Finanzminister Christian Lindner will die Effekte der hohen Inflation ausgleichen und Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in den nächsten Jahren um 23 Milliarden Euro entlasten. Geplant sei eine Anpassung der Lohn- und Einkommensteuer in drei Schritten bis 2026, sagte der FDP-Chef am Mittwoch in Berlin. Lindner will damit die sogenannte kalte Progression ausgleichen, eine Art schleichende Steuererhöhung, wenn eine Gehaltserhöhung komplett durch die Inflation aufgefressen wird, aber dennoch zu einer höheren Besteuerung führt. Zuerst hatte die «Bild»-Zeitung über die Pläne berichtet.
Lindner sehe trotz der hohen Kosten die laufenden Haushaltsberatungen nicht gefährdet, «wenn die Koalition das Wirtschaftswachstum durch mutige Impulse verstärkt», hieß es aus Regierungskreisen. Der auf den Bund entfallende Anteil sei in der Finanzplanung bereits berücksichtigt. Eine Aktualisierung sei für den Herbst vorgesehen, wenn ein neuer Progressionsbericht vorgelegt wird. Aktuell klafft in den Haushaltsplänen für das kommende Jahr noch eine Finanzierungslücke von um die 25 Milliarden Euro.
Nach Lindners Plänen soll noch in diesem Jahr der Grundfreibetrag der Lohn- und Einkommensteuer rückwirkend zum 1. Januar um 180 Euro auf 11 784 Euro steigen. Bis zu diesem Einkommen fällt keine Steuer an. Die Steuerzahler werden dadurch den Angaben zufolge um zwei Milliarden Euro entlastet.
Grundfreibetrag soll steigen
Ab Januar 2025 soll der Grundfreibetrag um weitere 300 Euro auf 12.084 Euro steigen. Zudem soll dann auch der Tarif der Einkommensteuer verschoben werden - das bedeutet, dass höhere Steuersätze erst bei etwas höherem Einkommen als bislang greifen sollen. Gegenüber dem geltenden Recht bedeute das eine Steuerentlastung um acht Milliarden Euro, hieß es. Für das Jahr 2026 sei eine weitere Erhöhung des Grundfreibetrags um 252 Euro auf dann 12 336 Euro vorgesehen. Auch der Steuertarif soll erneut verschoben werden. Die jährliche Steuerentlastung steige dann auf gut 13,3 Milliarden Euro.
In der Ampel-Koalition stoßen Lindners Pläne allerdings auf Kritik. «Vorschläge, die zweistellige Milliardenbeträge für Bund, Länder und Kommunen kosten und vor allem die Reichsten im Land entlasten, passen nicht in die Zeit», sagte der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Andreas Audretsch der Deutschen Presse-Agentur. Die Haushaltslage sei extrem schwierig - und im Mittelpunkt müssten jetzt die Ukraine und Hilfen für die Hochwasser-Opfer stehen. «Die Schäden in den Flutgebieten werden weitere Kosten in Milliardenhöhe für Bund, Länder und Kommunen nach sich ziehen», warnte Audretsch.
Der Unionsabgeordnete Sebastian Brehm (CSU) dagegen bezeichnete die Entlastung als unzureichend. Lindner tue gerade einmal, was er laut Grundgesetz ohnehin unbedingt tun müsse. «Das ist unambitioniert und kein Grund zum Feiern.»