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Rabatz in Rottweil - Südwest-AfD bekämpft sich selbst

Buhrufe, Blockaden, Protest: In Rottweil liefert sich die Südwest-AfD eine beispiellos chaotische Veranstaltung. Dahinter steckt ein alter Machtkampf.
Landesparteitag AfD Baden-Württemberg
Jacken liegen während des AfD-Landesparteitags in der Stadthalle auf leeren Sitzen. © Christoph Schmidt/dpa

Auf der Leinwand an der Bühne prangt im AfD-Blau der Slogan «Wir können alles, auch Regierung». Das Treiben im Saal an diesem Samstag lässt daran aber schwer zweifeln. Der Sonderparteitag der Südwest-AfD hätte eigentlich um 10.00 Uhr beginnen sollen, noch viele Stunden später haben die Mitglieder noch nicht einmal die Tagesordnung beschlossen. In der Stadthalle Rottweil kommt es zu Tumulten, Buhrufen, sogar zu einer Art Hammelsprung: Alle Anwesenden müssen zunächst nochmal aus der Halle raus, um die, die nicht stimmberechtigt sind, auszusortieren. Empört trotten also die AfD-Mitglieder im Schneckentempo aus dem Saal, nur um kurze Zeit später abgezählt wieder einzutreten. Denn der Saal ist hoffnungsvoll überfüllt. Und der Landesverband ist hoffnungslos zerstritten.

1400 Plätze bietet die Stadthalle, mehr dürfen es nicht sein, denn es gibt Sicherheitsregeln, etwa Brandschutzbestimmungen. Doch am Samstagmorgen kommen deutlich mehr AfD-Anhänger als erwartet. Vor dem Gebäude bildet sich eine sehr lange Schlange. AfD-Parteitage im Südwesten setzen sich nicht aus Delegierten zusammen, sondern aus einfachen Mitgliedern. Jeder kann kommen, die Anzahl der Teilnehmer ist vorab daher für die Organisatoren schwer berechenbar. Der Verband ist seit Jahren tief gespalten. Die gegnerischen Lager versuchen deshalb zu Parteitagen so viele eigene Anhänger wie möglich in Bussen aus dem ganzen Land anzukarren. Bald wird am Samstag klar, dass der Platz nicht ausreicht für Mitglieder, Gäste, Presse. Aber Mitglieder dürfen nicht einfach weggeschickt werden, das würde die Wahl verfälschen.

Im Hintergrund tobt ein heftiger Machtkampf. Im Grunde gibt es seit Jahren zwei verfeindete Lager - die einen, die Bundestags-Fraktionschefin Alice Weidel stützen, und die, die hinter dem Bundestagsabgeordneten Dirk Spaniel stehen. An der Frage spaltet sich der Landesvorstand. Die Landesvorsitzenden Markus Frohnmaier und Emil Sänze werden dem Team Weidel zugerechnet, sieben Vorstandsmitglieder gelten hingegen als «Dirkianer» - und die haben aktuell die Mehrheit.

22 der 37 Kreisverbände hatten deshalb den Sonderparteitag in Rottweil gefordert und damit verbundene Vorstandswahlen, um die Machtverhältnisse endgültig zu klären. Schließlich stehen bald wichtige Wahlen an, die Kommunal-, die Europa- und die Bundestagswahl - es geht um die Aufstellung von Listen, um Macht, Ämter und Posten. Die 22 Kreisverbände stehen hinter Frohnmaier und Sänze und werfen den sieben Abtrünnigen im Vorstand eine Sabotagepolitik vor.

Stundenlang liefern sich die verfeindeten Vorstandsmitglieder in Rottweil auf offener Bühne Wortgefechte, schalten sich teils gegenseitig das Mikrofon ab, noch bevor der Parteitag richtig losgeht. Die gegnerischen Lager im Publikum buhen sich aus. Anhänger von Spaniel zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Parteitags, sie behaupten, dass Mitglieder an der Tür abgewiesen worden seien, weshalb die Wahl anfechtbar wäre.

Der Saal wird während der Räumung von Sicherheitsleuten durchsucht, da das Gerücht kursiert, dass einzelne Mitglieder sich mehrere Stimmgeräte hätten geben lassen. Nach der Räumung sind nur noch stimmberechtigte Mitglieder im Saal, Gäste müssen draußen bleiben.

Irgendwann im Chaos tritt Weidel unter Applaus auf die Bühne, ihre Rede wird vorgezogen, als Lückenfüller sozusagen, während sich der Saal sortiert. «Wir wollen gemeinsam dafür sorgen, dass der Landesverband in ein ruhiges Fahrwasser kommt, um aufgestellt zu sein für die Kommunal- und Europawahl», sagte die Bundespolitikerin. «Wir können uns nicht leisten, den Konflikt im Landesvorstand weiter in die Länge zu ziehen.» Sowohl Weidel als auch Spaniel haben den zerstrittenen Landesverband in der Vergangenheit bereits geführt. Spaniel versucht immer wieder, eigene Truppen zu mobilisieren und nach der Macht zu greifen.

Erst am Nachmittag wird eine Versammlungsleitung gewählt für die Veranstaltung. Etwas mehr Ordnung kehrt ein. Um 16.00 Uhr wird aber immer noch über die Tagesordnung gestritten. Bis zuletzt stand ein Abbruch der Veranstaltung im Raum. Ob es am Ende zu Vorstandswahlen noch am Samstag kommt, blieb offen.

© dpa ⁄ Nico Pointner, dpa
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