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Die «Tripperburgen» der DDR - Doku über Unrecht an Frauen

Damit sie sich besser in das System der DDR einfügen, wurden Frauen ab 1961 in «Tripperburgen» gebracht. Viele der Betroffenen schämen sich bis heute für das Unrecht, das ihnen widerfahren ist.
«Tripperburgen» der DDR
Martina Blankenfeld war 1977 als 15-Jährige in der Venerologischen Station des Krankenhauses Berlin-Buch. © Ferdinand Kowalke/MDR/Constantin Dokumentation/dpa

Sie waren auffällig oft auf Partys oder der Straße unterwegs, hatten Probleme mit ihrer Familie oder einen Freund, der anderen nicht passte: Zu DDR-Zeiten wurden Tausende Frauen unrechtmäßig in sogenannte Tripperburgen eingewiesen. Dort sollten sie umerzogen werden. Dort geschah ihnen Unrecht. So mussten sie etwa schmerzhafte gynäkologische Untersuchungen oder Experimente über sich ergehen lassen. Eine MDR-Dokumentation zeigt nun die Geschichten Betroffener.

Hochrechnungen zufolge hat es zwischen 1961 und 1989 rund 50.000 Einweisungen in sogenannte venerologische Stationen von Krankenhäusern gegeben - allein 5000 in Halle. Die jüngsten Eingewiesenen waren zwölf Jahre alt. Als sie vor einem Jahr mit dem Thema in Berührung gekommen sei, sei sie schockiert und sprachlos gewesen, sagt Filmemacherin Elisa Scheidt im Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Ich habe mich gefragt: Wieso habe ich davon noch nichts gehört?» Dann habe sie sich damit beschäftigt, was hinter dem Thema steckt.

Historikerin: Frauen sollten durch Strafe diszipliniert werden

Die ersten Stationen waren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs eingerichtet worden - zunächst vor allem für Menschen, die etwa durch sexuelle Gewalt von Soldaten erkrankt waren. Das änderte sich jedoch mit der Zeit. «In der Praxis sind vor allem Frauen und weibliche Jugendliche in die geschlossenen Krankenanstalten eingewiesen worden. Diese Frauen waren zu 70 bis 90 Prozent niemals erkrankt an sexuell übertragbaren Krankheiten. Darum ging es nicht. Es ging darum, Frauen durch Strafe und Zwang zu disziplinieren», erklärt Historikerin Steffi Brüning.

Jene Frauen, die Scheidt in ihrer Dokumentation porträtiert, waren teils mehrere Wochen in Anstalten in Halle, Leipzig oder Berlin. Der Grund für ihre Einweisung war nicht immer der gleiche. «Die Frauen, die dort waren, waren sehr unterschiedlich», beschreibt die Filmemacherin. In ihrem 45 Minuten langen Stück habe sie neben dem geschichtlichen Verlauf auch die große Spannbreite der Gründe darstellen wollen, für die Frauen in einer «Tripperburg» gelangt sind.

«Habe Wasser aus der Toilette getrunken»

Eine der Betroffenen wurde beispielsweise von ihren eigenen Eltern dorthin gebracht. Eine andere wurde im Studentenwohnheim bei ihrem afrikanischen Freund erwischt und daraufhin in eine Anstalt gebracht. «Die haben uns geprügelt, die haben und misshandelt, Essen-Entzug, drei Tage ins dunkle Zimmer musste ich rein, drei Tage ohne Essen, ohne Trinken. Dann habe ich Wasser aus der Toilette getrunken», erzählt Angelika Börner, die 1965 als 15-Jährige in Halle zwangseingewiesen worden war, in der Doku.

Die Ausstrahlung der Dokumentation ist für den 7. Mai geplant. Ein anderes Team des MDR hat zudem einen Podcast zum Thema produziert. Während beider Produktionen stand im Vordergrund, möglichst traumasensibel über das Thema zu berichten, erzählen Scheidt und Podcast-Host Charlotte Witt. «Das heißt zum Beispiel, dass wir uns sehr genau darüber Gedanken gemacht haben, wo die Interviews stattfinden», so Witt. Es gebe - beispielsweise in Leipzig - ein großes Netzwerk von Betroffenen.

«Die Frauen müssen aber erstmal so weit sein, darüber zu sprechen. Das bedarf super viel Mut», sagt Witt. In Befragungen haben damals zuständige Ärzte die Verantwortung für das Geschehene von sich gewiesen. In den vergangenen Jahren wurden die Zwangseinweisungen offiziell für rechtswidrig erklärt - die Gewalttaten sind jedoch bereits verjährt. Für die Dokumentation seien einzelne Frauen nicht infrage gekommen, weil «sie psychisch nicht stabil und noch so traumatisiert waren, dass sie sich nicht klar erinnern konnten», ergänzt Scheidt. Viele Frauen schämten sich bis heute dafür, was ihnen widerfahren ist.

© dpa ⁄ Inga Jahn, dpa
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