Eigentlich könnte im Oranje-Lager beste Stimmung herrschen. Bei der Fußball-EM in Deutschland schaffte es die Elftal bis ins Halbfinale, wo gegen England unglücklich das Aus kam. Und auch der Start in die neue Runde der Nations League glückte mit einem erfrischenden 5:2 gegen Bosnien-Herzegowina. «Das sah sehr gut, sehr lebendig aus», sagte Bondscoach Ronald Koeman vor dem zweiten Gruppenspiel gegen Deutschland in Amsterdam am Dienstag (20.45 Uhr/RTL).
Und dennoch geht es in den Niederlanden mal wieder mehr um Dinge abseits des Platzes, als um die guten Leistungen. Anstatt sich über den starken Auftritt von Ex-Bayern-Profi Joshua Zirkzee zu freuen oder sich glücklich zu schätzen, in Tijjani Reijnders vom AC Mailand wieder einen Mittelfeldstrategen von internationalem Format zu haben, geht es um Spieler, die gar nicht da sind - oder wie Wout Weghorst nur Ersatz.
Weghorst sorgt im Training für Ärger
Der langjährige Bundesliga-Stürmer sorgte am Tag nach dem Sieg gegen Bosnien im Training der Spieler aus der zweiten Reihe für einen kurzen Aufreger. Nachdem er von Jurriën Timber einen Schlag auf den Fuß bekommen hatte, diskutierte er minutenlang mit seinem Teamkollegen und auch mit Koeman. «Nun ist es gut», ermahnte der Bondscoach den stets streitsüchtigen Weghorst.
Nach dem Ende des Trainings sauste Weghorst auf dem Fahrrad als Erster zurück ins Hotel, nach wie vor sichtlich angefressen. Riesenzoff bei Oranje? Nicht wirklich. «Für mich ist das nur Getue», ordnete Ex-Profi Rafael van der Vaart als TV-Experte ein.
Van der Vaart mahnt zu Gelassenheit
«Wout ist ein toller Kämpfer, der das Maximale aus seiner Karriere rausholt. Aber wenn ein Memphis Depay das getan hätte, dann würden wir ganz anders darüber reden», sagte van der Vaart mit Blick auf den besten noch aktiven Torjäger der Niederlande. Weghorst wird auch gegen Deutschland nur Ersatz sein. Im Sturmzentrum wird am Dienstag Brian Brobbey für Zirkzee spielen, wie Koeman bereits verraten hat.
Ansonsten hielt sich der 61 Jahre alte Oranje-Coach mit Äußerungen zurück, nachdem er im Vorfeld des Länderspiel-Doppelpacks mit seiner klaren Meinung zum von ihm ausgemusterten Steven Bergwijn für Zoff gesorgt hatte. Koeman hatte den Wechsel des 26 Jahre alten Angreifers nach Saudi-Arabien kritisiert und künftige Nominierungen ausgeschlossen. Bergwijn schlug öffentlich zurück und kündigte an, nicht mehr für Oranje spielen zu wollen, solange Koeman Bondscoach ist.
Koeman schweigt zu Depay
Als Koeman nun zum bevorstehenden Wechsel von Torjäger Depay nach Brasilien befragt wurde, verkniff er sich eine Bewertung. «Ich werde mir nicht noch einmal die Finger verbrennen, bevor wieder das ganze Land über mich herfällt», sagte Koeman.
Depay ist nach seinem Abschied bei Atlético Madrid derzeit vereinslos und soll sich mit Corinthians auf einen Wechsel nach São Paulo verständigt haben. Wegen seiner fehlenden Spielpraxis saß er beim Länderspiel in Eindhoven gegen Bosnien-Herzegowina nur auf der Tribüne. Auch gegen Deutschland steht er nicht im Kader.
Zu den Berichten über die Zukunft des 30-Jährigen sagte Koeman lediglich: «Ich beiße mir nur auf die Lippe. Wenn ich sehe, wie alle reagieren, wenn ich etwas über Bergwijn sage, denke ich, dass ich ab und zu vielleicht etwas vorsichtiger sein muss.»