Für den weiteren Umgang mit dem umstrittenen Social-Media-Portal Tiktok plädiert Hessens Landesregierung für eine koordinierte Position von Bund und Ländern. «Die kritischen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Nutzung und dem Betrieb von Tiktok-Accounts ergeben, stellen sich grundsätzlich für alle 16 Landesregierungen sowie die Bundesregierung gleichermaßen», erläuterte der Chef der Staatskanzlei, Benedikt Kuhn, in Wiesbaden auf eine parlamentarische Anfrage der FDP-Landtagsfraktion.
Zum weiteren Umgang mit Tiktok halte die Landesregierung ein abgestimmtes Vorgehen zwischen Bund und Ländern sowie auf Bundes- und EU-Ebene für sinnvoll. «Die Landesregierung befindet sich dazu mit den zuvor genannten Akteuren im Austausch», ergänzte Kuhn.
Landesregierung ohne eigene Tiktok-Accounts
Sowohl die Staatskanzlei als auch die Ministerien in Hessen hätten auf Tiktok keine eigenen Accounts, teilte Kuhn mit. «Die Landesregierung informiert auf einer Vielzahl von anderen Kanälen entsprechend ihres verfassungsrechtlichen Auftrags fortlaufend über ihre Arbeit.» Aufgrund dieser breiten Informationsinfrastruktur wäre die Landesregierung von einem Tiktok-Verbot nicht direkt betroffen.
Im April war ein US-Gesetz in Kraft getreten, das einen Eigentümerwechsel bei der Kurzvideo-App erzwingen soll. Damit droht Tiktok die Verbannung aus amerikanischen App-Stores, falls die App in einem Jahr noch im Besitz des in China ansässigen Bytedance-Konzerns sein sollte. Zur Begründung wird auf das Risiko verwiesen, dass China sich Zugriff auf Daten verschaffen und politischen Einfluss ausüben könnte. Tiktok ist gegen das Gesetz vor Gericht gezogen. Das Unternehmen erklärte, zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren zu sein und den Firmensitz auf den Caymaninseln in der Karibik zu haben.
Verfassungsschützer warnen vor Datenklau
In den vergangenen Monaten sind immer mehr Politikerinnen und Politiker auf Tiktok aufgetaucht, auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist dort aktiv. Thüringens Verfassungschef Stephan Kramer hatte gewarnt: «Tiktok funktioniert wie ein Trojaner.» Es lese Kontakte aus dem Adressbuch der Nutzer aus und könne Eingaben auf der Tastatur mitlesen.
Wie die hessische Staatskanzlei weiter mitteilte, hatte Hessens Finanzministerium aufgrund der verschärften Situation auf dem Arbeitsmarkt in jüngster Vergangenheit Werbeanzeigen auf Tiktok schalten lassen. Auch das Kultusministerium habe 2023 zur Gewinnung von Nachwuchslehrkräften in Zusammenarbeit mit einer Marketingagentur Werbezeiten bei vier Influencerinnen und Influencern gebucht, die auch über Tiktok aktiv waren.