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Nato gelingt keine Einigung auf mehrjährige Ukraine-Hilfe

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wollte langfristige Unterstützungszusagen für die Ukraine aushandeln. Ein Teil der Mitgliedstaaten spielt jedoch nicht mit. Nun gibt es einen Kompromiss.
Nato-Außenministertreffen
Jens Stoltenberg
Nato-Flagge

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist mit dem Vorhaben gescheitert, die Bündnisstaaten zu mehrjährigen Zusagen für Militärhilfen für die Ukraine zu bewegen. Die 32 Alliierten konnten sich in Verhandlungen vor dem nächste Woche beginnenden Gipfeltreffen in Washington lediglich darauf verständigen, innerhalb des nächsten Jahres Unterstützung im Umfang von mindestens 40 Milliarden Euro zu leisten. Wie es danach weitergeht, soll beim Gipfel im Jahr 2025 besprochen werden. Er wird von den Niederlanden ausgerichtet.

Unklar bleibt auch, wie eine faire Lastenteilung gesichert werden soll. So konnte in den Verhandlungen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur keine konkrete Vereinbarung darüber getroffen werden, wer wie viel von den mindestens 40 Milliarden Euro beisteuert. Die Nato-Staaten halten demnach nur vage fest, dass sie versuchen wollen, einen Anteil beizusteuern, der in etwa ihrem Anteil an der Wirtschaftskraft aller Nato-Staaten entspricht.

Die neue Ukraine-Zusage für den Zeitraum von zwölf Monaten soll in der kommenden Woche beim Treffen der Staats- und Regierungschefs öffentlich gemacht werden. Sie ist das Ergebnis monatelanger Verhandlungen und wurde vom Nordatlantikrat am Mittwoch in einem schriftlichen Verfahren angenommen.

Mehrjährige Zusage war das Ziel

Nato-Generalsekretär Stoltenberg hatte die Alliierten zuletzt dazu aufgefordert, eine mehrjährige Finanzierungszusage für Militärhilfen im Wert von jährlich mindestens 40 Milliarden Euro zu machen. Es gehe dabei auch darum, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu zeigen, dass er seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht gewinnen werde, erklärte er Ende Mai bei einem Treffen mit den Außenministern der 32 Nato-Staaten in Prag. Der Betrag von 40 Milliarden Euro würde in etwa der bisherigen jährlichen Unterstützung der Alliierten seit dem Beginn der russischen Invasion entsprechen, argumentierte er.

Zur Frage, wie eine faire Lastenteilung gewährleistet werden könnte, sagte Stoltenberg damals, eine Option sei es, den Beitrag der einzelnen Mitgliedsstaaten auf Grundlage von deren Bruttoinlandsprodukt zu berechnen. Sie stieß nach Angaben von Diplomaten aber vor allem bei Mitgliedstaaten auf Widerstand, die bislang nur einen vergleichsweise geringen Anteil ihrer Wirtschaftskraft für die militärische Unterstützung der Ukraine ausgeben. Dazu zählen etwa Frankreich, Spanien und Italien.

Für Länder wie Deutschland oder die baltischen Staaten wäre der Vorschlag hingegen kein Problem gewesen, weil sie im Verhältnis zum BIP zuletzt einen relativ hohen Anteil an den Militärhilfen der Nato-Staaten hatten. Zuletzt waren in der Bundesrepublik für das laufende Jahr mehr als sieben Milliarden Euro eingeplant.

Druck auf Länder mit vergleichsweise geringen Militärhilfen sollen nun regelmäßige Berichte über die Anstrengungen der Alliierten ausüben. Sie werden den Planungen zufolge zweimal im Jahr erstellt.

Zu den Ländern, die keine mehrjährige Zusage machen wollten, zählten nach Angaben aus Bündniskreisen insbesondere auch die USA. Dort ist die Ukraine-Unterstützung derzeit auch ein Thema im Präsidentschaftswahlkampf zwischen Amtsinhaber Joe Biden und Herausforderer und Ex-Präsident Donald Trump. Trump behauptete zuletzt, den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden stoppen zu können.

Plan für Koordinierungseinsatz und Sondergesandten steht

Etwas einfacher als die Diskussionen ums Geld verlaufen vor dem Gipfel bislang die Vorbereitungen für ein Paket mit praktischer Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine. So ist bereits nahezu sicher, dass die Nato beim Gipfel einen neuen Einsatz zur Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte starten wird. Das Hauptquartier dafür soll in Wiesbaden in Deutschland aufgebaut werden.

Zudem wurde nach Angaben eines Sprechers beschlossen, eine Art Sonderbeauftragten in die ukrainische Hauptstadt Kiew zu entsenden. Der ranghohe Beamte soll dort vor Ort die politische und praktische Unterstützung des Bündnisses steuern.

Die Nato hat bereits seit knapp einem Jahrzehnt eine offizielle Vertretung in Kiew, die auch ein seit Ende der 90er Jahre existierendes Verbindungsbüro und ein Informations- und Dokumentationszentrum steuert. Sie kümmert sich unter anderem um Kontakte mit ukrainischen Ministerien und Behörden und soll den politischen Dialog und die praktische Zusammenarbeit zwischen der Nato fördern.

Projekt für das Szenario Trump

Das Nato-Projekt zur Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten gilt auch als Vorkehrung für den Fall einer möglichen Rückkehr von Trump ins US-Präsidentenamt ab Januar 2025. Äußerungen des Republikaners hatten in der Vergangenheit Zweifel daran geweckt, ob die USA die Ukraine unter seiner Führung weiter so wie bisher im Abwehrkrieg gegen Russland unterstützen werden. Im Bündnis wird befürchtet, dass von einem politischen Kurswechsel in Washington auch die bislang US-geführte Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte betroffen sein könnte.

© dpa ⁄ Ansgar Haase, dpa
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