Mit Musik einer Live-Band, Applaus und vor mehreren Kameras haben die Mitarbeiter der ersten Frühschicht des neuen Amazon-Logistikzentrums südlich von Rostock ihren neuen Arbeitsplatz betreten. Waren es nach Angaben des US-Handelsriesen zunächst rund 60, soll das nördlichste Amazon-Logistikzentrum Deutschlands bis zum Ende des Jahre 500 neue Jobs bieten. Längerfristig sollen rund 1.000 Menschen am Standort arbeiten, was das Zentrum in Dummerstorf zu einem der größten Arbeitgeber in der Region machen würde.

Bereits seit 2022 steht weithin sichtbar die Außenhülle. In den kommenden drei Wochen sollen die riesigen Hallen und die mehr als 100 Meter langen Hochregale Stück für Stück befüllt werden, bevor dann das erste Mal Ware ausgeliefert werden soll.

Platz für eine Million Artikel

Das Zentrum kann etwa eine Million Artikel einlagern und setzt den Schwerpunkt auf größere Artikel wie zum Beispiel Gartengeräte oder Windel-Großpackungen. Aber auch Stand-Up-Paddle-Boards (SUP) werden in der Region ein wichtiges Produkt sein, sagte ein Firmensprecher. Dabei wird von dem neuen Standort nicht direkt zum Kunden geliefert. Zwischengeschaltet werden etwa die schon bestehenden Verteilzentren in Rostock und Neubrandenburg mit insgesamt etwa 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der Dummerstorfer Standort am Autobahnkreuz von A19 und A20 dient dazu, die Produkte näher beim Kunden zu haben.

Eine der neuen Mitarbeiterinnen ist die 27-jährige Spanierin Macarena Salas. Sie sei erst vor einem halben Jahr nach Rostock gezogen. Sie habe ihr Leben ändern wollen. «Also habe ich meine Tasche genommen und bin nach Deutschland gezogen.» Ihr Freund arbeite in Rostock. In Spanien habe sie unter anderem als Lehrerin und Kellnerin gearbeitet. «Ich bin aufgeregt und nervös.»

Deutschkenntnisse keine Einstellungsbedingung

Am Standort wird Deutsch und Englisch gesprochen. Dementsprechend sind Deutschkenntnisse laut Amazon keine Einstellungsbedingung. Amazon sucht eigenen Angaben zufolge für den Standort noch weitere Versandkräfte, aber auch Fach- und Führungskräfte aus den Bereichen Logistik, IT und Technik. Der Einstiegslohn für Ungelernte liegt bei 15,05 Euro pro Stunde. Nach zwei Jahren Betriebszugehörigkeit lieg der Lohn bei durchschnittlich 39.000 Euro brutto pro Jahr. Gehälter für Fach- und Führungskräfte fielen entsprechend höher aus.

Auch der 37 Jahre alte Markus Klodt aus Wismar gehört zu den neuen Kollegen. Er fahre täglich mit Bus und Bahn - zwei Stunden pro Strecke. Seit 2012 sei er arbeitslos gewesen. Todesfälle in der engsten Familie hätten ihn belastet. Den neuen Job bei Amazon wolle er durchziehen. Der 56-jährige Ulf Möller habe über eine Zeitarbeitsfirma bei der Endreinigung des Standorts mitgearbeitet. Als Amazon ausgeschrieben habe, sei dem Rostocker mit Erfahrung im Logistikbereich klar gewesen: «Da will ich anfangen.»

Kritik an Amazon

Standortleiter Sebastian Mesecke lobte die Zusammenarbeit mit den Arbeitsagenturen im Umfeld. «Bisher sind wir sehr zuversichtlich, dass wir alle unsere Mitarbeiter finden.» Von einem wichtigen Meilenstein sprach der Dummerstorfer Bürgermeister Jürgen Sprank (CDU). Der Schweriner Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) sieht die Ansiedlung als Beleg dafür, dass MV auch für internationale Großkonzerne hervorragende Rahmenbedingungen biete. «Mecklenburg-Vorpommern wird auch dank seiner geografischen Lage mehr und mehr zu einem Logistik-Knotenpunkt für ganz Norddeutschland.»

Von Gewerkschaftsseite kommt auch Kritik. Grundsätzlich begrüße man Neuansiedlungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen, teilte DGB-Regionsgeschäftsführer Fabian Scheller mit. Amazon weigere sich aber seit über zehn Jahren einen Tarifvertrag abzuschließen. «Amazon verschafft sich auf dem Rücken der Beschäftigten Wettbewerbsvorteile und beschleunigt dadurch den Verdrängungswettbewerb im Handel massiv. Der Konzern muss endlich die Flächentarifverträge des Einzel- und Versandhandels anerkennen.»

Dreistellige Millioneninvestition

Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben einen dreistelligen Millionenbetrag in den Standort investiert. Die Grundfläche des Gebäudes beträgt mehr als 52.000 Quadratmeter, neben einem Parkplatz für mehr als 600 Autos gibt es auch eine eigene Bushaltestelle. Selbst eine eigene Fahrschule unter anderem für Stapler gibt es. Der Standort ist laut Unternehmensangaben in Deutschland das 23. Logistikzentrum.

2023 hätten rund 500 kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus Mecklenburg-Vorpommern bei Amazon insgesamt mehr als 10 Millionen Produkte verkauft. Mehr als 80 Prozent dieser Unternehmen exportieren demnach an Kunden und Kundinnen auf der ganzen Welt und generierten dabei Exportumsätze von mehr als 55 Millionen Euro über den Amazon Marketplace.