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Empörung über Wolfsgruß-Jubel: «Völlig inakzeptabel»

Mit seinem Wolfsgruß als Torjubel sorgt der türkische Nationalspieler Merih Demiral für Entrüstung. Die UEFA ermittelt. Der Verteidiger steht nicht das erste Mal im Zentrum einer politischen Debatte.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser
Innenministerin Nancy Faeser fordert von der UEFA eine Reaktion auf die Wolfsgruß-Geste des türkischen Spielers Merih Demiral. © Michael Kappeler/dpa

Kritik von Menschenrechtlern, Empörung aus der deutschen Politik - und eine drohende Strafe durch die UEFA: Mit seinem Wolfsgruß-Jubel hat Merih Demiral die Feier des EM-Viertelfinaleinzugs der Türkei in eine Debatte über Rechtsextremismus verwandelt. Weit nach Mitternacht versuchte der Doppel-Torschütze im Leipziger Stadion die Geste als Zeichen seines Nationalstolzes zu deuten - stand aber schon längst im Sturm der Entrüstung.

Das überraschende 2:1 über Österreich rückte ebenso wie die Vorfreude auf den Stimmungskracher gegen die Niederlande mit unzähligen türkischen Fans in Berlin schnell in den Hintergrund. «Die Symbole türkischer Rechtsextremisten haben in unseren Stadien nichts zu suchen», teilte Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit. «Die Fußball-Europameisterschaft als Plattform für Rassismus zu nutzen, ist völlig inakzeptabel.»

Demiral hatte im Achtelfinale gegen Österreich nach seinem zweiten Treffer in Leipzig mit beiden Händen das Handzeichen und Symbol der «Grauen Wölfe» geformt. Als «Graue Wölfe» werden die Anhänger der rechtsextremistischen «Ülkücü-Bewegung» bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In der Türkei ist die ultranationalistische MHP ihre politische Vertretung und Bündnispartnerin der islamisch-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Forderungen nach konsequentem Handeln der UEFA

Die Europäische Fußball-Union leitete - deutlich schneller als bei anderen Disziplinar-Vorkommnissen bei diesem Turnier - ein Untersuchungsverfahren gegen den Verteidiger ein. Es gehe dabei um ein mutmaßlich unangemessenes Verhalten des 26-Jährigen, teilte die UEFA am Mittwochvormittag mit. Sollte Demiral bestraft werden, könnten ihm Folgen für das anstehende Viertelfinale drohen.

Noch vor dieser Stellungnahme waren bereits Forderungen nach konsequentem Handeln des Dachverbands laut geworden. «Seit Jahren bekomme ich von Anhängern der Grauen Wölfe, einer der größten rechtsextremen Gruppen in Deutschland, Morddrohungen. Dass Merih Demiral hier den rechtsextremen Wolfsgruß zeigt, ist eine Verhöhnung der Opfer», schrieb Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal bei X.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker rief die UEFA auf, das Zeigen des Wolfsgrußes nicht zu dulden. Der türkische Exiljournalist und Autor Can Dündar schrieb: «Glückwunsch, Merih!
Mit einem einzigen Zeichen hast du die 100-prozentige Freude auf 5 Prozent verringert.» Bundesagrarminister Cem Özdemir urteilte: «Seine Botschaft ist rechtsextrem, steht für Terror, Faschismus.»

Aus seinem Heimatland erhielt Demiral hingegen Rückendeckung. Der Chef der ultranationalistischen MHP, Devlet Bahceli, nannte die Einleitung des Verfahrens durch die UEFA eine «Provokation». Bahceli bezeichnete die Ermittlungen als «äußerst voreingenommen und falsch».

«Ich bin sehr stolz darauf, Türke zu sein»

Als überragender Spieler der Partie saß Demiral kurz vor ein Uhr am frühen Mittwochmorgen auf dem Podium vor der internationalen Presse. Zweimal sollte er seine Geste auf dem Rasen des Leipziger Stadions erklären. «Wie ich gefeiert habe, hat etwas mit meiner türkischen Identität zu tun», sagte der Profi des saudi-arabischen Clubs Al-Ahli. In Frankreich sind die «Grauen Wölfe» verboten, in Österreich darf der Gruß nicht gezeigt werden.

Er habe Fans im Stadion gesehen, die diese Geste gezeigt hatten, sagte Demiral. Es stecke «keine versteckte Botschaft» dahinter. «Wir sind alle Türken, ich bin sehr stolz darauf, Türke zu sein und das ist der Sinn dieser Geste», sagte er. Es werde hoffentlich noch mehr Gelegenheiten geben, diese Geste zu zeigen. 

Via X verbreitete Demiral noch vor der Pressekonferenz ein Foto des Jubels und schrieb dazu: «Glücklich derjenige, der sich als Türke bezeichnet» - ein berühmtes Zitat des Begründers der Republik Türkei, Kemal Atatürk. «Das zeigt, dass er ein politisches Statement setzen will und den Fußball dafür missbraucht», sagte der Autor Burak Yilmaz der «Sportschau» über das Verbreiten des Fotos.

Mit Militärgruß salutiert

Demiral stand schon einmal im Fokus einer politischen Debatte. Bei einem Spiel in Frankreich 2019 hatten viele türkische Nationalspieler mit dem Militärgruß salutiert, um damit die türkischen Streitkräfte zu unterstützen, die am Militäreinsatz gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien beteiligt sind. Damals gab es einen kurzen Disput zwischen Demiral und Kaan Ayhan. Demiral soll den damaligen Bundesliga-Profi dazu animiert haben, ebenfalls zu salutieren.

© dpa
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