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Abtritt von «Kanadas Kennedy»: Trudeau kündigt Rücktritt an

Einst wurde Justin Trudeau als Hoffnungsträger und «Kanadas Kennedy» gefeiert. Doch zuletzt geriet der Premierminister stark unter Druck. Ist nun der Weg frei für einen Sieg der Konservativen?
Kanadas Premierminister Trudeau
Trudeau ist seit Ende 2015 Premierminister. © Adrian Wyld/The Canadian Press/AP/dpa

Der einst als politischer Hoffnungsträger gefeierte kanadische Premierminister Justin Trudeau hat nach mehr als neun Jahren als Regierungschef seinen Rücktritt angekündigt. Er wolle als Parteivorsitzender der Liberalen und als Premierminister nur noch so lange im Amt bleiben, bis die Nachfolge geklärt sei, sagte der 53-Jährige bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in der Hauptstadt Ottawa.

«Dieses Land verdient eine echte Auswahl bei der nächsten Wahl und mir ist klargeworden, dass ich nicht die beste Alternative bei dieser Wahl sein kann, wenn ich interne Kämpfe ausfechten muss», sagte Trudeau. «Es ist Zeit für eine Neuausrichtung. Es ist Zeit dafür, dass die Temperaturen wieder herunterkommen, für einen frischen Start der Menschen im Parlament.» 

Das Parlament solle bis Ende März pausieren, sagte Trudeau weiter. «Robust» und «landesweit» solle der Prozess der Suche eines Nachfolgers erfolgen, kündigte Trudeau an. 

Wie und wann genau seine Partei intern einen Nachfolger bestimmen wird und wann eine Neuwahl stattfinden könnte, blieb zunächst noch unklar. Die nächste reguläre Parlamentswahl stünde im Herbst an. Mit einem Misstrauensvotum könnte jedoch auch eine vorgezogene Neuwahl erzwungen werden.

Trump droht Kanada mit Strafzöllen

Während sich Kanadas Führung in den kommenden Monaten neu sortieren dürfte, könnte aus dem südlichen Nachbarland Ungemach drohen: Der designierte US-Präsident Donald Trump hat Kanada bereits mit Strafzöllen in Höhe von 25 Prozent gedroht. Das begründete er mit Einwanderern, die angeblich Kriminalität und Drogen über die Grenze in die USA brächten.

Einst versprach Trudeau «positive Politik» und «sonnige Wege»

Trudeau war seit rund elf Jahren Chef der liberalen Partei und seit Ende 2015 Premierminister. Anfangs hatte er «positive Politik» und «sonnige Wege» versprochen und war von vielen als Hoffnungsträger gefeiert worden.

Mit seiner Frau Sophie Grégoire - von der Trudeau inzwischen getrennt ist - und den drei gemeinsamen Kindern bildete der Sohn des früheren Premierministers Pierre Trudeau (1919-2000) eine «First Family» mit jungem und dynamischem Image - ähnlich wie US-Präsident John F. Kennedy bei seinem Amtsantritt 1961.

Zuletzt hatte die Kritik an Trudeau allerdings stark zugenommen. Viele Menschen werfen ihm unter anderem vor, dass er seine vielen Versprechen nicht erfüllt habe, dass die Preise zu stark gestiegen seien und es im Land zu wenig Wohnraum gebe.

Der Druck auf den Premier wurde zuletzt immer stärker: Seine Umfragewerte sackten ab, Rücktrittsforderungen wurden lauter - selbst aus den eigenen Reihen.

Vize Freeland mit lautem Abgang

Die Neue Demokratische Partei, mit der die Liberalen zuvor zusammengearbeitet hatten, entzog ihm bereits das Vertrauen und drohte mit einem Misstrauensvotum. Zuletzt trat auch noch Trudeaus Stellvertreterin und Finanzministerin Chrystia Freeland zurück. 

Freeland, der Ansprüche auf die Führung der Liberalen nachgesagt werden, hatte sich mit Kritik an Trudeau aus der Regierung verabschiedet. «In den vergangenen Wochen waren wir uns uneinig über den besten Weg Kanadas in die Zukunft», erklärte sie in ihrem Rücktrittsschreiben. Trudeau kündigt danach eine Kabinettsumbildung an. «Ich danke Justin Trudeau für seinen jahrelangen Dienst für Kanada und die Kanadier», schrieb Freeland nun nach der Rücktrittsankündigung des Premierministers bei X. «Ich wünsche ihm und seiner Familie das Allerbeste.»

Konservative Partei liegt in den Umfragen weit vorne

In Umfragen sieht es derzeit gut für die Konservative Partei unter dem Vorsitz von Pierre Poilievre aus. Sie könnte sich nach derzeitigem Stand um die 40 Prozent der Stimmen sichern, während Trudeaus Liberale nur auf etwa 20 Prozent kämen. 

Der häufig eher populistisch agierende Poilievre hat unter anderem angekündigt, im Falle eines Wahlsiegs mehr Häuser bauen lassen zu wollen. An der kanadischen Unterstützung für die Ukraine dürfte sich hingegen auch unter einer konservativen Regierung nur wenig ändern.

Historisch betrachtet dominieren in Kanada die Liberalen, die sich im politischen Spektrum zwischen Zentrum und Mitte-Links bewegen, seit dem 20. Jahrhundert die Politik. Sie stellten die meisten Premierminister und prägten die vergleichsweise progressive Politik des nordamerikanischen Landes maßgeblich. 

Kanada ist das flächenmäßig zweitgrößte Land der Erde, hat rund 40 Millionen Einwohner und ist Mitglied der Nato und der G7.

© dpa ⁄ Christina Horsten, dpa
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