Mit der Ankündigung höherer US-Zölle auf Elektroautos und andere chinesische Waren verschärft sich der Handelskonflikt zwischen den USA und China. US-Präsident Joe Biden versperrt Elektroautos aus China den Weg in die USA mit Sonderzöllen von 100 Prozent. Zudem verhängt die US-Regierung neue oder stark erhöhte Zölle unter anderem für Solarzellen, Halbleiter, Hafenkräne und Medizinartikel wie Kanülen und Schutzmasken. China wirft Biden ein Wahlkampfmanöver vor - und droht mit Konsequenzen.
China flute die globalen Märkte mit künstlich verbilligten Exporten, hieß es bei der Ankündigung der US-Regierung am Dienstag. Die Maßnahmen seien zugleich auf einige strategisch wichtige Bereiche beschränkt.
Kommen nun Vergeltungsmaßnahmen aus Peking?
Biden strebe ein stabiles Verhältnis zu China an, versicherte die Direktorin des Nationalen Wirtschaftsrats des Weißen Hauses, Lael Brainard, vor Journalisten. Sie wollte nicht über mögliche Vergeltungsmaßnahmen aus Peking spekulieren. Der US-Regierung zufolge sind Einfuhren aus China im Volumen von 18 Milliarden Dollar von den neuen Maßnahmen betroffen.
Aus Peking hieß es, die Zollerhöhung sei vor allem eine symbolische Geste, mit der die Regierung Biden versuche, im immer härter werdenden Wahlkampf gegenüber China hart aufzutreten. Die aktuellen Zölle hätten chinesische Fahrzeuge bereits effektiv vom US-Automarkt ferngehalten, schrieb die amtliche chinesische Staatsagentur Xinhua.
China droht
Das chinesische Handelsministerium schob mit einer Drohung nach: «Die USA sollten ihre falschen Praktiken sofort korrigieren und die gegen China verhängten Zusatzzölle aufheben», hieß es in einer Mitteilung. China werde «entschlossene Maßnahmen ergreifen, um seine eigenen Rechte und Interessen zu verteidigen». Die USA hätten sich aufgrund «innenpolitischer Erwägungen» zu dem Schritt entschlossen. Wirtschafts- und Handelsfragen würden politisiert und instrumentalisiert.
Die Zollerhöhung widerspreche auch «dem Geist des von den beiden Staatschefs erzielten Konsenses, was die Atmosphäre der bilateralen Zusammenarbeit ernsthaft beeinträchtigen wird», so das chinesische Ministerium weiter.
Elon Musk warnte bereits Anfang des Jahres
Für chinesische Elektroautos galten in den USA bereits Zölle von 25 Prozent, die sie - anders als in Europa - von dem Markt fernhielten. Chinesische Hersteller bekämen unfaire Subventionen und könnten dadurch mit billigen Fahrzeugen den Wettbewerb verzerren, sagte Bidens Wirtschaftsberaterin Brainard. Die chinesischen Elektroauto-Exporte seien 2023 um 70 Prozent gestiegen - und das gefährde die Investitionen in anderen Ländern, argumentiert die US-Regierung. Unter anderem Tesla-Chef Elon Musk warnte bereits Anfang des Jahres vor der Übermacht chinesischer Hersteller: «Wenn es keine Handelsschranken gibt, werden sie die meisten anderen Autofirmen in der Welt so ziemlich zerstören.»
Biden habe in seiner Heimatstadt Scranton im Bundesstaat Pennsylvania gesehen, was passiere, wenn die Produktion in andere Länder abwandere, sagte die Handelsbeauftragte. Deshalb wolle er für fairen Wettbewerb sorgen. Biden, der sich im November zur Wiederwahl stellen will, machte in seiner Amtszeit Dutzende Milliarden für Investitionen unter anderem in die Chipbranche, Infrastruktur und Fertigung locker. Schon Bidens Vorgänger Donald Trump hatte Importe aus China mit Zöllen belegt.
Die weiteren Sonderzölle für chinesische Produkte im Detail:
- Solarzellen: Die Zölle steigen in diesem Jahr von 25 auf 50 Prozent. Die chinesischen Produktionskapazitäten in dem Bereich seien auf dem Weg, doppelt so hoch wie die kurzfristig erwartete globale Nachfrage zu sein, warnte Brainard. Auch dies gehe auf unfaire Praktiken zurück. In jedem Produktionsschritt kontrolliere China mehr als 70 Prozent der globalen Kapazität - und das gefährde die Versorgungssicherheit. In Deutschland schloss in Sachsen die Solar-Firma Meyer Burger aus der Schweiz ihren Produktionsstandort unter mit Verweis auf den Preisdruck aus Fernost.
- Hafenkräne: Für die großen Maschinen, die Schiffe be- und entladen, werden neue Zölle von 25 Prozent verhängt. Die US-Regierung will wieder mehr Hafenkräne im eigenen Land bauen. Im vergangenen Jahr gab es auch Warnungen, die in China gebaute Technik könne die Gefahr von Spionage oder Sabotage bergen.
- Medizinprodukte: Für Spritzen und Nadeln wird neu ein Zoll von 50 Prozent eingeführt. Für einige Schutzmasken steigen die Zölle von bislang maximal 7,5 Prozent auf 25 Prozent. Bei medizinischen Handschuhen wird die Erhöhung von 7,5 auf 25 Prozent bis zum Jahr 2026 aufgeschoben.
- Halbleiter: Die Zölle sollen bis zum Jahr 2025 von 25 auf 50 Prozent steigen. Aus China kommen in die USA zwar nicht die modernsten Chips - aber Halbleiter-Technik aus älteren Produktionsprozessen, die etwa in Autos oder Hausgeräten zum Einsatz kommt. Biden nimmt zugleich 39 Milliarden Dollar in die Hand, um neue Chip-Fabriken in den USA zu subventionieren. Das wird auch als Frage der nationalen Sicherheit gesehen.
- Stahl und Aluminium: Für einige Metallprodukte steigen die Zölle von 7,6 auf 25 Prozent. Brainard verwies unter anderem darauf, dass die chinesische Stahlindustrie auf Produktionsprozesse mit höherem CO2-Ausstoß setze, während amerikanische Hersteller in klimafreundlichere Technologien investierten.
- Batterien: Bei Lithium-Ionen-Akkus für Elektroautos sollen die Zölle in diesem Jahr von 7,5 auf 25 Prozent steigen. Bei solchen Batterien für andere Technik wird die Erhöhung bis 2026 aufgeschoben. Zudem gibt es Zölle von 25 Prozent für einige Elektronik-Bauteile wie Magnete.
EU-Kommission reagiert zurückhaltend
Die EU-Kommission reagierte zurückhaltend auf die Ankündigungen. Die Behörde nehme die Entscheidung der Amerikaner zur Kenntnis und prüfe, welche Auswirkungen diese auf die EU haben könnte, sagte ein Sprecher der Kommission in Brüssel. Details dazu, wie die Kommission den Schritt der Amerikaner bewertet, nannte der Sprecher zunächst nicht.
Die EU untersucht derzeit selbst, inwiefern China den Markt für E-Autos verzerrt. Auch dazu nannte ein Sprecher am Dienstag keine neuen Details. Eine Entscheidung, ob die EU etwa Strafzölle erhebt, steht noch aus. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht in dem Vorstoß der USA eine «Steilvorlage» für Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der seit Langem Zölle zum Schutz der Autobauer Renault, Peugeot und Citroen fordere. Auch EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen werde für dessen Argumente offen sein, sagte Dudenhöffer, der Direktor des Center Automotive Research in Bochum ist.
Bundeskanzler Olaf Scholz verwies bei einem Besuch in Stockholm auf den «wechselseitigen Austausch» zwischen der Europäischen Union und China. «Europäische Hersteller sind erfolgreich auf dem chinesischen Markt und verkaufen auch sehr viele Fahrzeuge, die in Europa produziert werden, nach China», sagte Scholz. Zudem kämen 50 Prozent der aus China importierten Elektroautos von westlichen Marken, die dort produzieren.