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Özdemir will Spitzenkandidat in Baden-Württemberg werden

Er galt lange als aussichtsreichster Kandidat für das Erbe Kretschmanns – nun ist klar: Cem Özdemir will Grünen-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl 2026 werden. Die Ausgangslage ist nicht einfach.
Cem Özdemir und Winfried Kretschmann.
75. Geburtstag Winfried Kretschmann

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir will als Spitzenkandidat der Grünen in Baden-Württemberg bei der Landtagswahl im Frühjahr 2026 antreten. «Ich möchte Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, als Ministerpräsident von Baden-Württemberg dienen und alles für dieses Land geben» schreibt Özdemir in einem Brief an die Bürgerinnen und Bürger. Einer Sprecherin zufolge will Özdemir sein Amt als Bundeslandwirtschaftsminister weiter ausüben. 

Der 58-Jährige wurde seit langem als aussichtsreichster Kandidat für die Spitzenkandidatur gehandelt. Amtsinhaber Winfried Kretschmann (Grüne) tritt bei der Wahl nicht mehr an. Nur Özdemir sei ähnlich bekannt wie Kretschmann, war aus der Partei in den vergangenen Monaten übereinstimmend zu hören gewesen. Zudem könne der Bundesagrarminister auf eine lange politische Erfahrung zurückgreifen und wird wie Kretschmann zum pragmatischen «Realo»-Flügel seiner Partei gezählt. 

Der wohl aussichtsreichste Herausforderer Özdemirs wird der neue CDU-Landesvorsitzende und Fraktionsvorsitzende Manuel Hagel. Der 36-Jährige ist der neue starke Mann der CDU im Ländle und löste Ende 2023 Landesinnenminister Thomas Strobl als Chef der Südwest-CDU ab.

Wahl dürfte große Herausforderung für Grüne werden

Die Vorzeichen für Özdemirs Kandidatur könnten jedoch besser sein: Die Landtagswahl im Frühjahr 2026, für die ein genauer Wahltermin noch nicht feststeht, dürfte für die Grünen eine große Herausforderung werden. In Meinungsumfragen lag die CDU im Südwesten zuletzt mit mehr als zehn Prozentpunkten Vorsprung deutlich vor den Grünen - auch bei der Europawahl musste die Ökopartei teils heftige Verluste in allen Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs hinnehmen. 

Bei der Landtagswahl im März 2021 hatten die Grünen 32,6 Prozent erreicht, die CDU kam auf 24,1 Prozent, die SPD auf 11, die FDP auf 10,5 und die AfD auf 9,7 Prozent.

Und auch die Menschen im Südwesten glauben eher, dass der nächste Ministerpräsident Manuel Hagel heißen könnte. Einer Erhebung des Forschungsinstituts Kantar zufolge halten es 46 Prozent der Befragten für wahrscheinlich, dass der CDU-Spitzenmann die nächste Landtagswahl gewinnt. Özdemir trauen das nur 23 Prozent der Befragten zu, wie aus dem «Baden Württemberg Report» für Oktober im Auftrag von Privat.Radio hervorgeht.

Sohn türkischer Gastarbeiter aus Bad Urach

Bei den Grünen wird mit Blick auf die aktuelle Umfragesituation allerdings gerne auf das Jahr 2015 verwiesen. Damals sahen die Umfragen die CDU mit mehr als 15 Prozentpunkten vor den regierenden Grünen - bei der Landtagswahl im Jahr 2016 gewannen letztere dann aber dennoch und Kretschmann blieb Ministerpräsident. 

Özdemir stammt aus Bad Urach am Fuße der schwäbischen Alb und ist ein Sohn türkischer Gastarbeiter. Nach der Mittleren Reife und einer Ausbildung zum Erzieher studierte Özdemir Sozialpädagogik. Seit 1981 ist er Mitglied der Grünen, von 2008 bis 2018 war er Bundesvorsitzender der Partei. 1994 wurde er in den Bundestag gewählt - als erster Abgeordneter mit türkischen Wurzeln. 

Auf Ärger um dienstlich gesammelte, aber privat genutzte Bonusmeilen und einen Privatkredit folgte ab 2002 eine bundespolitischen Auszeit in den USA und Brüssel. Von 2004 bis 2008 war Özdemir Mitglied im EU-Parlament. Seit 2013 sitzt er wieder im Bundestag, 2021 holte er im Wahlkreis Stuttgart I mit 40 Prozent der Erststimmen das Direktmandat. Im Dezember 2021 wurde er im Ampel-Kabinett von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Bundeslandwirtschaftsminister. 

Bei den Landwirten ist der Grüne nicht durchgängig gut gelitten. Zwar hat sich Özdemir früh von der Entscheidung der Bundesregierung distanziert, die steuerlichen Vergünstigungen beim Agrardiesel abschaffen zu wollen. Den Zorn der Bauern bekam er trotzdem voll ab.

Redaktionshinweis: In einer früheren Version des Textes hieß es, Winfried Kretschmann sei 2016 zum ersten Ministerpräsidenten der Grünen gewählt worden. Richtig ist, dass er bereits 2011 Ministerpräsident und 2016 wiedergewählt wurde.

© dpa ⁄ David Nau, dpa
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