Nach dem mutmaßlich rassistischen Angriff auf zwei ghanaische Kinder in Grevesmühlen (Mecklenburg-Vorpommern) hat die Polizei diverse Hinweise erhalten. Darunter seien auch Hinweise auf Menschen, die möglicherweise an der Tat beteiligt waren, sagte ein Sprecher der Leitstelle des Polizeipräsidiums Rostock der Deutschen Presse-Agentur. Die Ermittlungen seien sehr umfangreich und würden noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Es habe zudem Hinweise gegeben, dass auf dem Stadtfest in Grevesmühlen (13. bis 16. Juni) rassistische Parolen zu einer bekannten Melodie von Gigi D'Agostino gesungen worden sein sollen. Im Zusammenhang mit dem Lied «L’amour toujours» gibt es immer wieder Schlagzeilen, weil zuletzt vielerorts Menschen dazu rassistische Parolen gebrüllt hatten.
Nach Polizeiangaben waren ein achtjähriges Mädchen und seine zehn Jahre alte Schwester am Freitagabend gegen 19.30 Uhr aus einer Gruppe von etwa 20 Jugendlichen und Heranwachsenden heraus angegriffen worden. Dem jüngeren Mädchen sollen die Angreifer unter anderem ins Gesicht getreten haben. Als die Eltern der Kinder hinzukamen, soll es nach Polizeiangaben auch mit diesen zu einer Auseinandersetzung gekommen sein. Die Achtjährige und der Vater wurden leicht verletzt und kamen in ein Krankenhaus.
Als die Beamten vor Ort eintrafen, soll eine Person aus der Gruppe die Opfer beim Weggehen auch rassistisch beleidigt haben. Aus der Gruppe hätten sich bis zu acht Menschen an der Attacke beteiligt, schilderte die Polizei. Sie ermittelt nun wegen Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung, Volksverhetzung und Beleidigung. Die Beamten suchen Zeugen des Vorfalls.
Entsetzen nach Bekanntwerden des Falls
Politiker verurteilten die Attacke aufs Schärfste. «Kinder rassistisch zu beschimpfen und brutal zu attackieren, zeugt von dumpfem Hass und unfassbarer Unmenschlichkeit», schrieb etwa Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf X. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) erklärte auf der Plattform: «Wir dürfen nicht zulassen, dass Hass & Hetze unsere Gesellschaft vergiften und Gewalt unsere Kinder bedroht.» Ihre Gedanken und ihr Mitgefühl seien bei den betroffenen Kindern und ihrer Familie. «Diese abscheuliche Tat muss rasch Konsequenzen haben. Rassismus und Gewalt sind widerlich. Das gilt erst recht, wenn Kinder angegriffen werden.»
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel (SPD) betonte, «man greift keine Menschen an, erst recht keine Kinder und schon gar nicht aus rassistischen Motiven». Grevesmühlens Bürgermeister Lars Prahler sagte NDR 1 Radio MV, «diese rassistisch motivierte Tat macht mich einfach fassungslos. Das zeugt von bodenlosem Hass und enthemmter Unmenschlichkeit und lässt sich nicht entschuldigen».
Der Landrat von Nordwestmecklenburg, Tino Schomann (CDU), sprach von einem nicht zu tolerierenden Grenzübertritt. «Verabscheuungswürdige Taten wie diese lassen mich sprachlos zurück».
Weitere Vorfälle im Nordosten
Die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern meldete am Wochenende mehrere weitere Vorfälle mit mutmaßlich rassistischem oder volksverhetzendem Hintergrund. In Schwerin beobachtete eine Zeugin, wie etwa 20 Männer auf der Schlossbrücke den Hitlergruß gezeigt haben sollen.
Nach einer Auseinandersetzung, bei der ein Mann in der Nacht zum Samstag in Penkun verletzt wurde, hat der Staatsschutz Ermittlungen wegen Verdachts der Volksverhetzung eingeleitet. Laut Polizei hatten nach Zeugenaussagen einige Personen auf einer Festwiese kurz vor der Tat zur Melodie von Gigi D'Agostino den Text «Ausländer raus - Deutschland den Deutschen» gerufen.
Bei der Auseinandersetzung danach sollen sechs bis sieben Menschen einen 24 Jahre alten Deutschen angegriffen und im Gesichtsbereich verletzt haben. «Der Geschädigte hat ein südländisches Aussehen, einen Zusammenhang mit dem Grölen der Parolen und der Straftat wird nicht ausgeschlossen», teilte die Polizei mit.
Bereits am Freitagabend gab es in Warnemünde nach rechten Parolen nach dem EM-Auftakt der deutschen Mannschaft einen größeren Polizeieinsatz am Bahnhof.