Der Kieler Ökonom Moritz Schularick fordert ein radikales Umdenken bei den deutschen Militärausgaben. «Wenn wir die Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse ausnehmen, können wir wirklich langfristig Kapazitäten aufbauen», sagte der Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft der Deutschen Presse-Agentur. Nur so ließen sich langfristig Kapazitäten aufbauen. «Die Industrie braucht die Gewissheit, dass im Militärbereich produziert werden kann.»
Das Sondervermögen des Bundes über 100 Milliarden Euro allein reiche nicht aus, sagte der Ökonom. «Das Problem an Sondervermögen ist: Sie sind gemessen am Bedarf oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein und keine dauerhafte Finanzierung.» Deutschland dürfe sich nicht in noch größerem Maße abhängig machen von der US-Rüstungsindustrie. «Das sind aus gutem Grund Dinge, die man zu Hause haben will» - um sie im Bedarfsfall vorrätig zu haben. «Das ist ein wenig so wie mit den Masken und den Impfstoffen in der Corona-Pandemie.»
Mehr an Sicherheit denken
Das Regulativ bleibe auch ohne Schuldenbremse das Parlament, sagte Schularick. «Wenn das gewählte deutsche Parlament beschließt, dass wir jetzt aufgrund der aktuellen Bedrohungen durch Russland fünf Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts pro Jahr in moderne Waffen- oder Verteidigungstechnologien investieren und im großen Umfang militärische technologische Forschungen aufbauen müssen, dann sei es so.»
Angesichts der aktuellen Großwetterlage habe er jedoch nicht das Gefühl, dass die Politik übermäßig an die Sicherheit denke, sondern eher kurzfristig an die nächste Wahl. «Die deutsche Finanzpolitik ist ein Sicherheitsrisiko für Europa.»
Als Größenordnung schwebt Schularick vor, in der nahen Zukunft jährlich in einer Größenordnung von 100 Milliarden Euro in die Sicherheit zu investieren. «Denn wir brauchen im größeren Umfang industrielle Kapazitäten für eine europäische Verteidigungsindustrie.»