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Baerbock: Wegen Krisen keine erneute Kanzlerkandidatur

Seit langem wird gerätselt, ob Außenministerin Baerbock bei der Bundestagswahl 2025 wieder als Kanzlerkandidatin der Grünen antreten will. Am Rande des Nato-Gipfels schafft sie Klarheit.
Nato-Gipfel
Außenministerin Annalena Baerbock nimmt derzeit am Jubiläumsgipfel der Nato in Washington teil. In einem CNN-Interview erklärt sie, nicht erneut die Kanzlerkandidatur der Grünen anzustreben. © Kay Nietfeld/dpa

Annalena Baerbock strebt keine erneute Grünen-Kanzlerkandidatur an und will sich auf ihr Amt als Außenministerin konzentrieren. Statt in einer Kanzlerkandidatur gebunden zu sein, wolle sie angesichts der internationalen Krisen ihre Kraft voll ihrer aktuellen Aufgabe widmen, erklärte die Grünen-Politikerin in einem Interview des US-Fernsehsenders CNN am Rande des Nato-Gipfels in Washington. 

«Die Welt ist offensichtlich eine ganz andere als zur letzten Bundestagswahl», sagte Baerbock laut offizieller Übersetzung des Auswärtigen Amts in Berlin. «Im Lichte des russischen Angriffskriegs und nun auch der dramatischen Lage im Nahen Osten braucht es nicht weniger, sondern mehr Diplomatie. Sonst füllen die Lücke andere», ergänzte sie.

«Staatspolitische Verantwortung in extremen Zeiten»

Baerbock fügte in dem von der CNN-Journalistin Christiane Amanpour geführten Interview hinzu: «Daher bedeutet in diesen extremen Zeiten staatspolitische Verantwortung als Außenministerin für mich: Statt in einer Kanzlerkandidatur gebunden zu sein, meine Kraft weiterhin voll und ganz meiner Aufgabe zu widmen, Vertrauen, Kooperation und verlässliche Strukturen zu bilden – für und mit so vielen Partnern weltweit und in Europa, die darauf bauen.» 

Baerbocks Parteikollege, Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck, ist derzeit auf Sommerreise durch mehrere Bundesländer. Nach Baerbocks Interview gab er sioch in Dortmund zurückhaltend auf die Frage, ob er jetzt seine Kanzlerkandidatur erkläre. Baerbock habe dafür gesorgt, dass Deutschland in den letzten Jahren ein Stabilitätsfaktor in der Außenpolitik gewesen sei und nach wie vor sei - sie mache einen hervorragenden Job als Außenministerin, sagte er vor der Skulptur «Hüttenmann», im Hintergrund ein stillgelegter Hochofen. «Alles Weitere werden wir in den Gremien beraten und die richtigen Entscheidungen rechtzeitig verkünden.» Dem Vernehmen nach war er informiert über den Schritt seiner Kollegin. 

Baerbock hatte sich vor der Bundestagswahl 2021 mit Habeck geeinigt, damals als Kanzlerkandidatin der Grünen anzutreten. Die Partei lag zu der Zeit weit über 20 Prozent, derzeit rangiert sie nur bei 11 Prozent. Damals hatte Habeck der «Zeit» nach seinem Verzicht gesagt: «Nichts wollte ich mehr, als dieser Republik als Kanzler zu dienen.» Baerbock versicherte in ihrem jetzigen Interview: «Natürlich werde ich im Wahlkampf alles tun, um meine Partei zu unterstützen, wie ich es das letzte Mal auch getan habe.»

Habeck ist die Lust auf die Kanzlerkandidatur anzumerken

Dass entweder Baerbock oder Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck die Grünen in den nächsten Bundestagswahlkampf führen würden, ist seit Längerem klar. Habeck ist die Lust auf die Kandidatur seit Monaten deutlich anzumerken, auch wenn er das bislang nicht glasklar gesagt hat. Wie auch? Schließlich gibt es da noch Baerbock.

In deren Umfeld hieß es noch im Frühjahr, man wolle am vor zweieinhalb Jahren vereinbarten Verfahren zur Kandidatenaufstellung festhalten. Im September 2022 hatte der Vorstand entschieden, dass die Partei-Basis bei einer Urwahl entscheiden solle, falls es mehrere aussichtsreiche Kandidaten geben sollte. Doch eine Hängepartie, womöglich öffentlich ausgetragen, wollte man gerne vermeiden. Spitzen-Grüne hofften stets, dass die beiden früheren Parteichefs sich gütlich einigen würden.

Grünen-Spitzen loben Baerbocks Entscheidung

Die beiden Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bundestag, Katharina Dröge und Britta Haßelmann, erklärten jeweils auf X, es sei verantwortungsvoll, dass Baerbock sich in dieser Zeit auf die Außenpolitik konzentriere. Sie lobten Baerbock zudem für ihr «Teamplay». «Gut so, für unser Land und für uns Grüne», schrieb Haßelmann. 

Ähnlich äußerten sich die Parteivorsitzenden Omid Nouripour und Ricarda Lang: «So ist Annalena Baerbock, und so schätzen wir sie: mit Verantwortung für das Ganze und als Teamspielerin.» Dank Baerbock sei Deutschland ein verlässlicher Partner in der Welt. «Gerade jetzt braucht Deutschland eine engagierte Außenministerin wie Annalena Baerbock.» Und auch von ihnen hieß es: «Alles Weitere entscheiden wir zum gegebenen Zeitpunkt.»

Hätte Baerbock auf der Kandidatur bestanden, wäre ein Machtkampf mit Habeck kaum vermeidbar gewesen. Das wirft die Frage auf: Wie viel Ärger, wie viel politisches Kapital ist so ein Kampf wert? Und das gerade bei einer Partei, die in den jüngsten Umfragen nur bei 11 Prozent rangiert? 

Baerbock ist für eine Politikerin noch jung

Derzeit scheint abwegig, dass der nächste Kanzler (oder die nächste Kanzlerin) ein grünes Parteibuch haben könnte. Aber es gibt ja noch ein übernächstes Mal. Und Baerbock ist mit 43 Jahren jung für eine Politikerin - vielleicht erklärt auch das den Verzicht.

© dpa ⁄ Jörg Blank und Martina Herzog, dpa
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