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In Baumanns Socken: Nagelsmann will jetzt Platz eins

Das Wiedersehen mit Bosnien-Herzegowina bietet eine verlockende Option: Platz eins in der Nations League. Der Bundestrainer hat klare Ziele und spricht locker über ein besonderes Kleidungsstück.
Abschlusstraining Nationalmannschaft
Abschlusstraining Nationalmannschaft

Vor dem letzten Heimspiel des EM-Jahres ging es bei Julian Nagelsmann nach langer Zeit mal wieder um Modefragen. Der stilbewusste Bundestrainer sprach über seine Socken. Und das aus einem lustigen Grund. Bei der Pressekonferenz der Fußball-Nationalmannschaft erzählte der 37-Jährige, er trage gerade Strümpfe, die ihm Torwart Oliver Baumann einst als Abschiedsgeschenk bei der TSG Hoffenheim mit auf den Weg gegeben hatte - in einem Achterpack. 

«Zufällig» habe er diese aus dem Schrank nun mitgenommen, sagte Nagelsmann. Der neben ihm sitzende Baumann lächelte also nicht nur ob der Einsatzgarantie für die Partie gegen Bosnien-Herzegowina am Samstag (20.45 Uhr/RTL) in seiner alten Heimat Freiburg. 

Der Konzentration für den ersten Teil des Showdowns in der Gruppenphase der Nations League sollte dies keinen Abbruch tun. Mollig eingepackt in seine schwarze Trainingsjacke hatte Nagelsmann bei der letzten Übungseinheit einen intensiven Blick auf seine Spieler. Wer ist fit, wer braucht im anstrengenden Fußball-Herbst eventuell eine kleine Pause? Darum ging es beim Abschlusstraining, das auch der verletzte Stammtorwart Marc-André ter Stegen als Stargast interessiert verfolgte.

Kompromissbereitschaft nur bis Anpfiff

Eine gute Nachricht: Florian Wirtz ist fit, zumindest für einen Teilzeiteinsatz. «Stand heute wird er spielen können. Ob es für 90 Minuten reicht, wissen wir nicht», sagte Nagelsmann im Europa-Park-Stadion. Wirtz habe eine Magenverstimmung gehabt. Der Leverkusener war deshalb erst am Donnerstag ins Teamtraining eingestiegen.

Eine genaue Fitness-Prüfung hatte der DFB-Chefcoach den Club-Trainern von München bis Dortmund versprochen. Wenn der Ball gegen Bosnien-Herzegowina rollt, hat es sich mit der Kompromissbereitschaft für die Bundesliga-Kollegen für Nagelsmann aber auch wieder erledigt. Wer auf dem Rasen steht, muss liefern. 

Nur das entspricht dem Ehrgeiz des Bundestrainers, der einst zugab, nicht einmal im Brettspiel gegen seinen Sohn verlieren zu können. Es geht für Nagelsmann nicht nur um dieses eine letzte Heimspiel im EM-Jahr. Die positive Grundstimmung bei der Fußball-Nationalmannschaft soll mitgenommen werden. 

Gruppensieg für Selbstverständnis

Siege in Serie bringen das Selbstverständnis, das titeltauglich macht. So hatte es der 37-Jährige mit den Beispielen Spanien (Europameister) und Argentinien (Weltmeister) formuliert. Ein Erfolg gegen Bosnien-Herzegowina um die in der Bundesliga bestens bekannten Topstürmer Edin Dzeko und Ermedin Demirovic garantiert Platz eins nach der Vorrunde der Nations League. «Wir wollen nach dem vorzeitigen Einzug ins Viertelfinale den Gruppensieg perfekt machen», sagte Nagelsmann und ergänzte: «Möglichst schon in Freiburg.» 

Der Jahresausklang im Breisgau und drei Tage später in Budapest gegen Ungarn ist für den Bundestrainer eine Etappe. Der Zweistufenplan sieht vor: Nations-League-Finale 2025, WM-Triumph 2026. «Der erstmalige Einzug ins Final Four ist für uns im kommenden Jahr ein wichtiges Zwischenziel auf dem Weg zur WM», sagte Nagelsmann. 2025 gibt es dann auch keine Zugeständnisse an Vereinstrainer mehr. 

Das Personal folgt dem Bundestrainer, dankbar für die Klarheit, mit der er die Dauer-Tristesse nach dem WM-Desaster in Katar und der folgenden Schlussphase unter Hansi Flick als Bundestrainer beendet hat. «Jeder weiß, was er zu tun hat», formulierte Joshua Kimmich ein einfach klingendes Konzept. Der Kapitän steht wie kein anderer für die Titelsehnsucht. «Wir wollen uns mit den Größten messen. Wir wollen jeden Wettbewerb, an dem wir teilnehmen, gewinnen.»

Fans sind wieder happy

Dass dies nicht mehr absurd klingt, ist Nagelsmanns Verdienst. Neun Siege, drei Remis und nur eine Niederlage im EM-Viertelfinale gegen Spanien sind eine beachtliche Jahresbilanz. Die Fans sind wieder happy. Natürlich ist das Europa-Park-Stadion bei der DFB-Pflichtspielpremiere in Freiburg mit knapp 28.000 Zuschauern ausverkauft. 

In der mittlerweile als bedeutsam erachteten Nations League ist die Ausgangslage so kommod, dass der Gruppensieg sogar mit einer Niederlage gegen das bislang sieglose Schlusslicht Bosnien-Herzegowina perfekt wäre. Dafür müssten die Niederlande und Ungarn parallel remis spielen. Solche Eventualitäten in Betracht zu ziehen, kommt für Nagelsmann selbstredend nicht infrage. 

Wie lange reicht die Kraft bei Wirtz?

Er wird, allen Beteuerungen zum Trotz, natürlich eine bestmögliche Startelf-Formation finden. Jamal Musiala ist nach der Oktober-Zwangspause wieder fit und maximal zauberfähig. Wirtz hat seinen Infekt überstanden. Gesetzt ist offensiv auch Kai Havertz. 

Drumherum müssen sich Kandidaten beweisen. Das gilt für Tim Kleindienst als Stoßstürmer oder die eher auf Tempo und Technik veranlagten Serge Gnabry, Leroy Sané oder Chris Führich. Deniz Undav, Doppeltorschütze beim 2:1 vor fünf Wochen gegen Bosnien-Herzegowina in Zenica, fällt wegen seiner Oberschenkelzerrung aus. 

Für das Tor ist eine Entscheidung gefallen. Baumann kann in seiner alten Freiburger Heimat seine Fähigkeiten als Platzhalter für ter Stegen ein zweites Mal demonstrieren. Alexander Nübel wird am Dienstag (20.45 Uhr/ZDF) in Budapest gegen Ungarn wieder drankommen. Ter Stegen konnte als Trainingsbesucher entspannt mit den Teamärzten schwatzen. An seinem Status rüttelt noch keiner. Ab März will sich Nagelsmann aber auf einen permanenten Stellvertreter festlegen. Kompromisse gibt es dann in der K.o.-Phase der Nations League ohnehin nicht mehr.

© dpa ⁄ Arne Richter und Jan Mies, dpa
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