Nach dem ersten Telefonat von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin seit fast zwei Jahren hat Kiew verärgert reagiert. «Der Anruf von Olaf öffnet meiner Meinung nach die Büchse der Pandora», sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit Nachdruck in seiner abendlichen Videobotschaft. Berlin habe Kiew zwar vorab informiert, aber damit seien nun weitere Gespräche ermöglicht worden.
Scholz habe mit seinem Anruf Putins langgehegten Wunsch erfüllt, Russlands Isolation zu verringern und mit Gesprächen zu beginnen, die zu nichts führen werden. Putin habe dies jahrzehntelang so gemacht, sagte Selenskyj. «Das hat es Russland erlaubt, nichts an seiner Politik zu ändern, im Grunde nichts zu tun, und das führte gerade zu diesem Krieg», betonte der Präsident.
Zugleich bekräftigte Selenskyj, dass der Krieg nicht wie zwischen 2014 und 2022 mit Waffenstillstandsabkommen eingefroren werden dürfe. «Wir wissen, was zu tun ist und warnen: Es wird kein "Minsk 3" geben, wir brauchen einen realen Frieden», unterstrich der Staatschef mit Blick auf die 2014 und 2015 von Deutschland und Frankreich vermittelten Minsker Friedensvereinbarungen für die Ostukraine.
Ein Sprecher des Außenministeriums in Kiew hatte zuvor erklärt, Telefonate mit dem «Diktator» Putin seien bei den Bemühungen um Frieden in der Ukraine nicht hilfreich. Scholz hatte vor seinem Gespräch mit Putin auch mit Selenskyj gesprochen. Es war Scholz' erstes Gespräch mit dem Kremlchef seit Dezember 2022.
Scholz forderte Putin dabei nach Regierungsangaben zu einem Ende des Angriffskriegs gegen die Ukraine auf. Putin hingegen sagte nach Angaben aus Moskau, dass für eine Lösung in dem Konflikt Russlands Interessen berücksichtigt werden müssten.