga nach wie vor die größte Mediensportart in Deutschland. Für die Deutsche Fußball Liga sieht Horky dennoch Handlungsbedarf. «Nur man muss ja auch langfristig nach vorn schauen, und da ist die DFL nach meinem Geschmack eher zu passiv. Da würde ich empfehlen, sich doch deutlich aktiver auch mit neuen Formaten auseinanderzusetzen», meinte er.

Zumindest zwei Bundesliga-Vereine nahmen an der Infinity League von DAZN im Mai teil. Dabei setzten die Veranstalter ähnlich wie bei der Baller League auf Kleinfeldfußball mit neuen Regeln sowie eine Mischung aus bekannten Namen aus dem Profifußball und Influencern. Mit dabei waren auch Mannschaften mit Altstars des FC Bayern und des VfL Wolfsburg - sowohl Männer als auch Frauen. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur teilte DAZN mit, man habe mit der Live-Übertragung zwei Millionen Menschen erreicht. Auf die Frage, ob DAZN die Infinity League weiterführen wolle, hieß es: «Fans können sich schon bald über Neuigkeiten freuen.»

Vorbild aus Spanien

Ein Vorbild in der Entwicklung könnte sicherlich die Kings League sein. Sie wurde 2022 von Ex-Barcelona-Profi Gerard Piqué gegründet und ist inzwischen auch mit einem Ableger nach Lateinamerika expandiert. Für dieses Jahr kündigte die Kings League zudem noch einen weiteren Ableger in Italien an.

Laut Horky müssen sich die verschiedenen Formate vorerst nicht gegenseitig ausschließen. «Irgendwann wird es aber einen Verdrängungswettbewerb geben. Da wird sich dann zeigen, welches Format langfristig besteht», sagte er. 

 

© dpa ⁄ Florian Gut, dpa
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