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Grüne kritisieren Debatte um Rente mit 63

Was wird aus den Rentenplänen der Koalition? Die Ampel-Spitzen versuchen ihre Meinungsverschiedenheiten auszuräumen. Statt einem Ende der Rente mit 63 könnte es andere Neuerungen für Ältere geben.
Älterer Mann
Markus Kurth

In der Debatte um die sogenannte Rente mit 63 rückt die Koalition mehr Anreize für längeres Arbeiten in den Fokus. So sprach sich Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für stärkere derartige Anreize aus. «Das wird nun zwischen dem Bundeskanzler, dem Finanzminister und mir beraten», sagte Habeck dem Magazin «Focus». Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte in der Regierungsbefragung im Bundestag: «Wir brauchen flexible Übergange in den Ruhestand, meinetwegen auch noch stärkere Anreize, auch noch freiwillig länger zu arbeiten, aber keine Leistenschmiede, wo wir alle über einen Leisten ziehen, denn das wäre für viele Menschen nichts anderes als eine Rentenkürzung.»

Damit wandte sich Heil erneut gegen eine Abschaffung der abschlagsfreien Rente nach 45-jähriger Beitragszahlung, wie sie die FDP gefordert hatte. FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner sagte der Funke Mediengruppe, zur Rente mit 63 gebe es viele Ansätze. «Experten haben beispielsweise vorgeschlagen, gesundheitliche Probleme zur Voraussetzung zu machen.» Jedenfalls müsse ein Rentenbeitragssatz von 22 Prozent in den 2030er Jahren abgewendet werden. Aktuell wolle er sich aber auf anstehende Entscheidungen konzentrieren, sagte Lindner mit Verweis auf das Rentenpaket, das im Laufe des Mais beschlossen werden solle. In einem Beschluss des FDP-Präsidiums vom Montag heißt es, die Rente mit 63 setze wie das Bürgergeld Fehlanreize, «die wir uns nicht leisten können».

Auch ohne Abschläge früher in Rente?

Habeck sagte: «Ich verstehe und teile das Ziel der FDP, dass möglichst viele Menschen auch in höherem Alter arbeiten und ihr Wissen und Können einbringen.» Die Grünen im Bundestag warnten zugleich vor einer Abschaffung der sogenannten Rente mit 63. «Eine solche Reform würde keineswegs kurzfristig den Haushalt 2025 sanieren, aber stattdessen zu einem massiven Vertrauensverlust führen», sagte der Rentenexperte der Grünen-Fraktion, Markus Kurth, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. In einem Faktenpapier argumentiert Kurth, nur eine sehr kurzfristige Abschaffung könnte für 2025 noch haushaltswirksam werden. «So schnell könnten die wenigsten Betroffenen noch mit einer Verhaltensänderung reagieren», so der Grünen-Politiker. Stattdessen dürften viele im Fall der Abschaffung mit Abschlägen vorzeitig in Rente gehen - die Einsparungen der Rentenversicherung wären dadurch klein.

Auch ein weniger abruptes Aus für die Rentenart würde Planungen von Arbeitgebern und Beschäftigten aus Sicht Kurths wohl vielfach zuwiderlaufen. «Wenn das Ziel sein soll, möglichst viele Arbeitskräfte so lange wie möglich am Arbeitsmarkt zu halten, müssen wir in Präventions- und Reha-Maßnahmen investieren und flexible Übergänge in die Altersrente ermöglichen.» Kurth wies zudem darauf hin, dass es bereits attraktive Anreize für ältere Erwerbstätige gebe - einen Zuschlag in Höhe von sechs Prozent auf die Rente für jedes Jahr hinausgezögerten Renteneintritts.

Einsparungen von drei Milliarden?

Insgesamt sei die Frage, wie teuer die Rente mit 63 ist, schwer zu beantworten, sagte Kurth. Nicht klar sei, wie viele ohne die Rentenart mit Abschlägen frühzeitig in Rente gehen und wie viele die Rente aufschieben würden. Kurth verwies auf eine Studie, die von jährlichen Sparpotenzialen bei sofortiger Abschaffung von 1,7 bis 3 Milliarden Euro ausgeht – allerdings auf Basis nicht überprüfbarer Annahmen zum Verhalten der Betroffenen, wie Kurth betonte. Zuletzt gab es deutlich mehr als zwei Millionen Nutzerinnen und Nutzer dieser Rentenart. Wie für die reguläre Altersrente wird auch hierbei das Eintrittsalter schrittweise erhöht. Es liegt jetzt bei 64 Jahren und 4 Monate und soll noch bis 65 Jahre steigen.

Rentenpaket soll nun kommen

Nach der jüngsten Verschiebung der Kabinettsbefassung des geplanten Rentenpakets betonte Heil, Lindner und er seien gewillt, die Reform im Mai vorzulegen. «Es ist wichtig, dass wir in dieser Legislaturperiode Klarheit schaffen, was das Rentenniveau betrifft», so Heil. Mit der Reform wollen Heil und Lindner dieses Sicherungsniveau stabilisieren und den erwarteten Anstieg der Rentenbeiträge abbremsen. Das Rentenniveau - aktuell 48,2 Prozent - soll zunächst bis 2040 bei 48 Prozent gehalten werden. Mit den Erträgen einer neuen Kapitalanlage von mindestens 200 Milliarden Euro bis Mitte der 2030er Jahre will die Regierung zudem den erwarteten Anstieg der Beiträge abpuffern. In ihrem Gesetzentwurf rechnen die Ministerien von Heil und Lindner so mit einem Beitragsanstieg von aktuell 18,6 Prozent bis 2045 noch auf 22,3 Prozent.

Habeck zeigte sich überrascht, dass der Streit über die Rente zwischen FDP und SPD jetzt so deutlich ausgetragen werde. «Das Rentenpaket war eigentlich geeint.» In seinem Wirtschaftsministerium habe man damit anfangs ein paar Probleme gehabt, «weil uns die schuldenfinanzierte Aktienrente nicht auf Anhieb überzeugt hat». Mit dem Ergebnis könne man aber leben.

© dpa
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