Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wird nach Einschätzung des Politikforschers Jan Philipp Thomeczek eher nicht in allen drei Ländern Brandenburg, Sachsen und Thüringen mitregieren. «In mindestens einem Bundesland wird es klappen, in allen dreien eher nicht», sagte der wissenschaftliche Mitarbeiter an der Universität Potsdam der Deutschen Presse-Agentur. Er sehe dafür vor allem zwei Faktoren: die politische Ausgangslage in den Ländern und die unterschiedlichen BSW-Landesspitzen.
Wissenschaftler sieht Vorteil für Brandenburg
Der BSW-Experte sieht einen Vorteil für die Regierungsbildung Brandenburg. «In Brandenburg braucht es nur zwei Partner - wie wir aus der Forschung wissen, geht die Regierungsbildung schneller, je weniger potenzielle Koalitionspartner es gibt», sagte Thomeczek. In Thüringen hätte die sogenannte Brombeer-Koalition aus CDU, SPD und BSW keine Mehrheit und brauchte gegebenenfalls noch die Linke, die aber auch nicht alles «abnicken» werde.
Ein weiterer Faktor ist aus Sicht des Forschers eine gewisse Ungleichheit der Landesvorsitzenden. Die Thüringer BSW-Co-Chefin Chefin Katja Wolf sei schon öffentlich einige Male von der BSW-Bundesvorsitzenden Sahra Wagenknecht abgewichen.
Experte: Pragmatischer Kurs oder Machtwort aus Berlin
«Auf der einen Seite könnte ein pragmatischer Kurs eine Regierungskoalition leichter machen, auf der anderen Seite könnte die Bundesspitze auch eine Landesspitze absetzen, wenn es ihr "zu bunt" wird», sagte Thomeczek.
In Brandenburg sei BSW-Landeschef Robert Crumbach 40 Jahre lang Mitglied der SPD gewesen, was die Gespräche erleichtern könne. «Zudem ist die SPD dort ja etwas konservativer, das heißt näher am BSW.»
Unterschiedlicher Stand in den drei Ländern
Nach fünf Sondierungsgesprächen könnte in Brandenburg eine Entscheidung über Koalitionsverhandlungen näherrücken. In Sachsen und Thüringen geht es um sogenannte Brombeer-Koalitionen aus CDU, BSW und SPD.
In Sachsen wurden die Sondierungsgespräche vorerst unterbrochen, weil auch Abgeordnete aus der BSW-Fraktion einem Antrag der AfD auf einen Corona-Untersuchungsausschuss im Landtag zustimmten. In Thüringen steht das Projekt auf der Kippe: Die Suche nach einem Kompromiss zu friedenspolitischen Forderungen, die Wagenknecht zur Voraussetzung für den Start von Koalitionsverhandlungen gemacht hat, war bisher erfolglos.