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Show-Tennis der Superlative: Saudi-Arabien lockt Stars

Das Starterfeld? Hochklassig. Das Preisgeld? Exorbitant. Der Six Kings Slam sorgt im Tennis für Aufsehen - trotz des geringen sportlichen Werts. Was will der umstrittene Gastgeber erreichen?
Novak Djokovic (l) und Rafael Nadal
Martina Navratilova

Das aufwendige Werbevideo für den Six Kings Slam wirkt wie ein Trailer für einen Hollywood-Blockbuster - und die Tennisstars spielen alle mit. Carlos Alcaraz als Cyborg. Jannik Sinner als Renaissancekünstler. Holger Rune als Wikinger. Daniil Medwedew als Bärenreiter. Rafael Nadal als Sandkämpfer. Novak Djokovic als Wolfsbändiger. «Es gibt viel Unsinn beim Six Kings Slam», kommentierte die «New York Times» das umstrittene Show-Turnier in Saudi-Arabien: «Aber der Trailer? Der ist der Hammer.»

Es dürfte sich wohl um die teuerste Videoproduktion der Tennis-Geschichte handeln - aber Geld ist kein Problem für den Veranstalter. Die General Entertainment Authority (GEA) darf sich aus dem saudischen Staatsfond PIF bedienen, der über ein Gesamtvolumen von schätzungsweise 650 Milliarden Euro verfügt. 

Die kolportierte Antrittsgage von 1,5 Millionen US-Dollar für jeden Starter ist verglichen dazu fast Kleingeld, genau wie die Siegerprämie von 6 Millionen US-Dollar. Das viele Geld ist Teil der Strategie, Aufmerksamkeit für ein eigentlich irrelevantes Exhibition-Turnier zu generieren, in dem es weder um einen offiziellen Titel noch um Weltranglistenpunkte geht.

Bei der Premiere vom 16. und 19. Oktober treten die sechs Tennisstars in Riad zum «ultimativen Kampf» an, wie die Macher das Event künstlich erhöhten. Doch an Superlativen mangelt es tatsächlich nicht: Noch nie war ein Show-Turnier so hochklassig besetzt und so gut dotiert wie der Six Kings Slam, der auch noch während der Saison der Profi-Organisation ATP stattfindet. Möglich wird dies nur, weil in dem Zeitraum kein großes ATP-Pflichtturnier ansteht und ein Tag Wettkampfpause eingelegt wird. Denn inoffizielle Veranstaltungen dürfen laut ATP nicht an drei oder mehr aufeinanderfolgenden Tagen stattfinden.

Das sei «ein Schachzug, um die Regeln zu umgehen», sagte Dietloff von Arnim. Der Präsident des Deutschen Tennis Bundes hält den Start von Stars wie Alcaraz, der mit seiner Kritik die Belastungsdebatte im Tennis mit angestoßen hatte, zumindest für fragwürdig. «Wenn sich jemand über die große Belastung beklagt und dann ein Show-Turnier spielt, dann ist das schon ein bisschen komisch.»

Andy Murray: Show-Tennis interessiert niemanden

Zum Auftakt tritt Spaniens Tennis-Ass Alcaraz gegen Rune aus Dänemark an, der italienische Weltranglistenerste Sinner spielt gegen den Russen Medwedew. Bereits fürs Halbfinale gesetzt sind Rekord-Grand-Slam-Turniergewinner Djokovic und Spaniens Altstar Rafael Nadal. 

Nadal hatte kürzlich seinen endgültigen Rücktritt zum Saisonende verkündet. Vor seinem Abschied beim Davis-Cup-Finale ab Mitte November soll der 22-malige Grand-Slam-Turniergewinner noch seiner Rolle als Tennis-Botschafter Saudi-Arabiens gerecht werden. Er sei «sehr aufgeregt, zum ersten Mal in Riad zu spielen», sagte der 38-Jährige pflichtbewusst. Ein offizielles Einzelmatch hat Nadal seit Ende Juli beim Olympia-Aus gegen Djokovic nicht bestritten.

Auch deswegen ist der sportliche Wert des Six Kings Slam fragwürdig, zumal drei Wochen später die ATP-Finals mit den tatsächlich acht besten Tennisspielern des Jahres - darunter auch Alexander Zverev - anstehen. Es sei nur «Show-Tennis, das niemanden interessiert», schrieb der zweimalige Tennis-Olympiasieger Andy Murray auf der Plattform X. 

Massive Investitionen in den Sport - aber warum?

Um deutlich mehr geht es bei den WTA-Finals der acht besten Spielerinnen, die Anfang November erstmals in Riad stattfinden. Die Tennis-Ikonen Chris Evert und Martina Navratilova hatten vor der Vergabe in einem gemeinsamen Brief an WTA-Boss Steve Simon ihren Zorn zum Ausdruck gebracht: WTA-Finals in Saudi-Arabien, das wegen Menschenrechtsverletzungen viel kritisiert wird, wären «unvereinbar mit dem Spirit und dem Auftrag des Damen-Tennis und der WTA». Die WTA argumentierte, dass das Geld aus Saudi-Arabien die Bemühungen für ein Equal Pay - die gleiche Bezahlung wie bei Männern - auch abseits der Grand-Slam-Turniere deutlich erleichtern würde. 

Fakt ist: Saudi-Arabien steigert seinen Einfluss im Tennis. Seit Februar besteht eine mehrjährige strategische Partnerschaft mit der ATP, der saudische Staatsfonds taucht unter anderem als Namenssponsor der Weltrangliste und als offizieller Partner bei großen Turnieren auf. In Dschidda finden schon jetzt die Next Gen Finals, der Jahresabschluss der besten Profis unter 21 Jahren, statt. 

Seit Jahren investiert Saudi-Arabien massiv in den Sport und ist auch ins Fußball-, Box- und Formel-1-Geschäft groß eingestiegen. Offizielle Ziele des Staatsplans «Vision 2030» sind die Diversifizierung der Wirtschaft, weniger Abhängigkeit vom Öl, eine Öffnung des Landes auch für Touristen und attraktive Angebote für die eigene Bevölkerung. Doch dem Königreich wird auch vorgeworfen, mit dem Engagement im Sport von seinen Verstößen gegen Menschenrechte abzulenken und sein Image verbessern zu wollen.

© dpa ⁄ Jörg Soldwisch, dpa
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