Der aus dem Senegal stammende Mouhamed Dramé war im August 2022 im Innenhof einer Jugendhilfeeinrichtung mit fünf Schüssen aus der Maschinenpistole eines Polizisten erschossen worden. Laut Anklage waren die Beamten gerufen worden, weil der dort untergebrachte 16-Jährige anscheinend in suizidaler Absicht mit einem Messer hantierte. Als er auf kurze Ansprache nicht reagierte, soll ihn eine Beamtin auf Anordnung ihres Vorgesetzten mit Pfefferspray besprüht haben. Als er sich daraufhin aufrichtete und sich in Richtung der Beamten bewegte, soll er zunächst mit Taser-Stromstößen beschossen worden sein, bevor keine Sekunde später Schüsse aus der Maschinenpistole fielen.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Schützen Totschlag vor. Zwei Kolleginnen und ein Kollege sind wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt angeklagt, der Einsatzleiter wegen Anstiftung zu dieser. Der Einsatz von Pfefferspray, Tasern und Maschinenpistole sei ohne rechtfertigenden Anlass erfolgt, so die Überzeugung der Staatsanwaltschaft. Zum Prozessauftakt vor Weihnachten hatte der Verteidiger des angeklagten Schützen betont, sein Mandant habe die damalige Situation als bedrohlich empfunden.
Der Prozess wird am kommenden Mittwoch fortgesetzt. Dann soll die Befragung der ersten Zeugen beginnen. Geladen sind Mitarbeiter der Einrichtung, in der Dramé lebte. Laut Nebenkläger-Anwältin Lisa Grüter werden auch zwei Familienmitglieder des Getöteten anwesend sein: Die Visa für zwei seiner Brüder aus dem Senegal seien zugesagt, sagte die Rechtsanwältin. Sie wollen in der nächsten Woche anreisen, um den Prozess aus nächster Nähe verfolgen zu können.
Es sind bislang neun weitere Verhandlungstermine bis Mitte April vorgesehen.