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Bundesverfassungsgericht: Bundestag für Grundgesetzänderung

Mit breiter Mehrheit billigt der Bundestag eine Reform, die das Verfassungsgericht vor Einflussnahme und Blockade schützen soll. Nur AfD und BSW sind davon nicht überzeugt.
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Der Bundestag hat zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts einer Grundgesetzänderung zugestimmt. Zentrale Vorgaben zur Struktur und Arbeitsweise des Gerichts werden ins Grundgesetz aufgenommen. Das beschloss der Bundestag mit den Stimmen von SPD, Union, Grünen, FDP und der Gruppe Die Linke. 

600 Abgeordnete stimmten nach den Worten von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) dafür, 69 Abgeordnete votierten dagegen. Damit wurde die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht. 

Die Reform sei notwendig, um kein Einfallstor für die Feinde der Demokratie offenzulassen, betonte Bundesinnenministerin Nancy Faeser in der abschließenden Debatte. Die SPD-Politikerin erinnerte an die gescheiterte Weimarer Demokratie. Sie sagte, dies sei damals ein Scheitern gewesen, «das nicht zuletzt ein Scheitern der Demokratinnen und Demokraten war, weil sie es versäumt haben, die notwendigen Schritte in die Wege zu leiten, um ihre Demokratie zu schützen und zu verteidigen, weil sie ihre Institutionen nicht robust gegen Angriffe aufgestellt haben».

Änderungen künftig nur noch mit Zwei-Drittel-Mehrheit

Unter anderem die zwölfjährige Amtszeit der Richter, der Ausschluss einer Wiederwahl sowie die Altersgrenze der Richter von 68 Jahren sollen im Grundgesetz verankert werden. Bisher ist das im Bundesverfassungsgerichtsgesetz geregelt, das mit einfacher Mehrheit geändert werden könnte, anders als das Grundgesetz. Hier ist immer eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich.

Ins Grundgesetz soll auch die Festlegung auf 16 Richter und zwei Senate. Damit die Arbeitsfähigkeit des Gerichts in keinem Fall gefährdet ist, soll im Grundgesetz künftig außerdem stehen, dass ein Richter seine Amtsgeschäfte bis zur Wahl eines Nachfolgers weiterführt. Das Gleiche gilt für die Geschäftsordnungsautonomie des Bundesverfassungsgerichts. Um für den Fall einer Sperrminorität bei der Richterwahl gewappnet zu sein, soll ein Ersatzwahlmechanismus eingeführt werden. Falls keine Zwei-Drittel-Mehrheit zustande kommt, soll das Wahlrecht vom Bundestag auf den Bundesrat übergehen und umgekehrt. Das soll eine dauerhafte Blockade verhindern.

Die Details zu dieser neu geschaffenen Möglichkeit haben die Initiatoren der Reform ins Bundesverfassungsgerichtsgesetz eingefügt, über das am Donnerstag getrennt abgestimmt wurde. Auch hier stimmte eine große Mehrheit für den Entwurf.

Der Bundesrat muss dem Gesetzesvorhaben, das die Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit des Gerichts auch in politisch stürmischen Zeiten sicherstellen soll, noch zustimmen. Er wird sich mit der Reform bereits an diesem Freitag beschäftigen. Das ist möglich, weil die Länder einer Fristverkürzung zugestimmt haben. Es wird auch im Bundesrat mit einer breiten Mehrheit gerechnet.

«Dann gehe ich bis nach Karlsruhe» 

Der Justiziar der Unionsfraktion, Ansgar Heveling (CDU), sagte, das Bundesverfassungsgericht sei eine anerkannte Institution, die sich bewährt habe. «Dann gehe ich bis nach Karlsruhe», sei zu einem geflügelten Wort geworden.

Konstantin von Notz (Grüne) attackierte in seiner Rede über die Ziele der Reform AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). «Ihre Russland-Nähe ist unerträglich», rief er den Abgeordneten der AfD-Fraktion zu. Stephan Brandner (AfD) kritisierte das Gesetzvorhaben und sprach von einem «Altparteienkartell». 

Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, warnt in ihrer voraussichtlich letzten Bundestagsrede: «Die Justiz steht im Feuer der Antidemokraten.» Ohne ein starkes Verfassungsgericht drohe eine «Diktatur der Mehrheit», sagt die Grünen-Politikerin.

Redaktionshinweis: In einer früheren Version hieß es im letzten Satz des 2. Absatzes: «wie es in Ungarn und Polen unter den inzwischen abgewählten Regierungen zu beobachten war.» Es heißt richtig: «wie es in Ungarn sowie Polen unter der inzwischen abgewählten Regierung zu beobachten war.» Damit wird klargestellt, dass sich die Einordnung allein auf Polen bezieht.

© dpa ⁄ Anne-Beatrice Clasmann, dpa
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