Die Dortmunder Profis trotteten mit leerem Blick Richtung Umkleidekabine - begleitet vom Hohn der Stuttgarter Fans. «Schießbude Dortmund», sang der glückselige VfB-Anhang nach dem denkwürdigen 5:1 (2:0) der Schwaben in der Fußball-Bundesliga. Der BVB hatte sich bei der ersten Niederlage mit dem neuen Cheftrainer Nuri Sahin erschreckend schwach präsentiert, der vermeintliche Meisterkandidat liegt nach der Klatsche bereits fünf Punkte hinter Tabellenführer FC Bayern München.
«Wir haben kein gutes Spiel gemacht, es haben einfach die Basics gefehlt», sagte Waldemar Anton, der als Ex-Stuttgarter permanent ausgepfiffen worden war, beim Streamingdienst DAZN. «Defensiv war das nichts, da müssen wir uns Gedanken machen, woran das gelegen hat, so ein Spiel darf uns nicht wieder passieren.» Sahin äußerte, es sei eine «absolut verdiente» Niederlage. «Sehr, sehr schlecht», sagte der Trainer, der von einer «Nicht-Leistung» sprach.
Die Angreifer Deniz Undav (4. Minute) und Ermedin Demirovic (21.) trafen vor 60.000 Zuschauern früh für den Vizemeister, der die Dortmunder zwischenzeitlich überrollte. Nach dem Seitenwechsel erhöhten Enzo Millot (62.), El Bilal Touré (80.) und erneut Undav (90.). Ex-VfB-Torjäger Serhou Guirassy konnte für die Gäste nur verkürzen (75.). Der VfB hat genau wie der BVB nun sieben Zähler, zog aufgrund des besseren Torverhältnisses aber an den Schwarz-Gelben vorbei.
«Ich habe Druck von meinen Mitspielern bekommen, dass ich langsam treffen muss», sagte der zufriedene Undav. «Ich bin überglücklich.» Im eigenen Stadion sei das Team «agiler, geiler drauf, zu gewinnen».
Undav setzt bemerkenswerten Lauf fort
Die Dortmunder spielten eine miserable erste halbe Stunde. Erinnerungen an ihre schwachen Auftritte in Stuttgart in der Vorsaison wurden wach, als sie sowohl in der Liga als auch im Pokal verloren und enttäuscht hatten. Nationalspieler Anton trug damals noch Trikot und Kapitänsbinde des VfB. Bei seiner Rückkehr nach Stuttgart wurde er von den Heim-Fans mit heftigen Pfiffen und einem Schmähplakat empfangen. Dem Verteidiger hatten die Stuttgarter Anhänger den Wechsel zum BVB deutlich übler genommen als Offensivmann Guirassy.
Der VfB erwischte einen Traumstart. Undav erzielte nach Vorarbeit von Maximilian Mittelstädt und mithilfe des rechten Innenpfostens das frühe 1:0. Der 28-Jährige traf bereits im dritten Pflichtspiel in Serie für die Schwaben, davor war ihm noch sein erstes Tor für die Nationalelf gelungen. Der Stürmer hat einen Lauf - und der VfB das mit den Blitzstarts perfektioniert. Schon zum dritten Mal traf Stuttgart diese Saison in den ersten acht Minuten.
Demirovic legt nach - Kobel rettet mehrfach
Die Schwaben blieben am Drücker und legten durch Demirovic nach. Der Neuzugang traf - ebenfalls nach Vorlage von Mittelstädt - freistehend per Kopf. Für den Angreifer war es schon das fünfte Pflichtspieltor der Saison. Die Darbietung des VfB, der in der Champions League unter der Woche unglücklich bei Real Madrid (1:3) verloren hatte, war beeindruckend.
Vorn harm- und hinten sorglos - so trat indes die Borussia in den ersten gut 30 Minuten auf. Dafür, dass sie nicht längst mit 3:0 oder 4:0 zurücklagen, konnten sich die Gäste zur Pause bei ihrem Torhüter Gregor Kobel bedanken. Der Schweizer Nationalkeeper, auch ein früherer Stuttgarter, zeigte mehrere starke Paraden - wie bei einer Doppelchance durch Millot und Undav (24.). Oder nur drei Minuten später erneut gegen Undav.
Erst gegen Ende der ersten Halbzeit bekam der BVB einen Fuß in die Tür. Der für den angeschlagenen Felix Nmecha eingewechselte Jamie Gittens, der Dortmund schon in der Königsklasse beim FC Brügge (3:0) per Doppelpack erlöst hatte, brachte neuen Schwung.
Millot staubt ab - Guirassy tunnelt Nübel
Gäste-Trainer Sahin brachte für die zweiten 45 Minuten die Außenverteidiger Yan Couto und Ramy Bensebaini und stellte um. Der BVB stabilisierte sich nun etwas, Julian Brandt hatte die Chance zum Anschlusstreffer (55.). Kurz später war aber Millot zur Stelle und staubte zum 3:0 für die Schwaben ab. Guirassy traf anschließend zwar noch durch die Beine von VfB-Torwart Alexander Nübel. Auf der Gegenseite stach dann aber auch Joker Touré, ehe Undav das Dortmunder Debakel mit seinem zweiten Tor perfekt machte.