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Walzerkönig als Pop-Pionier: Wien feiert 200 Jahre Strauss

In Wien rollt die Ballsaison an. Damit hat das Jubiläumsjahr für Johann Strauss auch schon begonnen. Ein Familien-Nachfahre möchte den Komponisten von seinem kitschigen Image befreien.
Vor dem Strauß-Jahr 2025
Eduard Strauss

Auftritte vor Zehntausenden Menschen, Posen für das Publikum und Fans an der Bühnenrampe: Was heutige Popstars können, konnte Johann Strauss schon lange. Dieses Jahr feiert Wien den 200. Geburtstag des Komponisten. Hinter seinem Image als «Walzerkönig» stecken nicht nur geniale Melodien, sondern auch ein Sinn für Geld, Pressearbeit und familiäre Frauenpower.

Johann Strauss wurde am 25. Oktober 1825 in Wien geboren, doch schon jetzt ist das Jubiläumsjahr in vollem Gange. Denn ab dem Jahreswechsel beginnt in der österreichischen Hauptstadt die Ballsaison, die traditionell eng mit der Musik von Johann Strauss verbunden ist. Mehr als 500 Tanzkompositionen schuf der 1899 verstorbene Musiker.

Strauss-Hits ziehen bis heute

Warum die Musik Johann Strauss bis heute zieht, erklärt sein Urgroßneffe Eduard Strauss so: «Jeder Mensch überall auf der Welt versteht und empfindet diese Musik», sagt er der Deutschen Presse-Agentur. Werke wie der «Donauwalzer» würden Emotionen auslösen, ohne dass man sie erklären müsste, sagt der Leiter des Wiener Instituts für Strauss-Forschung.

Johann Strauss brachte es zu Ruhm und Wohlstand. Die zahlreichen Bälle sind für Wien bis heute ein Wirtschaftsfaktor. Wirtschaftsvertreter rechnen damit, dass dieses Jahr 190 Millionen Euro für Ballbesuche, - kleider und -frisuren ausgegeben werden. Mehr als eine halbe Million Tanzwütige werden auf den zahlreichen Veranstaltungen wie dem Opernball, dem Kaffeesiederball oder dem Blumenball erwartet. Außerdem stehen rund 65 Konzert- und Bühnenproduktionen sowie mehrere Ausstellungen im Zeichen des Strauss-Jahres.

Der «elektrische» Strauss 

Ein Blick zurück zeigt den Rockstar-Status, den Strauss genoss. 1872 reiste er in die Vereinigten Staaten und trat in Boston vor Zehntausenden Menschen bei einem riesigen Festival auf. Den «Donauwalzer» musste er auf Wunsch des begeisterten Publikums gleich zweimal spielen, stand in der «New York Times». Eine andere Zeitung, die «Boston Daily Evening Transcript», nannte ihn «Strauss, den Elektrischen».

Für die Auftritte mit einem amerikanischen Orchester aus Hunderten Musikern in Boston erhielt Strauss 100.000 Dollar - das wären heute etwa 2,4 Millionen Euro. Auch Fanartikel gab es zu seinen Lebzeiten schon: Für seine Gastkonzerte in Russland wurden etwa Porträtfotos des Künstlers in einer Auflage von 100.000 Stück gedruckt.

Talent für Show und Presse

Vor allem bei den Russland-Konzerten drängten sich die Fans vor dem Podium, erzählt der Musikwissenschaftler Thomas Aigner. Das betraf «vor allem die Damen, die ihm näher sein wollten und einen Blick von ihm erhaschen wollten». Strauss habe nachweislich zu Beginn seiner Karriere das Dirigieren mit der Geige in der Hand vor dem Spiegel geübt und bei Auftritten gezielt Augenkontakt zu Zuseherinnen gesucht, sagt Aigner. «Aber es hat seiner künstlerischen Leistung keinen Abbruch getan», betont er.

Was heute die PR-Teams für Popstars leisten, besorgte Strauss selbst und lieferte der Klatschpresse Material. Er behauptete etwa, dass er statt seinen eigenen Locken Haare vom Fell seines Hundes als Souvenir an russische Damen übergeben habe. Die Presse interessierte sich aber auch für seine Liebesbeziehungen und drei Ehen, was Strauss zu seiner «Tritsch-Tratsch-Polka» inspirierte.

Kein Solo-Genie

Die Vorstellung, dass Strauss seine Walzer, Polkas, Märsche und Bühnenwerke ganz alleine zustande brachte, ist falsch. So wie heute ganze Teams an Songschreibern und Produzenten hinter internationalen Hits stehen, hatte auch Johann Strauss Mitarbeiter. Als junger Kapellmeister halfen ihm Musikerkollegen mit der Ausarbeitung seiner Ideen für die verschiedenen Instrumente im Orchester. An Operetten wie der «Fledermaus» komponierte Richard Genée mit.

Johann Strauss hatte keine fundierte Ausbildung als Komponist. «Das war ein Schnellsiedekurs», erzählt Eduard Strauss über den Unterricht, den Johann etwa in Harmonielehre nahm. Denn sein Debüt als Kapellmeister im Alter von 18 Jahren hatte nicht nur mit seiner künstlerischen Entwicklung, sondern auch mit dem Engagement seiner Mutter Anna und ihrer Trennung von Johanns gleichnamigen Vater zu tun, der ebenfalls ein berühmter Komponist und Dirigent war - so wie auch Johanns Brüder Josef und Eduard.

Am selben Tag, an dem sich Anna von ihrem untreuen Ehemann scheiden ließ, beantragte der junge Johann bei einer zuständigen Behörde, als professioneller Musiker arbeiten zu dürfen. Damit war für Annas Einkommen gesorgt. «Die Mutter wird unabhängig vom Vater», erklärt Eduard Strauss. Nach dem Tod von Johann Strauss war es vor allem seine Witwe Adele, die dafür sorgte, dass seine Musik nicht in Vergessenheit geriet.

«Man muss ihn entkitschen»

Der Walzerkönig hatte allerdings sein Testament so gestaltet, dass Adele nie wieder heiraten durfte, wenn sie Geld aus dem Erbe erhalten wollte. «Ein guter, netter und lieber Mensch war er nicht», sagt Eduard Strauss über seinen Urgroßonkel. Strauss habe auch an verschiedenen Phobien gelitten, etwa an einer Angst vor Eisenbahn-Reisen.

«Man muss ihn entkitschen», sagt Eduard Strauss über Johann, von dem eine vergoldete Statue im Wiener Stadtpark steht. «Ich möchte Strauss nichts von seiner Genialität absprechen», sagt der Nachfahre der Strauss-Dynastie. «Aber für mich ist es noch viel interessanter, wenn man sieht, dass er ein Mensch war, der trotz oder neben seiner persönlichen Eigentümlichkeit solch ein Genie hatte.»

© dpa ⁄ Albert Otti, dpa
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