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Experten sehen Lücken bei Beratung von Sexarbeiterinnen

Seit mehreren Jahren gibt es eine gesetzliche Grundlage für mehr Schutz für Prostituierte. Können Behörden die Beratungspflicht angesichts von sprachlichen Hürden eigentlich umsetzen?
Prostituierte in einem Bordell
Demonstration von Sexarbeiterinnen

Sexarbeiterinnen müssen sich nach dem Prostituiertenschutzgesetz bei den Behörden anmelden und auch beraten werden, um legal arbeiten zu können – im Rahmen der Beratungspflicht durch die Behörden gibt es aus Expertensicht erhebliche Löcher. Verschiedene Ordnungsämter hätten für Dolmetscherdienste keine Mittel zur Verfügung, sagte die Leiterin der AWO-Beratungsstelle Magdalena, Yvonne Joachim, nach einem Dialogforum zu Lebenswelt und Perspektiven in der Sexarbeit. «Wir sehen das kritisch.» Schließlich gehe es bei den Beratungsgesprächen auch um den Aspekt der freiwilligen Ausübung der Prostitution und die Überprüfung der Arbeitsbedingungen, es werde auf Unterstützungsangebote hingewiesen.

Die Frauen könnten auch Freundinnen oder Kolleginnen zu den Gesprächen mitbringen, sagte Joachim. Es müsse aber sichergestellt sein, dass diese im Sinne der Sexarbeiterinnen handelten. Vielfach handelt es sich bei Sexarbeiterinnen um nicht deutsche Frauen. Die Leiterin der Beratungsstelle Magdalena betonte den Schutzaspekt der gesetzlichen Regelungen.

Blick in die Kommunen

Eine stichprobenartige Nachfrage in Kommunen zeigte ein unterschiedliches Bild: Im Altmarkkreis Salzwedel etwa führte das Amt für Verbraucherschutz und Gesundheit 2023 18 Beratungen durch, in diesem Jahr bisher 23, wovon 96 Prozent nicht deutsche Menschen waren. «Wenn Sprachbarrieren vorhanden sind, erfolgt die Beratung mittels Telefon-Dolmetscher», hieß es aus Salzwedel weiter. 

Aus Halle hieß es: «Die Sprachbarriere stellt eine große Hürde im Rahmen der Beratungssituation dar.» Die Finanzierung einer Sprachmittlung im Rahmen der gesundheitlichen Beratung nach dem Prostituiertenschutzgesetz sei im Gesetz nicht eindeutig geklärt. «Die Übersetzungsarbeit erfolgt durch frei zugängliche Übersetzungsmedien im Internet», erklärte ein Sprecher. In Halle habe es im vergangenen Jahr 57 Anmeldungen gegeben, in diesem Jahr seien es bislang 62. Der Anteil der nicht deutschen Menschen schwanke jährlich zwischen 70 und 80 Prozent.

Sachsen-Anhalts Landesgleichstellungsbeauftragte Sarah Schulze erklärte: «Die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Sexarbeitenden sind vielschichtig und divers. Sie benötigen Zugang zu medizinischer Versorgung und unterschiedlichen Präventions-, Beratungs- und Unterstützungsangeboten.» Yvonne Joachim wies auf vielfach fehlende Krankenversicherungen hin, daraus folgten nicht nur gesundheitliche Probleme, sondern auch Schulden.

Ende 2023 waren bundesweit 30.600 Prostituierte, davon ein Fünftel mit deutscher Staatsangehörigkeit, bei Behörden angemeldet. Das waren 8,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Vor der Corona-Pandemie hatten die Zahlen dem Statistischen Bundesamt zufolge deutlich höher gelegen.

© dpa
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