Als Google im Oktober 2016 sein erstes Pixel-Smartphone vorstellte, wollte der Konzern vor allem den anderen Herstellern von Android-Geräten beweisen, wie ein leistungsfähiger iPhone-Herausforderer aussehen kann. Acht Jahre später ist klar: Der Suchmaschinen-Konzern betreibt sein Hardwaregeschäft nicht nur als Experiment oder als Forschungsvorhaben für die Android-Community, sondern meint es ernst.
Das kann man an vielen Detailverbesserungen der neuesten Pixel-Generation ablesen, die wir mehrere Wochen lang im Alltag testen konnten. Im Detail haben wir uns dabei drei Geräte angeschaut: das neue Falt-Smartphone Pixel 9 Pro Fold sowie die beiden konventionellen Modelle Pixel 9 Pro XL und Pixel 9. Das 9 ohne Pro ist technisch abgespeckt, XL steht für einen größeren Bildschirm.
Pixel Fold: Schlank, dünn, stabil
Fangen wir mit dem teuersten Gerät an, dem neuen Pro Fold. Es hat im Vergleich zum Vorgängermodell abgespeckt und ist spürbar dünner geworden, auch weil die zugeklappten Gehäusehälften tatsächlich plan aufeinanderliegen. Es ist aber auch schmaler geraten, sodass es gut in der Hand liegt und auch zugeklappt wie ein vollwertiges Smartphone bedient werden kann.
Das neue Fold ist sogar wasserdicht, ein wenig zumindest. Genauer gesagt ist es nach IPX8 geschützt, was bedeutet, dass es einen Sturz ins Süßwasser überstehen kann. Bei Staub und Sand muss man weiterhin aufpassen.
Fold-Displays: Strahlen 2.700 Candela hell
In dem Falt-Smartphone hat Google kontraststarke OLED-Bildschirme verbaut, die mit bis zu 2.700 Candela strahlend hell und auch in bei starkem Sonnenschein draußen gut ablesbar sind. Bei den Kameras vertraut Google auf die Hardware des Vorgängermodells. Hier findet die Innovation bei der Software statt. Die Qualität der Fotos ist - typisch für Pixel-Telefone - mit natürlichen Farben und einer nicht übertriebenen Schärfe ausgezeichnet.
Mithilfe von KI lernt das Pixel Fold dazu noch manchen Trick. Dazu gehört die Funktion «Add me», mit der die Person, die ein Gruppenfoto macht, nachträglich ins Bild geholt werden kann. Beim ersten Gruppenbild muss man dafür etwas Platz im Foto lassen. Im zweiten Durchgang übergibt der Fotograf das Pixel an eine andere Person und stellt sich auf den freigelassenen Platz. Das Pixel blendet nun das erste Gruppenfoto ein, sodass der erste Fotograf perfekt im Bild positioniert werden kann. Das Zusammenfügen der Bilder übernimmt die KI.
Magisch: KI-Editor krempelt Fotos um
Mithilfe der KI kann man auch Dinge in Fotos entfernen, die als störend empfunden werden. Man kann die Objekte im Bild auch bewegen oder sogar neu hinzufügen. Wenn man einen Bildausschnitt zu eng gefasst hat, kann man ihn nachträglich auch erweitern. Der «Magic Editor» verstand während unseres Tests allerdings nur Eingaben in Englisch.
Möglich werden solche KI-Funktionen durch einen speziellen Chip. Google verbaut im Fold den neuen Tensor G4, der um rund ein Drittel schneller sein soll als der Tensor G2 im Vorgängermodell. Er ist zwar weniger leistungsstark als der Snapdragon 8 Gen 3, den Samsung verwendet, oder als der Apple A17 Pro aus dem iPhone. Google hat sich jedoch auf die Verbesserung der KI-Verarbeitung konzentriert, die mit dem G4 schnell und effizient abläuft.
KI-Chatbot: Gemini Live fehlt noch
Allerdings ist Google bei seiner KI-Software bisher nicht überall so weit wie in der Bildverarbeitung. An erster Stelle der bislang nicht in Deutschland verfügbaren Funktionen steht Gemini Live, der neue, «natürlich» sprechende KI-Chatbot von Google.
Im Prinzip kann man mit Gemini Live reden wie mit einem normalen Menschen und bekommt sehr natürliche Antworten. Man kann dem Bot sogar ins Wort fallen - aber leider bislang nicht hierzulande: Gemini Live wurde Mitte August 2024 zuerst in den USA auf Englisch gestartet und soll später in weiteren Sprachen, darunter auch Deutsch, angeboten werden.
KI-Apps: Warten auf Studio und Screenshot
Ähnlich sieht die Situation bei den Apps Pixel Studio und Pixel Screenshot aus. Pixel Studio erstellt Bilder nach Textvorgaben der Anwenderinnen und Anwender. Pixel Screenshot analysiert mittels KI Screenshots und macht sie durchsuchbar. Beide Apps werden bislang nur auf Englisch in den USA, Großbritannien, Kanada, Australien, Indien, Irland, Singapur und Malaysia angeboten.
Und bei einem neuen Feature namens Call Notes steht noch in den Sternen, ob es jemals von Anwenderinnen und Anwendern in Deutschland genutzt werden kann. Mit dieser Funktion können Telefonate mitgehört und anschließend schriftlich zusammengefasst werden. Hier sind für einen Einsatz auf Deutsch und in Deutschland nicht nur technische Aspekte zu klären, sondern auch Fragen zum Schutz der Privatsphäre zu beantworten.
KI für alle: Auch für das Einstiegs-Pixel 9
Positiv anzumerken ist, dass Google die KI-Funktionen nicht auf die High-End-Modelle der 9. Pixel-Generation beschränkt, sondern auch das Einstiegs-Pixel mit genügend KI-Power versorgt. Der Tensor G4 steckt nämlich nicht nur im teuren Pixel 9 Pro Fold, sondern auch in den beiden anderen Pixel-Modellen, die wir getestet haben, dem kleineren Pixel 9 und dem größeren Pixel 9 Pro XL.
Die Unterschiede zwischen den Modellreihen betreffen andere Bereiche wie Arbeitsspeicher, Akkukapazität und die Kameras. Paradox: Trotz größeren Akkus machte das 9 Pro XL im Test schon nach rund 13,5 Stunden Dauerbelastung schlapp, während das kleine Pixel 9 rund 2 Stunden länger lief.
Kameras: KI verbessert Bildqualität
Die Kameras der Pixel-Smartphones gelten seit jeher als Referenz. Die neuen Modelle bauen auf diesen Stärken auf und bieten dank KI-Unterstützung verbesserte Bildqualität und neue Funktionen. Pixel 9 und das Pixel 9 Pro XL teilen sich die gleiche Hauptkamera mit 50 Megapixeln (MP) und die 48-MP-Ultraweitwinkelkamera.
Das Pixel 9 Pro XL verfügt jedoch zusätzlich über eine 48-MP-Telekamera mit fünffachem optischem Zoom. Das Pixel 9 bietet lediglich einen achtfachen Digitalzoom, der nicht mit dem optischen Teleobjektiv des großen Bruders mithalten kann.
Fazit: Gute, aber keine günstigen Smartphones
Leider sind die Pixel-Smartphones keine Schnäppchen mehr. Das Pixel 9 kostet knapp 900 Euro und eignet sich für alle, die einen KI-Kraftriegel in der Hosentasche haben wollen, aber auf die Telekamera verzichten können. Für diesen Preis gibt es die kleine Speichervariante mit 128 Gigabyte (GB). Für 256 GB werden knapp 1.000 Euro fällig.
Die Pro-Modelle bieten im Vergleich zum Pixel 9 zusätzliche Funktionen wie das Teleobjektiv, mehr Arbeitsspeicher und ein helleres Display. Damit rutscht man aber auch über die Schwelle von 1.000 Euro. Das Pixel 9 Pro kostet derzeit knapp 1.100 Euro. Für das Pixel 9 Pro XL mit dem größeren 6,7-Zoll-Bildschirm verlangt Google knapp 1.200 Euro. Für das Falt-Smartphone Pixel 9 Pro Fold werden knapp 1.900 Euro fällig.
Tipp: Warten und sparen - wahrscheinlich
Wer beim Kauf eines neuen Google Pixel 9 nicht unbedingt in der ersten Reihe stehen muss, kann aber mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit kräftig sparen, wenn er oder sie noch wartet. Zumindest sind in früheren Jahren die Preise für die jeweils neuste Pixel-Generation schon nach vier Monaten um bis zu 15 Prozent gesunken. Und bis dahin sind vielleicht auch schon die noch fehlenden KI-Funktionen in Deutschland verfügbar.