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Debatte über Abschiebung und Messer-Gesetze nimmt Fahrt auf

Als Tatverdächtiger von Solingen gilt ein Syrer, dessen Abschiebung 2023 gescheitert ist. Vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen werden die Rufe nach einer härteren Migrationspolitik lauter.
Abschiebeflug
Nach der tödlichen Messerattacke von Solingen hat die politische Diskussion über schnellere und mehr Abschiebungen auch nach Syrien und Afghanistan an Fahrt gewonnen. © Michael Kappeler/dpa

Nach dem Messerangriff von Solingen und vor den Landtagswahlen im Osten nimmt die Debatte über schärfere Abschieberegeln und ein strengeres Waffenrecht an Härte zu. CDU-Chef Friedrich Merz verschärfte noch einmal den Ton gegenüber Kanzler Olaf Scholz (SPD) und forderte einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan in Deutschland. In die festgefahrene Ampel-Diskussion über strengere Regeln zum Mitführen von Messern scheint indessen Bewegung zu kommen.

Oppositionsführer Merz schrieb in seinem E-Mail-Newsletter «MerzMail»: «Nach dem Terrorakt von Solingen dürfte nun endgültig klar sein: Nicht die Messer sind das Problem, sondern die Personen, die damit herumlaufen. In der Mehrzahl der Fälle sind dies Flüchtlinge, in der Mehrzahl der Taten stehen islamistische Motive dahinter.» 

Die Koalition habe in den vergangenen Jahren alle Unionsvorschläge abgelehnt. «Spätestens seit diesem Wochenende ist klar: Es reicht. Jetzt ist der Bundeskanzler gefragt», schrieb Merz. Er wiederholte bekannte Unionsforderungen wie Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan. Weitere Flüchtlinge aus diesen Ländern dürfte nicht aufgenommen werden.

Merz an Scholz: Kommen Sie Ihrem Amtseid nach

Merz forderte vom Kanzler, von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen und die Abstimmungen über die notwendigen Gesetze im Bundestag freizugeben, so dass kein Abgeordneter an die sonst übliche Fraktionsdisziplin gebunden ist.

Scholz hatte bereits im Juni nach dem tödlichen Messerangriff von Mannheim angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen.

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese lehnte Merz' Forderung ab, generell keine Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan mehr aufzunehmen. Viele seien gerade vor dem IS zum Beispiel aus Syrien geflohen, sagte der SPD-Innenpolitiker dem «Tagesspiegel». Es sei weiter richtig, Menschen, die tatsächlich Schutz bedürfen, diesen auch zu gewähren. Wiese bekräftigte zugleich die SPD-Position, Straftäter auch nach Syrien und Afghanistan abzuschieben.

Wahlkampf Grund für verstärkte Ankündigungen?

Bei einem Stadtfest in Solingen waren am Freitagabend drei Menschen mit einem Messer getötet worden. Acht Personen wurden verletzt, vier davon schwer. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen den Tatverdächtigen, einen 26-jährigen Syrer, wegen Mordes und wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Ein Versuch, denn Mann abzuschieben, war im vergangenen Jahr gescheitert. 

Hintergrund für die politischen Ankündigungen dürften auch die im September anstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg sein. Politiker in Ampel und Union befürchten ein weiteres Ansteigen der dort ohnehin hohen Zustimmungswerte zu Parteien wie der AfD oder des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW).

Steinmeier für mehr Befugnisse der Sicherheitsbehörden 

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bringt nach dem Messerangriff von Solingen eine Ausweitung von Befugnissen der Sicherheitsbehörden ins Gespräch. Zu einem besseren Schutz vor Angriffen «gehört auch, dass die Sicherheitsbehörden mit den notwendigen Befugnissen ausgestattet werden», sagte er im ZDF-Sommerinterview. Steinmeier forderte mehr Personal für die Sicherheitsbehörden. Bei terroristischer Gefahr sei aber auch eine Ausweitung der Befugnisse etwa des Bundeskriminalamts denkbar. Über ein entsprechendes Gesetzgebungsvorhaben der Bundesregierung müsse jetzt beschleunigt beraten werden.

Faeser: Harte Antwort auf terroristischen Akt

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: «Wir werden als Staat auf diesen terroristischen Akt mit aller notwendigen Härte antworten und die islamistische Bedrohung konsequent bekämpfen.» Es werde intensiv darüber beraten, «welche Instrumente wir zur Bekämpfung von Terror und Gewalt weiter schärfen müssen und welche Befugnisse unsere Sicherheitsbehörden in diesen Zeiten brauchen, um unsere Bevölkerung bestmöglich zu schützen».

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte im ARD-Format «Frag selbst», bei dem Bürger online Fragen an Politiker stellen können, Straftäter müssten sofort in Arrest genommen werden und das Land verlassen, insbesondere in Richtung Syrien und Afghanistan. «Die Wahrheit ist einfach: Wir müssen konsequenter sein», sagte er und fügte hinzu: «Wir müssen der Polizei mehr Möglichkeiten geben, Kontrollen durchzuführen.»

Buschmann kündigt Verhandlungen über Waffenrecht für Messer an

Bundesjustizminister Marco Buschmann kündigte Verhandlungen über das Waffenrecht für Messer an. «Wir werden nun in der Bundesregierung darüber beraten, wie wir den Kampf gegen diese Art der Messer-Kriminalität weiter voranbringen», sagte der FDP-Politiker der «Bild am Sonntag». Bisher hat die FDP Vorschläge von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zu schärferen Verboten abgelehnt.

Zuletzt hatte die Zahl der Messerangriffe in Deutschland deutlich zugenommen. 2023 registrierte die Polizei 8.951 Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung, bei denen Messer zum Einsatz kamen, entweder um jemanden zu verletzen oder damit zu drohen - ein Anstieg um knapp 9,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Die SPD verlangt eine deutliche Verschärfung der Gesetze, ebenso Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und die oppositionelle Unionsfraktion. Nach den Plänen von Faeser sollen Messer in der Öffentlichkeit nur noch bis zu einer Klingenlänge von sechs Zentimetern statt bisher zwölf Zentimetern mitgeführt werden dürfen. Für gefährliche Springmesser soll es ein generelles Umgangsverbot geben. 

Ein Hauptproblem bei möglichen schärferen Regeln zum Mitführen von Messern ist deren Umsetzbarkeit, wie etwa die Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden zur Kontrolle im öffentlichen Raum.

Viel Aufmerksamkeit hatte Ende Mai etwa die Tat eines Afghanen in Mannheim erfahren. Er verletzte fünf Mitglieder der islamkritischen Bewegung Pax Europa und einen Polizeibeamten mit einem Messer. Der Polizist starb später. Mitte Juni wurde ein 27-jähriger Afghane in Wolmirstedt in Sachsen-Anhalt von Beamten erschossen, nachdem er einen 23-Jährigen erstochen und dann auf einer privaten EM-Gartenparty mehrere Menschen verletzt hatte.

© dpa ⁄ Jörg Blank, dpa
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