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Nur noch eine Hürde vor Koalitionsverhandlungen in Thüringen

Die Regierungsbildung in Thüringen ist schwierig, kommt aber in kleinen Schritten voran. Nach der CDU entschied sich die SPD für Koalitionsverhandlungen. Noch offen ist eine heikle BSW-Forderung.
SPD-Vorstand Thüringen berät über Koalitionsverhandlungen
Ergebnisse der Sondierung in Thüringen
BSW nach Sondierungsgesprächen in Thüringen
CDU nach Sondierungsgesprächen in Thüringen

Sieben Wochen nach der Landtagswahl in Thüringen sind die Chancen gestiegen, dass es zu Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, BSW und SPD kommt. Thüringens Sozialdemokraten gaben am Samstag wie zuvor die CDU den Weg für eine mögliche Brombeer-Koalition frei. Zudem beschlossen sie eine Mitgliederbefragung, wenn ein Koalitionsvertrag vorliegt, wie SPD-Chef Georg Maier nach einer Vorstandssitzung in Erfurt sagte. 

Das BSW ist nach Angaben von Landeschefin Katja Wolf ebenfalls zu Koalitionsverhandlungen bereit - vorausgesetzt, es kommt zuvor zu einer Einigung mit den beiden anderen Partnern zu den bisher strittigen friedenspolitischen Forderungen der Wagenknecht-Partei.

Sie sollen in die Präambel eines möglichen Koalitionsvertrags aufgenommen werden. Gespräche sind noch in der ersten Wochenhälfte geplant, hieß es in Erfurt. 

Voigt sieht Fortschritte bei Regierungsbildung

«Es ist ein starkes Signal, dass sich mit der Zustimmung von CDU, BSW und SPD zu den Sondierungsergebnissen alle drei Partner auf den Weg zu einer Regierung machen», sagte CDU-Chef Mario Voigt am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Die drei Parteien würden sich hinter gemeinsamen Thüringer Projekten versammeln, die Veränderungen in der Politik und Verbesserungen für die Bürger bringen sollen. «Das ist ermutigend.» Das sollte auch der Geist der Präambel sein, über die in dieser Woche gesprochen werde. «Dass darin auch Frieden eine Rolle spielt, war ja bereits verabredet», sagte Voigt. Er sieht nach dem Wochenende Fortschritte bei der Regierungsbildung.

SPD-Chef Maier äußerte sich ebenfalls zuversichtlich, dass auch zur Friedenspolitik ein Kompromiss gefunden wird. Er sei beauftragt, die Verhandlungen für die SPD zu führen. «Ich glaube an einen Kompromiss. Das wird nicht einfach werden. Aber wir müssen nach vorn schauen.» Es habe bereits in den Sondierungsverhandlungen schwierige Momente gegeben, «wir haben aber immer wieder Lösungen gefunden». Die Stationierung von US-Raketen, gegen die das BSW ist, sei nach dem Zwei-plus-vier-Vertrag in Thüringen ohnehin völkerrechtlich nicht möglich. 

«Es geht um Thüringen, verdammt noch mal!»

Maier räumte ein, dass die BSW-Forderung überraschend gekommen sei, «weil wir etwas anderes verabredet hatten». Laut Sondierungspapier, das von den drei Parteien als Grundlage für Koalitionsverhandlungen akzeptiert wird, war eine Passage zur Friedenspolitik in der Präambel eines Koalitionsvertragens geplant. Das strittige Thema sollte allerdings erst später verhandelt werden.

Er sehe in der Forderung des BSW-Vorstands aber keinen Affront, sagte Maier. «Man sollte das nicht höher hängen, als es ist.» Kritik übte der SPD-Chef an BSW-Bundeschefin Sahra Wagenknecht. «Ich finde Äußerungen von außerhalb nicht zielführend. Es geht um Thüringen, verdammt noch mal!» Maier sprach von Querschüssen aus Berlin. Dem Thüringer BSW mit seiner Landesvorsitzenden Wolf bescheinigte er, zielführend und pragmatisch zu agieren. 

BSW will in Thüringen mitregieren 

Wolf äußerte sich ebenfalls kompromissbereit bei einer Verständigung mit CDU und SPD zu den friedenspolitischen Forderungen ihrer Partei. «Die Präambel ist wichtig – aber es geht nicht ohne Kompromisse. Es ist wie eine saure Zitrone, in die jeder von uns beißen und ungefähr denselben Schmerz empfinden wird», sagte sie «Zeit online». 

Zum möglichen Inhalt des Passus sagte Wolf: «Die komplette Ablehnung von Waffenlieferungen würden CDU und SPD nicht mittragen können. Aber wir sprechen uns gegen die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen auf Thüringer Boden aus.» BSW-Bundeschefin Sahra Wagenknecht sagte dagegen im ARD-«Bericht aus Berlin» auf eine Frage nach der Präambel: «Niemand plant, Mittelstreckenraketen in Thüringen zu stationieren.» Es gehe um «die Mittelstreckenraketen, die in Wiesbaden stationiert werden». 

Sie forderte zudem Abgrenzung zum Kurs von CDU-Chef Friedrich Merz in der Ukraine-Politik: «Nach der entsetzlichen Rede von Friedrich Merz diese Woche im Bundestag, in der er faktisch einen Kriegseintritt Deutschlands gegen Russland gefordert hat, können wir mit seiner Partei nur in Koalitionen eintreten, wenn die Landesregierung sich von solchen Positionen klar abgrenzt», sagte sie dem «Spiegel». Merz hatte eine Ansage an Kremlchef Wladimir Putin gefordert, dass die Reichweitenbegrenzung für an die Ukraine gelieferte Waffen aufgehoben werde, wenn er Angriffe gegen die zivile ukrainische Infrastruktur nicht einstellt.

BSW-Landesvorsitzende: «Frau Wagenknecht weiß, wie ich ticke»

Wolf machte erneut deutlich, dass ihre Partei in Thüringen mitregieren will. «Es gibt in Thüringen keine Alternative zu einer stabilen Landesregierung.» Das sei auch der Bundesvorsitzenden Sahra Wagenknecht bewusst. «Frau Wagenknecht weiß, wie ich ticke.» Sie sehe sich nicht als Antipode zu Wagenknecht, so die BSW-Landes- und Fraktionsvorsitzende. 

Sie beide seien «einfach auf unterschiedlichen Spielfeldern unterwegs» – Wagenknecht sei auf die Bundestagswahl fokussiert «und hat Sorge, dass wir durch unseren pragmatischen Thüringer Stil ihr Wahlkampfkonzept einer klaren Abgrenzung zu anderen Parteien kaputt machen. Aber diese Sorge ist unbegründet».

Die Mehrheitsverhältnisse im Thüringer Landtag sind nach der Wahl Anfang September kompliziert. Das mögliche neue Regierungsbündnis, das die rot-rot-grüne Regierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) ablösen will, hat keine Mehrheit im Landtag. Es verfügt über 44 von 88 Sitzen. Das Patt kann nur mit mindestens einer Stimme der Opposition aufgelöst werden. Stärkste Fraktion ist erstmals in einem Bundesland die AfD mit Rechtsaußen Björn Höcke an der Spitze.

© dpa
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