Darum geht es in American Murder: Gabby Petito
Mitte 2021 beherrschte ein Kriminalfall die Schlagzeilen in den Vereinigten Staaten und anderswo: das Verschwinden und der gewaltsame Tod der YouTuberin Gabby Petito.
Jeden Tag sterben Dutzende Menschen in den USA durch Schusswaffengebrauch, Messerangriffe und andere Gewaltdelikte. Aber dieser eine Fall erregte mehr öffentliche Aufmerksamkeit als alle anderen, sorgte über Monate hinweg für viele Sendeminuten, Artikel, Interviews, Kommentare und Posts.
Warum? Vielleicht, weil es sich bei der zunächst Vermissten um eine junge, weiße Frau handelte, über die einige Medien intensiver berichten als über andere Fälle. Ganz sicher aber auch deswegen, weil Gabby Petito bereits vor ihrem Tod so etwas wie eine Person des öffentlichen Lebens war: Sie stellte ihr Leben per Social Media zur Schau und wollte als Influencerin erfolgreich werden.
Der Netflix-Dreiteiler „American Murder: Gabby Petito“ präsentiert Interviews mit der Familie des Opfers, lässt Freund:innen der jungen Frau zu Wort kommen und zeigt bislang unveröffentlichtes Bildmaterial. Wir erzählen im Folgenden die wahre Geschichte der Gabby Petito.
Der Roadtrip in die Hölle beginnt
Am 4. Juli 2021, dem amerikanischen Nationalfeiertag, beginnt die Reise, von der Gabby Petito niemals zurückkehren sollte. Die 22-jährige Ernährungsberaterin Gabrielle Venora „Gabby” Petito startet mit ihrem 23-jährigen Verlobten Brian Christopher Laundrie, ihrer Highschool-Liebe, einen Roadtrip quer durch die USA.
Die Reise soll knapp vier Monate dauern und das Pärchen von der Golfküste Floridas, ihrem Wohnort, bis nach Portland, Oregon im Nordwesten der USA führen. Dafür haben sich die beiden einen Van zugelegt, der zu einem kleinen Wohnmobil umgebaut ist.
Petito und Laundrie wollen ihr Van-Life und ihren Trip, der sie unter anderem durch Nationalparks in Kansas, Colorado und Utah führen soll, auf YouTube und Instagram dokumentieren. Die Bilder von unterwegs zeigen ein glückliches Paar, Gabby posiert immer wieder vor spektakulären Landschaften. Aber der Schein trügt. An Bord des Vans tickt längst eine menschliche Zeitbombe.
![Gabby Petito und Brian Laundrie sitzen in einem Zelt und schauen sich an.](https://s3-eu-central-1.amazonaws.com/vodafone-featured/wp-content/uploads/2025/02/07074207/Gabby-Petito-Brian-Laundrie.jpg)
Gabby und Brian: Am Anfang ihrer Reise scheint noch alles harmonisch zu laufen. — Bild: 2025 Netflix, Inc.
Streit, Gewalt und eine Polizeikontrolle
Am 12. August geht ein Notruf bei der Polizei in Moab, Utah ein. Die Person gibt an, einen handgreiflichen Streit zwischen einer jungen Frau und einem jungen Mann beobachtet zu haben. Die Polizei geht der Meldung nach und findet den Van des Paares am Eingang zu einem nahegelegenen Nationalpark.
Petito hockt weinend auf dem Beifahrersitz. Die Bodycam-Aufnahmen der Cops zeigen eine vollkommen aufgelöste Frau, die auf Nachfragen zu dem gemeldeten Vorfall kaum einen verständlichen Satz herausbringt. Petito und Laundrie geben zu, dass es eine Auseinandersetzung zwischen ihnen gegeben habe, auch körperlich.
Petito erklärt dazu, unter Stress zu stehen, weil sie hart daran arbeite, einen Reiseblog auf die Beine zu stellen. Und ihr Partner hätte Zweifel daran, ob sie dem Projekt gewachsen sei. Daher der Streit. Die Cops werten die Angelegenheit als Nervenzusammenbruch, nicht als Fall häuslicher Gewalt. Eine verhängnisvolle Fehlentscheidung. Petito und Laundrie setzen ihre Reise fort.
![Gabby Petito posiert mit ausgebreiteten Armen vor einem weißen Van.](https://s3-eu-central-1.amazonaws.com/vodafone-featured/wp-content/uploads/2025/02/07074800/Gabby-Petito-Van.jpg)
In diesem Van waren Gabby und Brian unterwegs. — Bild: 2025 Netflix, Inc.
Gabby Petito verschwindet
Aber nur für ein paar Tage: Am 17. August fliegt Laundrie zurück nach Florida, um dort angeblich einige persönliche Dinge zu regeln. Gabby Petito verbringt ein paar Tage in einem Hotel nahe Salt Lake City, Utah. Aber am 23. August kehrt Laundrie nach Utah zurück, um die Reise mit seiner Verlobten fortzusetzen.
Am 24. August checkt Petito aus dem Hotel aus, einen Tag später telefoniert sie mit ihrer Mutter und erzählt, sie und Brian seien unterwegs zu den Nationalparks Grand Teton und Yellowstone. Es ist das letzte Mal, dass die Mutter mit ihrer Tochter spricht.
Kurz darauf, am 27. August, wird das Paar in einem Restaurant in Jackson Hole in Wyoming gesehen. Eine Zeugin berichtet später, Laundrie hätte sich sehr aggressiv verhalten und sich mit der Kellnerin und dem Manager des Lokals gestritten. Später sei Petito weinend in das Restaurant zurückgekehrt und habe für das Verhalten ihres Begleiters um Entschuldigung gebeten. Das ist das letzte Mal, dass jemand Gabby Petito lebend gesehen hat.
Brian Laundrie wird zum Verdächtigen
Am 1. September kehrt Brian Laundrie im gemeinsamen Van allein zurück zu seinen Eltern in North Port, Florida. Über den Verbleib seiner Verlobten schweigt er. Wie erst später bekannt wird, hatte Brian aber seine Eltern von unterwegs angerufen: Gabby sei „gone“, also „verschwunden“ oder – auch das kann das Wort bedeuten: „tot“. Und er brauche einen Anwalt. Am 11. September meldet Gabbys Mutter ihre Tochter offiziell als vermisst.
Laundries Eltern engagieren einen Anwalt, der seinem Mandanten rät, weiterhin zu schweigen. Am 14. September bricht Laundrie zu einer Wanderung durch ein Naturschutzgebiet auf. Es ist das letzte Mal, dass er lebend gesehen wird. Tags darauf stuft die Polizei Brian Laundrie als „Person of Interest“ ein, also als potenziell Verdächtigen.
Am 17. September wiederum melden Laundries Eltern ihren Sohn als vermisst. Gabby Petito ist weiterhin verschwunden – aber längst haben sich Medien und Öffentlichkeit auf den Fall gestürzt.
Die wahre Geschichte der Gabby Petito: Fahndung per Social Media
In den sozialen Medien beteiligen sich Hunderttausende US-Amerikaner:innen an der Suche nach Petito. Durch die Analysevideos einer Entertainerin auf TikTok wird schließlich ein YouTuber-Pärchen auf den Fall aufmerksam. Die beiden hatten im Bridger-Teton National Forest einen weißen Van fotografiert, den sie nach Abgleich mit den Analysevideos als das Auto von Petito und Laundrie wiedererkennen.
Die YouTuber:innen geben den entscheidenden Tipp an das FBI weiter. Und tatsächlich: Am 19. September werden menschliche Überreste auf dem Campingplatz im Teton-Nationalpark gefunden – unweit der Stelle, wo der Van gesichtet worden war.
Wenig später ist klar: Es handelt sich um Gabby Petito. Ein Gerichtsmediziner stellt als Todesursache stumpfe Gewalteinwirkung auf Kopf und Hals sowie Strangulation fest. Der Todeszeitpunkt lässt sich nicht mehr genau ermitteln, aber Gabby Petito muss um den 28. August herum gestorben sein.
Ein Selbstmord und ein merkwürdiges Geständnis
Die Suche nach Brian Laundrie geht indes weiter – ab dem 23. September auch per Haftbefehl, weil er Ende August/Anfang September Geld mit Gabbys Bankkarte von ihrem Konto abgehoben hatte. Erst am 20. Oktober werden Laundries Skelettüberreste im Myakkahatchee Creek Environmental Park gefunden.
Nach wochenlagen Untersuchungen kommt ein Spezialist zu dem Schluss, Laundrie sei durch eine selbst zugefügte Schusswunde am Kopf gestorben. Gabbys mutmaßlicher Mörder ist also ebenfalls tot. Aber wie und warum die junge Frau sterben musste, ist noch immer nicht klar.
Erst Ende Januar 2022 teilt das FBI mit: Laundrie habe auf dem bei seiner Leiche gefundenen Laptop ein schriftliches Geständnis abgelegt – er habe Petito getötet. Seine Begründung erscheint allerdings merkwürdig: Petito habe sich in unwegsamem Gelände eine Verletzung zugezogen und er habe sie von ihren Schmerzen „erlösen“ wollen.
![Brian Laundrie schaut in die Kamera.](https://s3-eu-central-1.amazonaws.com/vodafone-featured/wp-content/uploads/2025/02/07075131/Gabby-Petito-Brian-Laundrie-aelter.jpg)
Was ist an Brians Geständnis dran? — Bild: 2025 Netflix, Inc.
Knapp drei Jahre nach dem Mord an Gabby Petito tauchen dann Hinweise auf, die Brian Laundrie in einem anderen Licht erscheinen lassen. Demnach stieß das FBI bei einer Durchsuchung im Haus seiner Eltern auf Geheimverstecke mit Waffen, Munition, Bargeld und einem Tagebuch. In diesem Journal hielt Laundrie unter anderem verstörende Gewaltfantasien fest.
Kritzeleien und Notizen weisen auf einen Mann hin, der mit großen psychischen Problemen zu kämpfen hatte. Diese Probleme wuchsen ihm offenbar über den Kopf, als er auf der langen gemeinsamen Reise mit seiner Verlobtem auf engstem Raum zusammen war – eine Ausnahmesituation für ihn. Aber bis zuletzt scheint Laundrie bemüht gewesen zu sein, seine dunkle Seite zu verbergen.
Denn sein Geständnis blendet aus, was wirklich geschah. Er beende sein Leben nicht aus Angst vor Bestrafung, sondern weil er es nicht ertragen könne, einen Tag ohne Gabby zu leben, schreibt Laundrie. Tatsächlich versuchte der Mörder wohl mit seinen letzten Worten, seine Tat zu rechtfertigen und jede Schuld von sich zu weisen.
So viel auch über die wahre Geschichte der Gabby Petito geschrieben wurde – es bleiben etliche ungeklärte Fragen. Und es gibt vermutlich niemanden mehr, der sie beantworten könnte.
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