Spezialkräfte der Polizei im Einsatz in einem kleinen Ort: Im südhessischen Rimbach hält ein Mann drei Stunden lang eine Bankmitarbeiterin fest, bevor Beamte ihn festnehmen können. Der Mann bedrohte die Frau nach Polizeiangaben mit einem Werkzeug. Warum, war zunächst unklar. Der 36-Jährige und sein 21 Jahre altes Opfer blieben äußerlich unverletzt, wie ein Polizeisprecher mitteilte.
Im Internet kursierte ein mutmaßliches Video der Tat, auf dem ein Mann eine völlig verängstigte und weinende Frau mit einem Gegenstand bedroht. Dabei umklammert er sie von hinten mit einem Arm um den Hals. Die Polizei bat darum, Videos und Fotos der Tat weder zu teilen noch zu veröffentlichen und gegebenenfalls wieder zu löschen. Aufgenommen wurde das Video mutmaßlich von einem Augenzeugen per Handy.
Mann dringt gegen 8 Uhr ins Gebäude ein
Der Mann war nach Polizeiangaben am Morgen gegen 8.00 Uhr in das Bankgebäude eingedrungen und hatte die Frau festgehalten. Die Polizei sprach dabei nicht von einer Geiselnahme. Vor Ort waren nicht nur Polizeikräften aus ganz Südhessen, sondern auch ein Spezialeinsatzkommando (SEK).
Der Bereich um die Bankfiliale, die in einer Häuserzeile liegt, wurde weiträumig mit rot-weißem Flatterband abgesperrt. «Es war ungewöhnlich still», erzählte eine Passantin von ihren Eindrücken. Durch die Absperrungen kam auch der Verkehr in Teilen der Gemeinde zum Erliegen. Zahlreiche Polizeiautos waren zu sehen, auch in den Seitenstraßen. Schließlich konnte der Täter widerstandslos festgenommen werden.
Sprecher: Unblutig beendet
Zu Einzelheiten der Tat hielt sich die Polizei zunächst bedeckt. Ein Sprecher erklärte, es lägen keine Erkenntnisse vor, dass der Mann Geld in der Bankfiliale erbeuten wollte. Ob er andere Forderungen stellte, blieb zunächst unklar.
Eine Verhandlungsgruppe nahm Kontakt zu dem Täter auf, wie ein Polizeisprecher nach der Festnahme sagte. Details zur Festnahme gegen 11.00 Uhr nannte der Sprecher nicht. «Die Lage wurde unblutig beendet, und das ist unterm Strich für uns immer das Entscheidende.» Für Angehörige und weitere unmittelbar von der Tat betroffene Menschen wurde eine Betreuung im Rathaus von Rimbach angeboten.
«Ich hätte nie gedacht, dass so etwas in so einem kleinen Ort passieren kann», sagte eine Passantin in dem rund 8.800 Einwohner und Einwohnerinnen zählenden Ort im Odenwald, der nicht weit entfernt von der Landesgrenze zwischen Hessen und Baden-Württemberg liegt. Neugierige kamen zum Absperrband und beobachteten den Polizeieinsatz im Schneeregen. Später waren in dem Gebäude Ermittler der Polizei zu sehen.
Wohnungsdurchsuchung angedacht
Bei den Ermittlungen würden jetzt neben dem Tatverdächtigen und der Bankmitarbeiterin auch Zeugen vernommen, sagte eine Polizeisprecherin. Spuren würden ausgewertet, zudem sei eine Wohnungsdurchsuchung bei dem Verdächtigen angedacht. Über das weitere Vorgehen werde dann die Staatsanwaltschaft entscheiden.
«Wir müssen erst mal Aufklärung betreiben, und dann wird entschieden, ob Untersuchungshaftbefehl beantragt wird», sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Darmstadt. Nähere Informationen zu dem 36 Jahre alten Mann waren zunächst nicht zu erhalten.
Die Polizei sprach in ihren Mitteilungen nicht von einer Geiselnahme. Dabei erheben Täter Forderungen oder versuchen, etwas zu erpressen, indem sie eine andere Person gegen ihren Willen an einem Ort festhalten. Juristisch gesehen handelt es sich erst einmal um eine Freiheitsberaubung, die Geiselnahme wäre eine besondere Form davon.
Bürgermeister spricht von «Schock»
Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) dankte der Polizei und dem Spezialeinsatzkommando für den «umsichtigen und erfolgreichen» Einsatz. «Sie haben dazu beigetragen, dass Schlimmeres verhindert werden konnte und es vor allem keine Verletzten gab», hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums. Er hoffe, dass das Opfer das Geschehene so gut und so schnell wie möglich verarbeiten könne, ergänzte Poseck.
Auch der Rimbacher Bürgermeister Holger Schmitt (unabhängig) zeigte sich am Nachmittag sehr erleichtert darüber, dass die Tat unblutig zu Ende gebracht werden konnte. «Deswegen gilt mein Dank natürlich vor allem der Polizei und den Einsatzkräften», erklärte Schmitt. Die Nachricht über die Lage am Morgen sei zunächst ein «Schock» für die Gemeinde und ihn selbst an seinem ersten Arbeitstag im neuen Jahr gewesen. «Auf sowas ist man nicht vorbereitet», sagte Schmitt. Umso wichtiger seien in einer solchen Situation Solidarität und Hilfsbereitschaft, die sich «von allen Seiten in der Gemeinde» und auch darüber hinaus gezeigt habe.
So seien Angehörige und weitere Betroffene, darunter auch die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bankfiliale, im Rimbacher Rathaus betreut worden. Ehrenamtliche Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger, aber auch Verwaltungsmitarbeitende hätten sich um die Menschen gekümmert, Räumlichkeiten sowie Verpflegung zur Verfügung gestellt.
Die Kriminalpolizei habe das Rathaus zudem genutzt, um Zeugenaussagen aufzunehmen, und auch die Feuerwehr und der Bauhof seien an den Maßnahmen beteiligt gewesen und hätten unter anderem Straßensperrungen vorgenommen oder unterstützt. Seine Gedanken seien jetzt vor allem bei der betroffenen Mitarbeiterin der Bank und ihrer Familie, sagte Schmitt.