Auf diese Konfrontation hätte Faride Alidou nur allzu gerne verzichtet. Beim Verlassen des Geißbockheims wurde der von Eintracht Frankfurt ausgeliehene Offensivspieler von einem Fan des 1. FC Köln dazu aufgefordert, trotz des siebten Abstiegs aus der Fußball-Bundesliga in der Domstadt zu bleiben. «Wäre cool, wenn ihr unnötige Kommentare sein lasst», entgegnete Alidou darauf, winkte ab und ging davon. Ob der Club die Kaufoption für den 22-Jährigen zieht, die Medienberichten zufolge rund vier Millionen Euro betragen soll, ist unklar.
«Lasst uns doch einfach mal»
Der Frust bei Spielern, Verantwortlichen und Fans sitzt tief, die Liste der Probleme ist lang. Sport-Geschäftsführer Christian Keller erbat sich unmittelbar nach dem 1:4 beim 1. FC Heidenheim erst einmal Zeit. «Lasst uns doch einfach mal. Das tut jetzt einfach weh», sagte er. Über die Zukunft von Trainer Timo Schultz wollte er ebenso wenig sprechen wie über jene der Profis oder seine eigene. «Ich bin da», sagte er und ergänzte auf Nachfrage, ob sein Verbleib feststehe: «Ich gehe davon aus.» Die Analyse mit allen Beteiligten soll in den kommenden Tagen mit offenen und konstruktiven Gesprächen anlaufen.
Schuldlos ist der 47-Jährige nicht am Abstieg. Keller unterschätzte die ablösefreien Verluste von Ex-Kapitän Jonas Hector und Mittelfeld-Leistungsträger Ellyes Skhiri. Die Umsetzung des vorgegebenen Sparkurses brachte ihm eine Menge Kritik ein und den Club letztendlich in die 2. Liga. Wenngleich er nicht dafür verantwortlich ist, dass mit Luca Waldschmidt, Mark Uth und Davie Selke gleich drei Kölner Leistungsträger in der Offensive verletzungsbedingt ausfielen.
Die wirtschaftliche Konsolidierung möchte Keller entgegen der Bemängelung seiner Arbeit weiter vorantreiben - trotz des zu erwartenden Umsatzeinbruchs. «Wir werden auch in der 2. Liga in der Lage sein, die anstehenden Verbindlichkeiten, die in der Pandemie angehäuft wurden, und die Fälligkeiten, allen voran die Fan-Anleihe aus 2016, und die Landesbürgschaft, die zu einem weiteren Viertel zurückzuzahlen ist, zu bedienen», sagte Keller.
Podolski fordert Veränderungen
Scharfe Kritik an den Verantwortlichen gab es von Vereinslegende Lukas Podolski, der im «Kölner Stadt-Anzeiger» personelle und strukturelle Konsequenzen forderte. «Es gibt jetzt großen Frust, manch einer wird erst in den kommenden Tagen richtig realisieren, was da passiert ist. Und es gibt viele Fragen: Bleiben die Verantwortlichen? Sollten und können sie überhaupt bleiben?», sagte der Weltmeister von 2014.
Der 38-Jährige sprach sich vor allem für strukturelle Veränderungen aus: «Beim FC entscheiden einfach zu viele Leute mit. Leute, die keine oder wenig Ahnung vom Profi-Fußball haben. Der FC bräuchte vielmehr einen kleinen Kreis von vielleicht drei, vier Personen, die schnell und effizient kluge Entscheidungen treffen», sagte Podolski. «So kann es natürlich nicht weitergehen. Es muss sich etwas verändern.»
Der 130-malige Nationalspieler ließ offen, ob er als Helfer zur Verfügung steht. «Meine Bereitschaft wäre sicherlich größer, wenn man mich früher mal gewollt und gelassen hätte. Doch in der Vergangenheit war meine Hilfe wenig erwünscht. Ich kann auch nur vermuten, was die Gründe waren: Neid? Missgunst? Die Befürchtung, ich könnte den Verantwortlichen die Sonne nehmen und sie in den Schatten stellen?», sagte der Angreifer, der zurzeit noch bei Gornik Zabrze in der polnischen Liga aktiv ist.
Transfersperre wiegt schwer
Besonders schwer wiegt aber die von der FIFA verhängte Transfersperre. Denn die Sanktion - es können nur verliehene Spieler zurückgeholt werden - gilt auch im bevorstehenden Sommer. «Es ist einfach eine extrem schwierige Situation, wenn man nicht weiß, welchen Kader man zur Verfügung hat», sagte der Österreicher Florian Kainz, der seine Zukunft erst einmal offenlässt. «Ich habe einen Vertrag für die 2. Liga, aber man muss mal abwarten, was bei der Einberufung für das Nationalteam ist. Alles Weitere wird man sehen, bis jetzt habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.»
Zumindest werden die verliehenen Spieler Jonas Urbig, Tim Lemperle, die bei Greuther Fürth eine gute Saison absolvierten, sowie Mathias Oelsen, Nikola Soldo und Marvin Obuz aus der 2. und 3. Liga zurückkehren.
Erst einmal muss jedoch der verloren gegangene Kredit bei den Fans zurückgewonnen werden. Sie schrien am Samstag wütend: «Wir sind Kölner und ihr nicht.» Die Verantwortlichen stehen vor großen Herausforderungen - die direkte Bundesliga-Rückkehr dürfte diesmal wohl so schwer wie nie zuvor umzusetzen sein.