Das emotionale Münchner Schlussbild mit Rekordmann Thomas Müller auf dem Zaun in der Fankurve beobachtete Vincent Kompany nach seinem geglückten Sechs-Punkte-Start aus der Distanz. Der neue Coach und der nun mit 710 Pflichtspiel-Einsätzen alleinige Bayern-Rekordspieler Müller bildeten die große Klammer beim 2:0 (1:0) gegen den SC Freiburg. Modern Kompany und Evergreen Müller prägen den Neuanfang beim Fußball-Rekordmeister nach einem titellosen Jahr und einer Transferperiode, in der sich längst nicht alle Wünsche der Bosse um Max Eberl auf der Einkaufs- und Verkaufsseite erfüllten.
«Zwei Spiele, zwei Siege, da kannst du nur im Soll sein», sagte der Sportvorstand. Dass der 1. FC Heidenheim als Tabellenführer in die Länderspielpause geht, nahm Eberl gönnerhaft hin. «Heidenheim hat es verdient. Aber wer nach dem zweiten Spieltag Tabellenführer ist, ist nicht so entscheidend.» Zukunftsweisender ist, dass sich wieder etwas regt beim FCB.
Und das liegt an Kompany, der sich als Trainer-Newcomer mächtig was traut. Fünf Offensive stellte er auf. Dazu betraute er Joshua Kimmich mit einer ungewöhnlichen Hybrid-Rolle. Und Minjae Kim und Dayot Upamecano bildeten quasi eine Zwei-Mann-Abwehr. Pep-Guardiola-Schüler Kompany legt in München innovativ, risikofreudig und energisch coachend los.
«Mit jedem Sieg machen wir einen Schritt»
«Wir wollen immer das perfekte Spiel. Heute war es eine gute erste Halbzeit. Mit jedem Sieg machen wir einen Schritt weiter», sagte Kompany. «Gewonnen, dann hast du als Trainer immer sehr viel richtig gemacht», bemerkte Eberl zur Taktik und zur Startelf. «Ich finde es schön, wenn du einen Trainer hast, der Dinge probiert und versucht, offensiv zu agieren.»
Es sei «kein Hurra-Sieg» gewesen, aber «ein verdienter Sieg», meinte Kimmich, der seine Sonderrolle spannend fand und sie verkürzt so erklärte: «Wir haben nicht den fixen Rechtsverteidiger gebraucht. Defensiv war ich oft rechts, mit Ball aus der Mitte agierend.»
Der größte Fokus galt aber nicht Kompany, nicht Kimmich, nicht Eberls Transferbilanz («es war sehr viel Aufregung drin») und auch nicht Harry Kane. Der Engländer erzielte mit seinen goldenen Schuhen einen höchst fragwürdigen Handelfmeter nach VAR-Einsatz zum 1:0.
Nein, alle sprachen mal wieder über Thomas Müller, der Bayerns Torwart-Legende Sepp Maier (709 Pflichtspiele) als Rekordspieler ablöste und den besonderen Tag mit einem tollen Joker-Tor krönte. Sein 150. Bundesligator ordnete Müller unter seine zehn schönsten ein.
710 Bayern-Spiele, eines mehr als Maier
«Es macht etwas mit dir, wenn man so ein Tor schießt», sagte er. Mit dem rechten Fuß holte er den Ball geschmeidig aus der Luft, versetzte seinen Gegenspieler und schloss mit links erfolgreich ab. «Da scheppert es da oben in der Birne. Da haut es die Hormone durcheinander», schilderte Müller seine große Szene in Minute 78 so, wie es nur Müller vermag - inklusive Eigenlob: «Das war schon eine leckere technische Darbietung.»
Nach dem Schlusspfiff wurde Müller erst in der Fankurve gefeiert und dann auch von den Kollegen in der Kabine - mit drei roten Ballons, welche die Zahl 710 darstellten. «Thomas Müller ist eine Ikone. Man spricht immer von Gerd Müller und Sepp Maier, von Uli Hoeneß und solchen Größen. Thomas Müller ist in diesem Reigen zu nennen», verkündete Eberl.
Kimmich: 710 Spiele «eine Hausnummer»
Kimmich zeigte sich tief beeindruckt vom Bayern-Dauerbrenner. «Ich finde die Zahl sehr krass, wenn man selbst in dem Betrieb mitmischt und weiß, was es bedeutet, in jeder Saison 50 Spiele zu machen. Das ist eine Hausnummer! Und das für einen Verein!»
«710 Mal 100 % für den FC Bayern und kein Ende in Sicht. Danke, Chapeau und weiter so - Thomas», stand auf einem riesigen Banner in der Fankurve. Als «Mr. Hundert Prozent» hat auch Kompany den ewigen Müller kennengelernt, auch wenn er den Ur-Bayern meist von der Bank aus ins Spiel schickt. «Jeder von uns will in der Startelf stehen. Ich will dem Trainer zeigen, dass das eine sinnvolle Option wäre», bemerkte Müller. Aber er muckt nicht auf.
Mit zwei Toren war er der Matchwinner beim Pokalerfolg in Ulm. Beim 3:2 in Wolfsburg war er nach seiner Einwechslung der Game-Changer. «Wie ich drauf bin, damit bin ich sehr zufrieden.» Mit seinem letzten Vertragsjahr gehe er «ganz entspannt» um. Müller denkt nicht ans Aufhören, sondern an neue Taten, an Titel, auch an neue Reize durch Modern Kompany. «Ich bin ständig auf Fortbildung. Für mich braucht noch kein Ende in Sicht zu sein.»