Beim Ziel eines bedarfsgerechten ÖPNV sind sich Regierung und Opposition einig, bei der Frage des richtigen Weges nicht: Der Mobilitätsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtages hat in einer Sondersitzung über die Nahverkehrspolitik gestritten.
Für die oppositionelle CDU-Fraktion, die die Sitzung beantragt hatte, kritisierte der Abgeordnete Markus Wolf in Mainz, ausgerechnet in einer Zeit der ausgerufenen Mobilitätswende drohe eine Ausdünnung des ÖPNV-Angebots. Mobilitätsministerin Katrin Eder (Grüne) verwies auf stark gestiegene Kosten für Personal und Energie, angesichts dessen gehe es um gewisse Anpassungen beim Angebot, mitnichten aber um das pauschale Streichen von zehn Prozent aller Buslinien.
Die Kostensteigerungen seien kein rein rheinland-pfälzisches Problem, betonte Eder. Alle Länder und Kommunen stünden vor extremen Herausforderungen. Es dürfe aber nicht vergessen werden, dass in Rheinland-Pfalz im geplanten Doppelhaushalt 2025/26 so viel Geld wie nie für den ÖPNV vorgesehen sei - in beiden Jahren über 320 Millionen Euro mehr als zuvor an originärem Landesgeld.
Gefahrene Buskilometer in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen
Außerdem seien die pro Jahr gefahrenen Buskilometer im Land von einer Million im Jahr 2016 auf heute 33 Millionen gesteigert worden, beim Schienenpersonennahverkehr seien aus etwa 38 Millionen Kilometern 2016 in diesem Jahr bereits rund 42 Millionen geworden, rechnete die Ministerin vor. Die Mobilität vieler Menschen sei deutlich verbessert worden.
Dass das ländlich geprägte Rheinland-Pfalz dennoch nach wie vor auch ein Autoland ist, zeigten zuletzt Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Demnach kamen hier Anfang des Jahres auf 1.000 Menschen 630 angemeldete Autos bei einem Bundesschnitt von 580 - ähnliche viele Autos gibt es sonst nur im Saarland, in Bayern und in Baden-Württemberg. Vor zehn Jahren hatte der Wert in Rheinland-Pfalz noch bei 587 Autos auf 1.000 Bewohner gelegen.
Eder sagte im Ausschuss, dass derzeit angesichts höherer Kosten geschaut werde, wo an einzelnen Stellen das ÖPNV-Angebot angepasst werden könne, sei völlig normal. «Der ÖPNV ist nicht statisch, sondern immer ein lebendiges System.» Im Rahmen der oft langlaufenden Verträge für Linien seien Anpassungen im Angebot von maximal zehn Prozent möglich, genau darum gehe es. Deswegen werde auf die Entwicklung von Fahrgastzahlen auf einzelnen Linien geschaut. Explizit gehe es nicht um ein Abhängen des ländlichen Raumes.
Opposition vermisst Perspektive für den ländlichen Raum
Genau auf den zielte CDU-Vertreter Wolf ab. Wo blieben denn die Perspektiven für den ländlichen Raum, fragte er. Es sei doch keine Lösung, als Ministerium zu sagen, man gebe mehr Geld, aber es reiche am Ende trotzdem nicht. Vertreter der Ampel-Fraktionen warfen der Opposition vor, den Nahverkehr schlecht zu reden. SPD-Vertreter Benedikt Oster sprach von einer regelrechten «Negativkampagne» gegen den ÖPNV.
Wie wichtig die zu 100 Prozent vom Land bezahlten Bus-Regiolinien sind, die Bahnhöfe verbinden und damit Anschlüsse an den Schienenverkehr ermöglichen sollen, unterstreicht der Verkehrsverbund Region Trier (VRT). Die Bus-Regiolinien seien das Rückgrat der Busnetze, das dürfe nicht zusammenbrechen.
Mögliche Einsparungen beim Angebot erfolgten nur auf Grundlage einer genauen Evaluation der Busnetze etwa mit neuen Fahrgast-Zählsystemen. Es müsse sensibel geprüft werden, auf welche Fahrten verzichtet werden könne und wo etwa als Alternative zu Linienfahrten Rufbus-Angebote sinnvoll sein könnten, erklärte der VRT.
Der Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Rhein-Mosel (VRM), Stephan Pauly, hatte kürzlich in der «Rhein-Zeitung» gesagt, die Entscheidung, wo Leistungen weggenommen würden und in welchem Umfang, sei Aufgabe der Politik. Pauly betonte, Leistungskürzungen von zehn Prozent bedeuteten nicht automatisch, dass Kosten um zehn Prozent reduziert werden könnten.
Kollektive Kritik am Bund
Einigkeit herrscht darin, dass der Bund mehr Geld geben muss. Von ihm kommen die für die Finanzierung des ÖPNV wichtigen Regionalisierungsmittel. Der Verkehrsverbund Region Trier teilte mit: «Wir bedauern, dass das Bundesverkehrsministerium keine ausreichenden Anpassungen der Regionalisierungsmittel vorgenommen hat, trotz der erheblichen Kostensteigerungen im ÖPNV, und somit zu einer Verschärfung der finanziellen Lage beiträgt.»
Ministerin Eder erklärte im Ausschuss, die Länder hätten bereits im Jahr 2022 eine deutliche Steigerung der Regionalisierungsmittel um insgesamt drei Milliarden Euro gefordert, die letztlich beschlossene Erhöhung um eine Milliarde sei durch die gestiegenen Kosten für den ÖPNV direkt wieder aufgebraucht worden. Hätte es damals drei Milliarden Euro mehr gegeben, würde man heutzutage andere Diskussionen führen, sagte Eder.