Nach Drohschreiben mit rechtsradikalen Äußerungen ist für knapp 18.000 Schülerinnen und Schüler in Duisburg zum Wochenstart die Schule geschlossen geblieben. Die zuständige Bezirksregierung hatte als Vorsichtsmaßnahme entschieden, an 17 Schulen am Montag den Präsenzunterricht ausfallen zu lassen. Am Dienstag werde der Unterricht aber wieder vor Ort stattfinden, teilte die Schulaufsichtsbehörde mit. Um das Sicherheitsgefühl der Schulgemeinschaften zu stärken, werde die Polizei an den Schulen Präsenz zeigen, hieß es weiter.
Zwei Schreiben an eine Schule in Duisburg mit bedrohlichem und rechtsradikalem Inhalt hatten die Bezirksregierung am Wochenende zur Entscheidung veranlasst, alle 17 betroffenen Schulen - 15 Gesamt- und zwei Sekundarschulen - sicherheitshalber zu schließen.
Zwar betonte die Polizei schnell ihre Zweifel an der Ernsthaftigkeit der angekündigten Taten. Die Verunsicherung bei Schülern, Lehrern und Behörden war aber spürbar. Wer oder was genau hinter den Schreiben steckt, ist nun Gegenstand der Ermittlungen des Staatsschutzes.
Zwei Schreiben - eines betrifft mehrere Schulen
Bereits am Freitag war der Polizei zufolge bei der Schulleitung der Gesamtschule-Mitte ein erstes Schreiben mit «bedrohlichen und rechtsradikalen Äußerungen» eingegangen. Der unbekannte Absender habe Straftaten für diesen Montag in der Bildungseinrichtung angekündigt. Am Sonntag habe dieselbe Schule dann erneut ein Schreiben mit bedrohlichen Inhalten erhalten, die weitere Schulen im Duisburger Stadtgebiet betrafen.
Schulaufsicht setzt auf Vorsicht
In einer Stellungnahme sprach eine Sprecherin der Schulaufsicht am Montag von einer «unklaren Bedrohungslage». «Aus Gründen äußerster Vorsicht und zum umfassenden Schutz» von Schülern und Lehrkräften habe man sich für eine Aussetzung des Präsenzunterrichts entschieden.
Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) befürwortete die Entscheidung, den Präsenzunterricht ausfallen zu lassen. «Sicherheit geht vor», teilte er in einer Stellungnahme bei Facebook mit.
Die Polizei hatte von Anfang an im engen Austausch mit der Schulaufsicht gestanden, hieß es. Die Experten des Staatsschutzes seien nach Betrachtung der Gesamtlage zu der Einschätzung gekommen, dass «nicht von einer Ernsthaftigkeit der angekündigten Taten auszugehen ist», so die Polizei in einer Mitteilung am Sonntag. Um ein mögliches Restrisiko zu minimieren, wolle man aber am Montag Präsenz zeigen.
Keine ernsthafte Bedrohung, aber ernste Ermittlungen
Tatsächlich beschränkte sich der sichtbare Polizeieinsatz am Montag auf eine verstärkte Streife an den geschlossenen Schulen. «Die betroffenen Schulen werden regelmäßig von Polizeikräften angefahren, um nach dem Rechten zu sehen», sagte ein Sprecher der Polizei am Montag. Man sehe nach aktueller Bewertung der Informationslage keinen Anlass für eine Verstärkung der Maßnahmen. Intensiv ermittelt werde aber zum möglichen Absender, so der Sprecher.
«Jede Drohung dieser Art begründet den Anfangsverdacht einer Störung des öffentlichen Friedens», hatte die Polizei bereits am Sonntag in ihrer Mitteilung betont. Nach Bekanntwerden der Drohung habe der Staatsschutz unverzüglich die Ermittlungen aufgenommen. Am Montag sei kein weiteres Schreiben eingegangen, hieß es am Vormittag.
Verunsicherung auch an weiteren Schulen
Die Nachricht von den Schulschließungen hatte am Wochenende in der 500.000-Einwohner-Stadt schnell die Runde gemacht. Einige Schulen informierten auf ihrer Internetseite über die Bedrohungslage und den Ausfall des Präsenzunterrichts.
Betroffen waren nach Auskunft der Bezirksregierung keine Gymnasien oder Grundschulen. Vereinzelt hatten aber auch Einrichtungen anderer Schulformen laut Mitteilungen auf Homepages oder in Elternbriefen den Präsenzunterricht abgesagt oder Schülern und Schülerinnen freigestellt, zu kommen.
Vorfall löst Debatten zur rechtsradikalen Bedrohungslage aus
Bezirksschülervertreter Florim Iseini berichtete von großer Sorge in der Schulgemeinde - auch bei Eltern von Schülern anderer Schulformen und ihren Kindern. Bei der Bezirksschülervertretung seien Dutzende Nachrichten eingegangen, weil man nicht wisse, wie mit der Situation umzugehen sei, sagte er dem WDR. Gerade bei einer Schülerschaft mit Migrationsgeschichte sei die Verunsicherung groß, da es um rechtsradikale Drohungen gegangen sei.
Die SPD als Opposition im nordrhein-westfälischen Landtag nahm den Vorfall zum Anlass eine Sondersitzung des Schulausschusses zu beantragen. Dort soll die Landesregierung erläutern, welche Schlussfolgerungen sie aus der rechtsextremistischen Bedrohungslage an den Duisburger Schulen ziehe.
Auch Ayla Celik, NRW-Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), hält den Vorfall für «symptomatisch» in einer herausfordernden Zeit für die Demokratie: «Wir müssen in den Schulen unsere Kinder und Jugendlichen aufklären und sie demokratiefähig machen», sagte sie den NRW-Lokalradios. Ansonsten laufe man Gefahr, dass viele Jugendliche den falschen auf den Leim gingen, sagte sie mit Blick auf die rechtsradikalen Äußerungen in dem Schreiben.