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Nagelsmanns Schweiz-Geheimnis: Döner und geschlossene Türen

Jamal Musiala und seine Kollegen bekommen im EM-Camp eine deftige Leckerei: Döner, serviert von einem Imbiss-Star. Bleibt der Bundestrainer gegen die Schweiz für Platz eins bei seinem Erfolgsrezept?
DFB-Training
Bundestrainer Julian Nagelsmann (M) bereitet sein Team auf das EM-Spiel gegen die Schweiz vor. © Christian Charisius/dpa

Julian Nagelsmann wischte den leisesten Zweifel an Konzentration und Spannkraft mit einer Entscheidung einfach weg. Türen zu. Training geschlossen. Das war das Signal vor dem Gruppenfinale um Platz eins gegen die Schweiz. Die Fußball-Fans im Land fiebern in pink und weiß Episode III der schwarz-rot-goldenen EM-Party entgegen. 

Am Übungsplatz wollte der Bundestrainer am Freitag in Herzogenaurach aber in aller Ruhe seine Idee für den dritten Sieg im dritten EM-Spiel mit seiner Mannschaft einstudieren. Die taktische Formation wurde schon auf den Rasen gestellt, verriet danach der Gute-Laune-Joker Deniz Undav. Die Spieler kennen also den Schweiz-Plan frühzeitig.

Ein Nachlassen gibt es nicht. Müßiggang wird vom Bundestrainer dosiert. Zum Beispiel mit Döner für alle, serviert im Teamquartier von Antonio Rüdigers bestem Imbiss-Kumpel Arif Keles aus Berlin am Tag nach dem Sieg gegen Ungarn. Scharf, mit allem, versteht sich. «Es war schön, mal wieder einen Döner zu essen. Heute gab es wieder Nudeln und Gemüse», sagte Undav breit grinsend zum Speiseplan. 

Sportlich ist auch viel Würze drin. «Wir wollen Erster werden, wir wollen jedes Spiel gewinnen», versicherte der Bundestrainer vor der Partie am Sonntag (21.00 Uhr/ARD/Magenta TV) gegen die auf Platz zwei immer noch lauernden Eidgenossen. 

Rasensorge um Musiala

Kleinere und mittelgroße Aufreger gibt es immer. Plötzlich macht der Rasen im Frankfurter Stadion Sorgen. EM-Zauberfuß Jamal Musiala hat das schmierige Geläuf aus dem Test gegen die Niederlande (2:1) im März noch in leidvoller Erinnerung. Die Greenkeeper müssen dort dringend nochmal ran, entschied am Freitag die UEFA. «Der Rasen ist extrem seifig. Er geht extrem schnell kaputt. Der Rasen ist nicht so fest, was Probleme bereitet», sagte Chris Führich. Sein immer launiger VfB-Kollege Undav machte aber klar: «Ob wir auf Rasen spielen oder auf Stein, egal, wir müssen gewinnen.»

Nagelsmann will auf seinem Turnierweg im Vollgas-Modus nicht ausrutschen. Taktieren ist nicht sein Ding, schon gar nicht bei den Resultaten. «Wir können die Ergebnisse in den anderen Gruppen nicht beeinflussen», sagte er. Platz eins ist der Platz, auf dem Nagelsmann sich immer sieht. Aber wie geht er nach den Gute-Laune-Siegen gegen Schottland (5:1) und Ungarn (2:0) personell vor? Beginnt im dritten EM-Spiel wieder die erste Formation?

Rudi Völler als Vorbild?

Dreimal dieselbe Startelf in der Gruppenphase ist eine absolute Rarität. Nicht einmal unter Langzeit-Bundestrainer Joachim Löw gab es das bei sieben Turnieren. Der Letzte war Rudi Völler. Als Teamchef schickte er bei der WM 2002 in Asien seine elf Auserwählten um die Anführer Oliver Kahn, Michael Ballack und Toptorschütze Miroslav Klose auf den Rasen.

Momentum und ein hohes Energielevel sind Nagelsmanns Kriterien. Mit dem Gefühl der Stärke vorneweg gehen. Das soll auch gegen die Schweiz das Denken und Handeln bestimmen. Die internationale Fußball-Konkurrenz beginnt sich schließlich langsam wieder vor diesen Deutschen zu fürchten. «Wir wollen den Zug noch mehr ins Rollen bringen», sagte Jonathan Tah. Wie man den Flow beibehält, weiß der Innenverteidiger. Er selbst hat seine Meisterform von Bayer Leverkusen einfach mit zur Nationalmannschaft gebracht. 

Nagelsmann liebt den Rhythmus

Es spricht wenig dafür, dass Nagelsmann von seiner Turnier-Strategie mit der klaren Rollenverteilung im Kader in Stammkräfte und Herausforderer abweicht. «Wir wollen schon weiter Rhythmus sammeln», sagte der Bundestrainer direkt nach dem 2:0 gegen Ungarn zu möglichen Veränderungen in der Startformation. Er sagte auch: «Es wird jetzt keine sieben Wechsel geben, das kann ich ausschließen.» 

Von angeschlagenen Akteuren mit Einsatz-Fragezeichen war vor der Trainingseinheit hinter dickem Sichtschutz am Brückentag zwischen unmittelbarer Spielnach- und Spielvorbereitung im fränkischen Teamquartier nichts bekannt. Eine Pause braucht eigentlich auch keiner, da nach dem Vorrundenabschluss bis zum Achtelfinale sechs Tage Zeit zur Erholung sind.

Aber bringen womöglich die UEFA-Regeln Nagelsmann zum Umdenken? Nach Robert Andrich und Tah gegen Schottland sahen in Rüdiger und Maximilian Mittelstädt gegen Ungarn zwei weitere Defensivkräfte die Gelbe Karte. Eine weitere Verwarnung gegen die Schweizer - und der betroffene Spieler müsste im ersten K.o.-Spiel aussetzen. 

Kroos schielt auf Spanien

Beim letzten öffentlichen Training am Donnerstag sprach der Bundestrainer auf dem Platz auffällig lange mit dem noch nicht eingesetzten Dortmunder Innenverteidiger Nico Schlotterbeck. Ein Hinweis? «Am Ende sind wir in der Pflicht als Trainer, zu reagieren», sagte Nagelsmann zum Umgang mit vorbelasteten Spielern.

Doch jetzt ergibt eine freiwillige Pause wenig Sinn. Was, wenn dann die Verwarnung im Achtelfinale kommt? Ein Stammspieler im möglichen Viertelfinale fehlt? Dann womöglich gegen die stark aufspielenden Spanier, auf die sich Real-Star Toni Kroos jetzt schon freut. «Das würde ich unterschreiben», sagte der 34-Jährige zum sich anbahnenden Duell der Rekord-Europameister.

Unentschieden reicht

Aber Kroos weiß wie Nagelsmann, es geht nur Schritt für Schritt. Es war noch nie gut, ein Turnier vom Finale aus zu denken. Also, erstmal die Schweiz. Dafür ist die Rechnung einfach. Nur bei einer Niederlage gegen die Eidgenossen, die seit 86 Jahren kein Pflichtspiel gegen Deutschland gewinnen konnten, wäre Deutschland Gruppenzweiter. Bei einem Sieg oder einem Unentschieden geht es wie letztmals bei der EM 2016 als Gruppensieger weiter.

Da beginnen die Spekulationen, denen sich die Fans zur Genüge hingeben können. Platz eins brächte vielleicht die Option einer EM-Revanche für das Achtelfinal-Aus gegen England vor drei Jahren in Wembley. Und das vor maximal stimmungsvoller Kulisse in Dortmund. Oder eine vermeintlich leichtere Aufgabe gegen Dänemark, Slowenien oder Serbien. Bei Platz zwei sieht vieles nach Italien aus - in Berlin, wo die Fans und auch Nagelsmann erst im Finale am 14. Juli hinwollen.

© dpa ⁄ Arne Richter und Klaus Bergmann, dpa
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