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Radikalkur bei Varta - Aktionäre sollen leer ausgehen

Der Batteriekonzern Varta kämpft ums Überleben. Nun sehen Sanierungspläne eine bittere Pille für Aktionäre vor. Mit Folgen: Der Kurs bricht ein. Die Rettung könnte aus Stuttgart-Zuffenhausen kommen.
Varta
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Die Lage beim strauchelnden Batteriekonzern Varta spitzt sich zu. Im Kampf ums Überleben greift das Unternehmen nun zu drastischeren Maßnahmen: Die Alt-Aktionäre sollen aus dem Konzern gedrängt werden, Gläubiger auf einen Großteil ihres Gelds und ihrer Ansprüche verzichten. Auch Investoren sollen an Bord kommen. Damit solle eine mögliche Insolvenz von Varta abgewendet werden, hieß es. 

Um die Pläne in die Tat umsetzen zu können, hat der Konzern aus Ellwangen am Sonntag angekündigt, beim zuständigen Amtsgericht Stuttgart ein Restrukturierungsvorhaben nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) anzuzeigen. Ein Gerichtssprecher bestätigte am Montag, dass eine solche Anzeige eingegangen sei.

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Varta schon länger in der Krise

Der Batteriekonzern steckt schon länger in der Krise, weil die Geschäfte nicht mehr rund laufen. Die Nachfrage nach kleinen Lithium-Ionen-Knopfzellen, zum Beispiel für Kopfhörer, schwankt stark. Außerdem klagte Varta zuletzt über Billig-Konkurrenz aus China sowie anhaltende Probleme in den Lieferketten. Zu allem Überfluss hatten Hacker im Februar Vartas Computersysteme attackiert und die Produktion für mehrere Wochen lahmgelegt. 

Der Aktienkurs ist daher schon länger auf Talfahrt. Im Juni hatte Varta wegen mangelnder Nachfrage zudem seine Umsatzziele kassiert. Zuvor hatte der Konzern auch eingestehen müssen, dass das eigene Umstrukturierungskonzept nicht mehr ausreicht, um wie geplant bis Ende 2026 auf einen profitablen Wachstumskurs zurückzukehren.

Aktionäre sollen leer ausgehen

Nun liegen neue Restrukturierungsvorschläge auf dem Tisch. Und die haben es in sich, vor allem für Aktionäre: Die Vorschläge sehen vor, zunächst Varta-Aktien ohne Kompensation einzuziehen. In einem zweiten Schritt sollen daraufhin das Grundkapital erhöht und neue Aktien ausgegeben werden. Von möglichen neuen Investoren abgesehen wären aber alle bisherigen Aktionäre von einem Kauf ausgeschlossen.

Die bestehenden Anteilseigner dürften dem Verlust ihres Aktienpakets und dem kompletten Herausdrängen aus dem Unternehmen nach Varta-Einschätzung aber kaum mit der nötigen Mehrheit zustimmen. Daher das Verfahren mit dem komplizierten Namen: Dessen Zweck ist, zu verhindern, dass ein operativ lebensfähiges Unternehmen in die Pleite rutscht. Dabei kann der Widerstand einzelner Gläubiger, aber auch der Aktionäre, ausgehebelt werden.

Wohl aus Angst vor dem Totalausfall stürzte die Aktie am Montag ab. Zeitweise ging es rund 80 Prozent nach unten. Das Papier war nur noch wenige Euro wert. Zum Vergleich: Anfang 2021 war der Kurs mit mehr als 180 Euro auf einem Höchststand. 

Rettung aus Stuttgart-Zuffenhausen? 

Das Verfahren soll die Grundlage für die Neuaufstellung von Varta sein. Dafür benötigen die Schwaben auch Geld in hoher zweistelliger Millionenhöhe. Zur Deckung sei auch die Beteiligung von Finanzgläubigern und Investoren vorgesehen, hieß es.

Aktuell wird darüber verhandelt - unter anderem mit dem bisherigen Mehrheitseigentümer Michael Tojner und dem Sportwagenbauer Porsche. Erst zu Beginn des Monats war bekanntgeworden, dass die Volkswagen-Tochter mit Varta über eine Übernahme des E-Auto-Batteriegeschäfts verhandelt. Die beiden Unternehmen arbeiten bei Hochleistungs-Batteriezellen eng zusammen. 

Die Zuffenhausener bestätigte Verhandlungen: «Das Ziel unseres Engagements wäre, diese Schlüsseltechnologie am Standort Deutschland zu erhalten», hieß es. Voraussetzung dafür sei eine gesunde finanzielle Basis von Varta: «Unter bestimmten Umständen könnten wir uns daher vorstellen, uns auch an einer finanziellen Neuaufstellung der Varta AG insgesamt zu beteiligen.» Die Zellen von Varta sollen in der 911er-Baureihe zum Einsatz kommen.

Restrukturierung sieht Schuldenschnitt vor

Zudem soll es einen Schuldenschnitt geben. Bei den Verbindlichkeiten, die Varta großen Kreditgebern wie Banken und Hedgefonds schuldet, geht es dem Vernehmen nach um eine Summe von knapp einer halben Milliarde Euro. Gläubigervertreter setzen daher darauf, enger in die geplanten Rettungsschritte eingebunden zu werden.

Mehrheitseigner Tojner zufolge ist das Verfahren die einzige Möglichkeit, dem Unternehmen eine gute Perspektive zu geben. «Gemeinsam mit dem Management wurden alle Alternativen abgewogen, die Entscheidung ist keinem leichtgefallen.». Wichtigstes Ziel sei gewesen, die Schuldenlast zu reduzieren. Um das laufende Geschäft zu stabilisieren, reiche das Kapital nicht. «Wir müssen diesen Schritt setzen, um Varta eine Zukunft zu geben, fast 4.000 Arbeitsplätze zu sichern und das Unternehmen als Wirtschaftsfaktor in der Region und vor allem als Technologieträger für Europa zu erhalten.»

© dpa
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