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Weiterer Prozess um Umsturzplan von «Reichsbürgern»

Eine Gruppe von «Reichsbürgern» soll einen Umsturz in Deutschland geplant haben. In einem Prozess in Hamburg räumt ein 66-Jähriger eine Unterstützung des Vorhabens ein - und distanziert sich zugleich.
Prozess
Der Angeklagte im Hanseatischen Oberlandesgericht. © Daniel Bockwoldt/dpa

Ein weiterer Prozess um Umsturzpläne sogenannter Reichsbürger hat in Hamburg mit einem weitgehenden Geständnis des Angeklagten begonnen. Die Anklagevorwürfe seien zutreffend, hieß es in einer Erklärung, die seine Verteidigerin vor dem Staatsschutzsenat am Hanseatischen Oberlandesgericht verlas.

Der 66-Jährige machte sich jedoch nicht die Bewertung der «Reichsbürger»-Gruppe durch die Hamburger Generalstaatsanwaltschaft zu eigen. In Koblenz stehen Mitglieder der Vereinigung «Vereinte Patrioten» seit über einem Jahr ebenfalls vor Gericht.

Die Anklage wirft dem Schleswig-Holsteiner aus dem Raum Bad Bramstedt vor, eine terroristische Vereinigung unterstützt und ein hochverräterisches Unternehmen vorbereitet zu haben. Die auch als sogenannte «Kaiserreichsgruppe» bekannte Vereinigung habe das Ziel verfolgt, in Deutschland ein autoritär geprägtes Regierungssystem nach dem Vorbild der Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 zu errichten.

Segeltour nach Kaliningrad

Der Angeklagte soll sich bereiterklärt haben, mit anderen per Schiff in russische Hoheitsgewässer bei Kaliningrad einzudringen. Nach Aufbringung ihres Segelboots durch die russische Marine hätten die Seefahrer als Delegation Kontakt zum russischen Präsidenten aufnehmen wollen. Die Gruppe habe sich von Wladimir Putin Unterstützung erhofft.

Lauterbach-Entführung und Blackout geplant

Vor dem Umsturz wollte die Vereinigung nach Angaben der Hamburger Generalstaatsanwaltschaft einen länger andauernden und flächendeckenden Stromausfall in Deutschland herbeiführen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sollte von Bewaffneten während einer live übertragenen Talkshow entführt werden. Die Umstürzler hätten Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für abgesetzt erklären wollen. Eine konstituierende Versammlung hätte eine neue Führung bestimmen sollen. Ein Mitglied der Koblenzer Gruppe und der Angeklagte seien sich einig gewesen, dass die Staatsform eine parlamentarische Monarchie sein sollte, hieß es in der Anklage. 

Pistole und Munition gefunden

Der Beschuldigte sei beauftragt gewesen, Waffen zu beschaffen. In seinem Wohnmobil habe er in einem Schließfach eine Pistole und über 100 Schuss Munition verwahrt. Bei seiner Verhaftung am 29. November 2023 sei Gewehrmunition in einem Werkzeugschrank im Keller seiner Wohnung gefunden worden. 

Angeklagter wollte Verfassungsschutz warnen

Der Plan für einen großen Stromausfall sei ihm zu weit gegangen, erklärte er. Waffen habe er zwar besorgen wollen, aber nicht für den Umsturz. Er habe beim Verfassungsschutz angerufen, um die Behörde zu warnen. Nach Angaben eines Gerichtssprechers wandte sich der Angeklagte zweimal an den Verfassungsschutz, ohne allerdings zu einem Mitarbeiter durchgestellt zu werden. Seine Angaben seien der Behörde «zu unspezifisch» erschienen. 

Ist «Kaiserreichsgruppe» eine terroristische Vereinigung? 

Im Prozess werde es sehr darauf ankommen, dass das Gericht die «Kaiserreichsgruppe» als terroristische Vereinigung einstufe, erläuterte der Gerichtssprecher. Nur dann könnte der Angeklagte in Hamburg wegen Unterstützung einer solchen Vereinigung verurteilt werden. Bei der Bewertung werde der Staatsschutzsenat zwar ein mögliches Urteil des Oberlandesgerichts in Koblenz berücksichtigen, aber das Hamburger Gericht müsse zu einer eigenen Bewertung kommen.

Weitere Prozesse gegen Reichsbürger

Zurzeit laufen weitere Verfahren gegen «Reichsbürger». Seit vergangenem Dienstag läuft vor dem Oberlandesgericht Frankfurt der Prozess um die Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß. Die Gerichtsverhandlung um den militärischen Arm der Gruppe «Reuß» hatte Ende April in Stuttgart begonnen. Die übrigen mutmaßlichen Mitglieder der Reuß-Gruppe sollen sich ab 18. Juni in München vor Gericht verantworten.

© dpa
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