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Kapverden oder USA: Muss der Handball «in die Diaspora»?

Die Handball-WM begeistert die Massen - zumindest in Deutschland. Will die Sportart global eine größere Rolle spielen, muss sie raus aus ihrer Komfortzone. In den USA startet dafür ein Großprojekt.
Handball-WM - Pressekonferenz Pro Handball USA
Deutsche Handball-Fans
Andreas Michelmann
Mikkel Hansen

Juri Knorr bestreitet mit seinen Handball-Kollegen ein Showmatch gegen die US-Boys - in einem Footballstadion in New Orleans, unmittelbar vor dem Super Bowl. Das wäre ganz nach Bob Hannings Geschmack. «Ziel muss es sein, den jungen Menschen Alternativen zum Basketball, zum Football oder zum Baseball aufzuzeigen. Vielleicht gibt es sogar die Möglichkeit, Demo-Spiele direkt vor NFL- oder NBA-Partien auszutragen», schrieb der frühere DHB-Vizepräsident in der «Sport Bild».

Was zunächst wie eine alberne Spinnerei klingt, hat einen ernsten Hintergrund. Hanning sorgt sich um den globalen Stellenwert des Handballs. Während die WM-Auftritte der DHB-Auswahl hierzulande Millionen Fans vor die Bildschirme locken, kennen viele das Spiel mit der Harzkugel in Amerika, Afrika oder Asien gar nicht. Womöglich, weil Menschen in diesen Ländern nie die Möglichkeit haben, Weltklasse-Handball live zu erleben.

Hanning warnt vor «handballerischer Monokultur»

Seit der Jahrtausendwende fand mit Ausnahme der Turniere in Tunesien (2005), Katar (2015) und Ägypten (2021) jede WM in Europa statt. Der Trend setzt sich auch die nächsten Jahre fort. «Der Handball in Europa ist sehr stark verwurzelt und dessen sollten wir uns nicht schämen, sondern diese Tradition weiter entwickeln und in andere Kontinente tragen», sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann der Deutschen Presse-Agentur. Aber wie?

Hanning schlägt vor, die Turniere alle vier Jahre weiterhin in traditionellen Handballnationen auszurichten. «In den Sandwichjahren gehen wir in die Diaspora und finanzieren es aus der eigenen Tasche.» Ansonsten drohe eine «handballerische Monokultur», schrieb der 56-Jährige weiter. Gibt es also bald eine WM in Kuwait oder auf den Kapverdischen Inseln? 

Eine malerische Vorstellung - doch eine riesige logistische Herausforderung: «Ich weiß nicht, inwieweit die Hallenkapazitäten in den Ländern passen. Viele Verbände haben auch nicht die personellen Kapazitäten, so ein Turnier zu stemmen», sagte Michelmann.

Großprojekt in den USA: «Amerika verdient Handball»

Zumindest in den USA tut sich was. Mit dem Großprojekt «Amerika verdient Handball» soll der Sport in dem von Basketball und NFL dominierten Land groß gemacht werden. Initiator des Projekts ist der Däne Mads Winther, der dafür die Firma «Pro Handball USA» gegründet hat. Ehemalige Welthandballer wie Mikkel Hansen oder Nikola Karabatic sind prominente Botschafter. 

Ab 2026 soll ein jährliches Sommerturnier mit Beteiligung der großen europäischen Clubs stattfinden. Die erste Ausgabe wird in Las Vegas sein. Bislang wurden Verträge mit Vereinen wie Paris Saint-Germain und Barcelona bei den Männern sowie Odense Håndbold und Györ bei den Frauen unterzeichnet. Spätestens ab 2028 soll es eine Profiliga in den USA geben.

Michelmann sieht globale Entwicklung

Für den DHB ist der Status quo natürlich ideal. Im Jahrzehnt des Handballs ist man präsent wie selten. Die Hallen sind voll, die Verbandskassen auch und die internationalen Verbände schwärmen von der herausragenden Organisation und Infrastruktur.

Trotzdem sieht Michelmann auch eine globale Entwicklung. «Dass Länder, die eigentlich als Fußball-Nationen bekannt nun auch im Handball erfolgreicher sind. Brasilien oder Portugal oder mit Abstrichen auch Chile», sagte der 65-Jährige und forderte: «Ich bin dafür, diese Länder zu unterstützen, die sich selbst schon auf den Weg gemacht haben».

Wackelt der Olympiastatus?

Noch denkt der Handball aber europäisch. Ein Problem, das laut Hanning im schlimmsten Falle die olympische Existenz bedrohen könnte. Schließlich sind die globale Reichweite und Vielfalt ein IOC-Kriterium, das mitbestimmt, ob eine Sportart olympisch ist oder nicht. 2028 in Los Angeles und vier Jahre später in Brisbane ist Handball im Programm - aber was passiert danach? 

Dass Handball aus dem Programm fliegt, scheint aktuell ausgeschlossen. Klar gibt es Sportarten, die international eine größere Rolle spielen. Und trotzdem sind Handballspiele bei Olympia ein Publikumsmagnet. «Die Hallen 2016 in Rio waren jeden Tag rappelvoll. In Frankreich ebenso», sagte DHB-Vorstandsboss Mark Schober und wagte die Prognose: «Ich bin überzeugt davon, dass die Hallen auch bei den Spielen in Los Angeles voll sein werden.»

© dpa ⁄ Jordan Raza und Eric Dobias, dpa
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